Steuern runter? Lieber nicht!

Dass die Forderungen der FDP nach Steuersenkungen, insbesondere nach Senkung der Einkommenssteuer, wirtschaftlich nicht sinnvoll sind und dass Steuersenkungen auch nicht vollständig selbstfinanzierend sind, sondern der Staat Defizite macht, legt der Oxford-Finanzwissenschaftler Clemens Fuest im Deutschlandradio (MP3, 4:13 Minuten) dar. Statt Einkommenssteuersenkungen, die v.a. den reicheren Haushalten nützten, seien direkte Hilfen für ärmere Haushalte (bspw. durch eine Erhöhung der Hartz IV-Sätze) bessere Mittel für die Förderung privaten Konsums. (Andere Ökonomen sehen Steuerentlastungen für Unternehmen, um Investitionen zu erleichtern, als sinnvoller an, aber auch sie sehen keinen großen Nutzen in der Senkung der Einkommenssteuern.)

Hier sei noch einmal auf das Interview der Taz mit Clemens Fuest verwiesen. Ein Auszug:

taz: Herr Fuest, Union und FDP begründen die geplanten Steuersenkungen damit, dass sie das Wirtschaftswachstum stimulieren müssten. Was halten Sie davon?
Clemens Fuest: Augenblicklich halte ich es für falsch, die Einkommensteuer zu senken. Denn ein großer Teil der Entlastung käme Privathaushalten zugute, die nicht unter Geldsorgen leiden. Diese würden die zusätzlichen Mittel überwiegend sparen, aber nicht in den Geschäften ausgeben. Wesentlich stärkere Nachfrage oder Impulse für das Wirtschaftswachstum kann die Bundesregierung so nicht auslösen.
(…)
taz: Union und FDP hoffen, dass niedrigere Steuern das Wachstum ankurbeln und später die Staatseinnahmen steigen. Darf man mit diesem Selbstfinanzierungseffekt rechnen?
Clemens Fuest: Die Auswirkungen niedrigerer Steuern auf das Wachstum sind schwer zu messen. Untersuchungen deuten aber darauf hin, dass der Staat nur darauf hoffen kann, maximal die Hälfte der Einnahmeverluste, die die Steuersenkung verursacht, durch höheres Wachstum und stärkere Einnahmen zu kompensieren.

Wie Steuersenkungsprogramme in der Vergangenheit eher wirtschaftlichen Schaden anrichteten, legt Zeit Online Herdentrieb dar. Auch der “falsche Charme” des neoliberalen Standard-Argumentes der Laffer-Kurve, die Arthur Laffer, Vetreter der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik und Berater von Ronald Reagan, einst  bei einem Abendessesn für Dick Cheney und Donald Rumsfeld auf eine Serviette kritzelte,  und die seither das Argument für eine Selbstfinanzierung von Steuersenkungen dartsellt, wird in dem Artikel behandelt.

Eine gute Betrachrung zu den Möglichkeiten von Steuersenkungen gibt es auch bei Telepolis: Wählerbetrug vorprogrammiert. Auch hier wird die Laffer-Kurve angesprochen, z.B.:

(…) Wenn die FDP mit ihren Behauptungen recht hätte, so befände sich das deutsche Steuersystem oberhalb des “Laffer-Maximums”, so dass jede Steuererhöhung die Einnahmen verringern und jede Steuersenkung die Einnahmen erhöhen würde. Dies trifft auf das deutsche Steuersystem allerdings nicht zu. Untersuchungen der Ökonomen Trabant und Uhlig legen vielmehr die Vermutung nahe, dass das “Laffer-Maximum” in Deutschland bei rund 64% Steuerlast liegt. (…)

Es wäre daher gut daran getan, wenn die Beteiligten bei den Koalitionsverhandlungen einmal auf unabhängigen Sachverstand hören würden und nicht weiterhin nur auf die durch die Mainstream-Medien hin- und hergereichten “Wirtschaftsexperten” im Dienste der Arbeitgeberverbände und Banken. Versprechungen wie “Steuern runter!” oder “Mehr Brutto vom Netto!” erweisen sich so eher als hohle Slogans denn als politisch und ökonomisch durchdachte Konzepte.

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Europäische Lehren für den deutschen Arbeitsmarkt: Flexibilität und Sicherheit sind vereinbar

Das Thema Kündigungsschutz steht seit einigen Jahren hoch in der Debatte um die richtige Arbeitsmarktpolitik. Laut einer Arbeitgeberbefragung der Europäischen Kommission seien in Deutschland der häufigste Grund für Nichtneueinstellungen prozeduale Vorschriften bei der Entlassung. Diese und ähnliche Fakten haben die Debatte um die Reform des Arbeitsrechtes zusätzlich angefacht, bei der der Kündigungsschutz nicht selten im Mittelpunkt steht. Kritiker werfen ihm vor, dass er, entgegen seinem Ziel, Arbeitsplätze zu schützen, insgesamt mehr Arbeitsplätze vernichte.

Bei den Vertretern der neoliberalen Ökonomie ist er gern der Prügelknabe für alle Defizite des deutschen Arbeitsmarktes. Dabei erscheint gerade die in Deutschland verfolgte neoliberale Politik, die statt auf Förderungsmaßnahmen einseitig auf den Abbau sozialer Leistungen und erhöhten Druck gesetzt hat, deutlich weniger erfolgversprechend, als eine Strategie, die Flexibilität des Arbeitsmarktes und eine hohe soziale Sicherheit sowie eine aktive Arbeitsmarktpolitik miteinander kombiniert.

 

Der Kündigungsschutz: Ausgleich zwischen Abeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen

 

Den Kündigungsschutz kann man verstehen als die Menge der rechtlichen Vorschriften, die die Entlassung von Arbeitnehmern regeln. Dies ist möglich durch die Arbeitsgesetzgebung und/ oder durch individuelle oder kollektive Vereinbarungen. Bestandteile des Kündigungsschutzes können etwa Abfindungszahlungen, Abgaben auf Entlassungen, Kündigungsfristen, die Notwendigkeit der Zustimmung zu einer Entlassung durch staatliche Stellen oder eine Pflicht zu vorherigen Verhandlungen mit den Gewerkschaften sein.

Es erscheint, da Beziehungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern asymmetrischer Natur zuungunsten der Arbeitnehmer sind, notwendig, die Risiken weg von den Arbeitnehmerm zu verlagern. Kündigungsschutzregelungen sollen einen Ausgleich zwischen dem Bedürfnis der Firmen, sich sich verändernden Marktbedingungen anzupassen, und dem Interesse der Arbeitnehmer nach Sicherheit ihres Arbeitsplatzes darstellen. Der Kündigungsschutz fungiert in der Theorie wie in der Praxis v.a. als Schutz der Arbeitnehmer vor willkürlichen Entlassungen seitens der Arbeitgeber.

 

Kernpunkte des Kündigungsschutz in Deutschland und in Europa

 

In Deutschland ist der bestimmende Faktor des Arbeitsrechts die arbeitsgerichtliche Praxis der Auslegung des Kündigungsschutzgesetzes, die teilweise schon eine Art Selbstständigkeit erreicht hat. Hier spielen v.a. die Abfindungen die entscheidende Rolle. Dies hat zu einer starken Ausweitungen von vor der Kündigung geregelten Abfindungsvereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern geführt. Bei befristeter Beschäftigung ist, v.a. seit 2004, ein Trend zu einer starken Flexibilisierung erkennbar.

Im europäischen Vergleich kann man folgende Gruppen zur Typisierung der Staaten hinsichtlich ihrer arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Regulierung unterscheiden:

  1. liberale, angelsächsische Länder zeichnen sich durch eine hohe Lohnspreizung, das Prinzip des workfare state, wenig soziale Sicherheit mit strenger Bedürftigkeitsprüfung bei Sozialleistungen, die sehr niedrig ausfallen, und die staatlichen Förderungen privater Versicherungen aus. Sie haben einen niedrigen Kündigungsschutz, es gelten keine Beschränkungen für Leiharbeit und diese macht einen hohen Anteil der Beschäftigten aus.
  2. Kontinentaleuropa: geprägt durch ein (konservatives) Bismarcksches Sozialversicherungsmodell, eine relativ hohe soziale Absicherung mit relativ hohen Arbeitslosengeldzahlungen und Renten. Bei ihnen kann man oft einen hohen Kündigungsschutz feststellen. All diese Punkte haben in Deutschland in den letzten Jahren freilich deutlich abgenommen.
  3. In Südeuropa gibt es meist nur eine rudimentäre soziale Sicherung. Die Arbeitsmarktpolitik konzentrierte sich stark auf Frühverrentungen. Quasi als Ersatz für die niedrige Sozialfürsorge wurden starke Arbeitnehmerschutzrechte etabliert. Außerdem herrscht ein hohe Arbeitsmarktsegmentation.
  4. Skandinavien/ Sozialdemokratisches Modell: Hier herrscht ein sehr hohes Maß an sozialer Sicherheit mit universalistischen Versicherungen (nach dem Beveridge-Modell) und hohen Sozialleistungen. Es gibt eine starke aktive Arbeitsmarktpolitik und einen hohen Anteil an staatlicher Beschäftigung. Es herrscht geringe Lohnspreizung. Der Arbeitsmarkt ist flexibel. Beim Kündigungsschutz jedoch ist das Bild nicht eindeutig. So haben Schweden und Norwegen einen hohen, Dänemark andererseits hat einen geringen Kündigungsschutz.
  5. Das dänische Modell und teilweise das niederländische (schwächer das schwedische) werden aufgrund ihrer Verbindung von Sicherheit (hohe Sozialleistungen bei Arbeitslosigkeit) und Flexibilität (hohe Arbeitsmarktdynamik) auch dem Flexicuritiy- Modell zugeordnet. Auch die Europäische Kommission tritt für eine Anwendung von Konzepten der Flexicurity ein.

 

Obwohl es in allen Ländern der OECD Kündigungsschutzregelungen gibt, unterscheiden diese sich, v.a. im Hinblick auf die Vorgaben zu befristeter Beschäftigung (bei dieser lassen sich in den letzten 20 Jahren Annäherungstendenzen nach unten hin feststellen).

 

Wirkungen des Kündigungsschutzes

Ein höherer Kündigungsschutz führt empirisch gesehen zu einer längeren Arbeitsdauer und sichert somit die bestehenden Arbeitsverhältnisse. Er kann jedoch auch zu einer steigenden Dauer der Arbeitslosigkeit und damit zu einem steigenden Anteil von Langzeitarbeitslosen beitragen. In Ländern mit niedrigem Kündigungsschutz gibt es in erster Linie Kurzzeitarbeitslosigkeit. Die Arbeitsmarktdynamik wird durch einen hohen Kündigungsschutz geschwächt und die Zugänge zur sowie die Abgänge aus der Arbeitslosigkeit gesenkt, die Beschäftigungsschwelle steigt. Ein hoher Kündigungsschutz (für reguläre Beschäftigung) kann in einer Segmentierung des Arbeitsmarktes und zur Verbreiterung prekärer Beschäftigungsformen zu Lasten schwacher Gruppen resultieren. Er begünstigt die insiders und schadet den outsiders des Arbeitsmarktes.

Es ist aber zu betonen, dass der Effekt des Kündigungsschutzes auf die Arbeitslosigkeit insgesamt nicht eindeutig festzustellen ist (der Effekt ist allenfalls schwach). Auch in der Theorie ist dieser umstritten.

 

Lehren aus anderen Ländern: Flexibilität UND Sicherheit sind möglich

 

Eine Reform des Kündigungsschutzes erscheint als ein notwendiger Schritt, er ist aber nicht als der alleinig ausreichende. Denn insgesamt spricht wenig dafür, dass mit einer weiteren Lockerung des Kündigungsschutzes in Deutschland unmittelbar ein Abbau der Arbeitslosigkeit einhergeht. Denn außerdem sind dazu v.a. aktive Beschäftigungspolitiken und eine effektive Aktivierungspolitik sowie eine bessere berufliche Weiterbildung notwendig. Diese Politiken können dabei auch als Ergänzung zur Sicherung der Arbeitnehmer gegen Arbeitsmarktrisiken gesehen werden. Auch der empirische Vergleich macht deutlich, dass niedrige Arbeitslosigkeit v.a. bei Ländern mit größeren Ausgaben für aktive Arbeitsmarktpolitiken und mit weniger Rigidität bei der Arbeitsmarktregulierung vorhanden ist.

Die Balance zwischen den verschiedenen politischen Alternativen zur Regulierung des Arbeitsmarktes, die Elemente wie die Höhe des Kündigungsschutzes, die Höhe des Arbeitslosengeldes und die Art der Arbeitsmarktpolitiken beinhaltet, hängt eng mit den vorhandenen Institutionen, der Geschichte und der politischer Kultur der jeweiligen Länder zusammen. Reformen müssen diese immer berücksichtigen, wenn sie nicht auf den Widerstand der Bevölkerung stoßen und politisch erfolgreich sein wollen.

Neoliberale Reformen in der Richtung der angelsächsischen Staaten erscheinen wenig erfolgversprechend. Soziale Gerechtigkeit und gesellschaftliche Fairness dürfen nicht unberücksichtigt bleiben. Und diese sind auch nicht, wie es uns die durch die Talkshows tingelden sich einen wissenschaftlichen Anstrich verpassenden Mietmäuler der Wirtschaftslobby verkaufen wollen, unvereinbar mit wirtschaftlicher Dynamik und Flexibilität.

Das Flexicurity-Modell mit seinen bemerkenswerten beschäftigungspolitischen Erfolgen etwa hat gezeigt, dass auch bei einem niedrigen Kündigungsschutz und einer hohen Arbeitsmarktdynamik eine hohe soziale Sicherheit der Arbeitnehmer gewährleistet sein kann. Sowohl eine hohe Beschäftigungsicherheit mit einer sehr niedrigen Arbeitslosenzahl und einer nur kurzen Dauer der Arbeitslosigkeit, als auch mit hohen Lohnersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit. Außerdem gibt es eine aktive Arbeitsmarktpolitik zur schnellen Wiedereingliederung von Arbeitslosen und äußerst umfangreiche Praktiken der Witerbildung, Qualifizierung und des lebenslangen Lernens zu übernehmen. Will man sich diesem Modell annähern, und vieles spricht dafür, sollte man dies nicht nur im Bereich der Flexibilität tun. Eine Einbeziehung der Dimension der sozialen Sicherheit , die zweifelsohne hohe staatliche (in Skandinavien Steuer-) Mittel erfordern würde, wäre in Deutschland zwar nicht ohne Widerstände durchzusetzen, würde aber wohl auch zu einer Abmilderung der sozialen Spaltung und einer stärkeren Solidarität in der Gesellschaft beitragen.

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Arbeit in Deutschland: immer prekärer, immer schlechter bezahlt

Deutsche Unternehmen nutzten Leiharbeit nicht mehr zum kurzfristigen Ausgleich personeller Engpässe, sondern als Instrument einer kurzfristigen Absicherung der Kapitalrendite oder der Profitabilität.

Mehr prekäre Beschäftigungsformen

Laut einer Studie des Statistischen Bundesamtes hat die Zahl der atypisch Beschäftigten (Teilzeitarbeit, Leiharbeit, befristet und geringfügig Beschäftigte) in Deutschland von 5,3 auf 7,7 Millionen zugenommen, die (unbefristeten Vollzeit-) Normalarbeitsverhältnisse gingen von 23,7 auf 22,9 Millionen zurück. Der Verdienst in den atpischen Beschäftigungsformen liegt bei 2/3 des Verdienstes eines Normalbeschäftigten, und fast die Hälfte von ihnen fielen unter die Niedriglohngrenze. Die Ergebnisse gibt es bei http://www.tagesschau.de/wirtschaft/studiejobqualitaet100.html.

Leiharbeit: unsicher und schlecht bezahlt

Die Studie der Hans Böckler-Stiftung Zeitarbeit in europäischen Ländern – Lehren für Deutschland? stellt schlechtere Arbeitsbedingungen für Deutsche Arbeitnehmer als in den anderen europäischen Staaten fest. V.a gibt es hier gravierende Lohnunterschiede zu den regulär Beschäftigten. In keinem der anderen Länder sind die Lohnunterschiede so stark ausgeprägt wie in Deutschland. Jeder achte ist auf staatliche Lohnzschüsse angewiesen und Leiharbeiter haben ein überdurchschnittlich hohes Armutsrisiko. Mehr als die Hälfte sind außerdem kürzer als 3 Monate angestellt. Eine kurze Zusammenfassung auf http://www.tagesschau.de/wirtschaft/leiharbeiter102.html.

In Deutschland gibt es nicht etwa wie in Frankreich bei der Leiharbeit eine Art Ausgleich: höhere Bezahlung gegen unsichereres Beschäftigungsverhältnis  oder allgemein wie in Dänemark großzügige Arbeitslosenunterstützung (hohe Sicherheit) gegen geringen Kündigungsschutz (hohe Flexibilität). Bei uns lautet der “Deal”: niedrigere Löhne bei nicht vorhandener Beschäftigungssicherheit.

Andere Untersuchungen zur Leiharbeit

Nur 21% der Zeitarbeitnehmer werden in reguläre Beschäftigung übernommen (12-15% direkt im Entleihbetrieb). 26% bleiben in der Zeitarbeit, 34% werden arbeitslos, 19% werden Nichterwerbspersonen (IAB-Betriebspanel). Fast 80% aller Zeitarbeitnehmer sind in diese prekäre Beschäftigungsform von vorher regulärer Beschäftigung oder nur kurzer Arbeitslosigkeit gewechselt.

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, dem außer Peter Bofinger nur Anhänger der neoklassischen Ökonomie angehören, stellt in seinem Jahresgutachten 2008/ 2009 fest, dass in Deutschland “vormals arbeitslose Leiharbeitnehmer zwar eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, binnen vier Jahren wieder bei einem Verleihunternehmen zu arbeiten, sich aber nicht von Arbeitslosen in der Wahrscheinlichkeit unterscheiden, einer regulären Beschäftigung nachzugehen oder wieder arbeitslos zu sein”.

Zeitarbeitnehmern werden (je nach Beruf) nur 49 bis 73% des Lohns der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in dem selben Beruf bezahlt (Sozio-oekonomisches Panel 2006).

NACHTRAG: Die Folgen prekärer Beschäftigung

In der Süddeutschen Zeitung gibt es unter Leiharbeit – ”Das System powert die Leute systematisch aus” ein Interview mit dem Arbeitssoziologen Klaus Dörre zu einer Studie der IG Metall.  Deutsche Unternehmen nutzten Leiharbeit nicht mehr zum kurzfristigen Ausgleich personeller Engpässe, sondern, so ndern als Instrument einer kurzfristigen Absicherung der Kapitalrendite oder der Profitabilität. Bei Lowestfrequency gibt es eine Zusammenfassung sowie ein paar Anmerkungen.

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Die Legende der Nichtbezahlbarkeit staatlicher Beschäfigungspolitik

Thomas Strobl führt im Blog Chaos as usual unter „4 Millionen neue Arbeitsplätze? – Mit links!“ aus, wie man Steinmeiers Plan zur Schaffung von 4 Millionen neuen Arbeitsplätzen ökonomisch bewerten kann. Er nimmt dabei auch das Standardargument der neoliberalen Ökonomie von der Nichtbezahlbarkeit, das auch immer wieder von den Mainstream-Medien aufgegriffen wird, auseinander.

„Wenn der Staat also nun so verfährt und auf diesem Wege 4 Millionen Jobs schafft, in welcher konkreten Form auch immer, was kostet das dann? Simple Antwort: nicht mehr als das Produktivitätsdifferenzial zwischen einer dergestalt politisch-motivierten und einer ausschließlich marktwirtschaftlich Bewirtschaftung durch Private. In konkreten Zahlen? Keine Ahnung. Aber selbst wenn man diesen 4 Millionen Jobs überhaupt keine ökonomische Sinnhaftigkeit zugesteht, sie also in einem „worst-case”-Szenario voll als „Kosten” verbucht (was ökonomisch total unsinnig ist, aber nur mal zur Veranschaulichung), dann beliefen sie sich maximal auf die Differenz zwischen den an diese 4 Millionen Damen und Herren bezahlten Nettolöhnen und den alternativen Hartz-IV-Sätzen. Nehmen wir diese Differenz mal über den Daumen gepeilt mit 500 Euro pro Nase und Monat an, dann kämen wir auf Gesamtkosten des Vorhabens von 24 Milliarden Euro im Jahr. Ist das Shocking? Ich bitte Euch, Leute: 24 Milliarden sind in diesen Zeiten besseres Kleingeld, nicht mehr als 1 läppisches Prozent des BIP – selbst in Rezessionszeiten. Und dafür bekäme man annähernd Vollbeschäftigung!

Zudem würden diese 24 Milliarden in Wahrheit eben nicht als „Kosten” anfallen, sondern zum weitaus überwiegenden Teil auch als Einkommen (…) Denn eines wird wohl keiner bestreiten: auf dieser Ebene der Einkommenspyramide wandert jeder zusätzliche Euro schnurstracks in den Konsum. Und daher beglücken die Mittel für diese 4 Millionen Arbeitsplätze mitnichten nur deren Besitzer, sondern die deutsche Volkswirtschaft als Ganzes. Die simple Wahrheit lautet daher: Wer der deutschen Binnenkonjunktur auf die Sprünge helfen will, wird um Maßnahmen, wie Steinmeier sie auf der Liste hat, gar nicht herumkommen – in welchem ideologischen Lager er sein Zelt auch aufgeschlagen haben mag.“

Er kommt jedoch auch zu dem Schluss, das, egal wie sinnvoll diese Planungen sein mögen, sie ohne eine Kooperation der SPD mit der Linken kaum in die Tat umgesetzt würden.

Aktive staatliche Beschäftigungspolitik ist also möglich, sie ist sinnvoll, und sie ist durchaus auch bezahlbar.

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