Die G-8 und weitere Industriestaaten haben am Freitag auf dem G-8-Gipfel in L’Aquila angekündigt, in den kommenden drei Jahren mit 20 Milliarden Dollar die Entwicklung der Landwirtschaft in Afrika zu fördern.
Zunächst ist dies ein richtiger und notwendiger Schritt. Durch die Hilfe können die Produktion der Nahrungsmittel und wirtschaftliches Wachstum angekurbelt werden. Bisher gibt es in Afrika zweifellos zu wenige langfristige Investitionen in die Landwirtschaft. Auch ist in den letzten 20 Jahren der Anteil der Hilfe für Landwirtschaft an der Entwicklungshilfe extrem gesunken. Angesichts etwa der explodierenden Nahrungsmittelpreise und Hungerkrisen aufgrund von Nahrungsmittelspekulationen im letzten Jahr war hier eine Umorientierung unerlässlich.
Man muss jedoch zum einen sagen, dass die angekündigten Geld auf keinen Fall ausreichend sind, was auch etwa die Entwicklungshilfeorganisation Oxfam beklagt. Das selbst erklärte Ziel, bis 2015 den Anteil der Entwicklungshilfe am BIP auf 0,7 % zu erhöhen, können die Industrieländer damit auf jeden Fall nicht erreichen. Zudem ist es nicht klar, ob es sich um wirklich neues, zusätzliches Geld handelt oder ob die Summe auch durch Umschichtungen in den Haushalten erreicht wird.
Weiterhin darf im Gegenzug zu diesen Leistungen jedoch nicht an der Nothilfe gespart werden. Die weiter steigende Zahl der Hungersnöte, Kriege oder Naturkatastrophen machen immer wieder akute Hilfsleistungen notwendig. Dieses Jahr wird nach Schätzungen der Welternährungsorganisation voraussichtlich die Zahl der hungernden Menschen um weitere 100 Millionen steigen (insgesamt sind dann 1 Milliarde Menschen unterernährt).“Sollen die sterben, bis eine Agrar-Revolution in Afrika Erfolg hat?“, fragt etwa Ralf Südhoff, Chef im Berliner Büro des Welternährungsprogramms (WFP), in der Frankfurter Rundschau (http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/1830657_Die-Nothilfe-jetzt-zu-beschneiden-waere-katastrophal.html).
Es stimmt weiterhin auch, dass die afrikanischen Staaten eine erhebliche Mitverantwortung an ihrer schlechten wirtschaftlichen Lage haben. Misswirtschaft, Korruption, Vetternwirtschaft sind erhebliche Entwicklungshemmnisse. Die Regierungen der meisten Länder müssen effizienter, verantwortlicher und transparenter handeln. Daher ist es nötig, Good Governance-Kriterien wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und den Schutz der Menschenrechte zu stärken.
Die wichtigste Frage wurde aber auf dem G-8-Gipfel wieder einmal vertagt: die nach den Handelsöffnungen des Nordens für Nahrungsmittel und Produkte aus dem Südens. So ist einer der Hauptgründe für die fehlende Entwicklung der Landwirtschaft in den Entwicklungsländern, dass die Industriestaaten ihre Landwirtschaft massiv subventionieren. Dies führt dazu, dass Bauern aus den Industriestaaten ihre Produkte zu günstigeren Preisen als die einheimischen Bauern in den Entwicklungsländern verkaufen können. So werden dort die lokalen Märkte zerstört. Eine eigenständige Wirtschaft kann sich oft kaum etablieren, da sie mit den subventionierten Dumping-Preisen der Produkte aus den Industrieländern nicht konkurrieren kann. Gleichzeitig fordern die Industrieländer von den Entwicklungsländern eine immer weitere Handelsliberalisierung und Senkung ihrer Schutzzölle. Im Industriesektor etwa werden diese so noch stärker dem internationalen Wettbewerb ausgeliefert, so dass sich dieser kaum entwickeln kann.
Dort, wo er den reichen Ländern der Welt hilft, wird der Freihandel propagiert und gefördert, dort, wo ihnen eventuell (zumindest kurzfristige) Nachteile entstehen könnten, wird er verweigert oder bekämpft. Daran scheint sich auch 2009 nichts geändert zu haben.