Die Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus haben eine kleine Anfrage zum Thema “Ist Berlin für den Fall einer Zombie-Katastrophe gerüstet?” gestellt. Die Antwort jedoch zeugt von einer fatalen Unterschätzung des Themas – offensichtlich wappnet man sich zumindest in Berlin nicht für diesen Fall. So weit, so schlimm. Doch was, wenn es nicht nur eine Stadt, nicht nur ein Land betrifft, was, wenn die Zombie-Apokalypse die ganze Welt bedroht? Wie könnte, wie sollten die Staaten der Lebenden dagegen vorgehen?
Zombies in den Theorien der internationalen Beziehungen
Zum Glück hat sich die Politikwissenschaft dieses Problems bereits angenommen. So hat beispielsweise Daniel W. Drezner, Professor für Internationale Politik, zu diesem Thema in der angesehenen politikwissenschaftlichen Fachzeitschrift “Foreign Policy” die Artikel Theory of International Politics and Zombies und Night of the Living Wonks, sowie auch ein eigenes Buch, Theories of International Politics and Zombies, veröffentlicht. Dabei versucht er zu zeigen, wie die verschiedenen Theorien der internationalen Beziehungen eine globale Zombie-Bedrohung analysieren würden und welche Lösungsmöglichkeiten sie aufzeigen könnten.
Aus Sicht des Neorealismus würde sich im Prinzip nicht viel an der internationalen Politik ändern. Die starken Staaten überleben, die schwachen … nun, werden eben – gefressen. Laut den neorealistischen Theorien handeln – grob und doch nicht zu grob gesagt – in der Welt alle Staaten nur nach ihrem eigenen nationalstaatlichen Interesse. Daher wäre im Rahmen einer balance of power die Bildung einer Allianz gegen Zombies möglich. Es könnte aber genauso gut sein, dass manche Staaten die Zombies als Legitimation für eigene Invasionen u. ä. missbrauchen würden. Möglich wären gar (temporäre) Allianzen mit Zombiestaaten (“live-and-let-live (sic!, GotB) arrangement between the undead and everyone else”). Denn die innere Verfassung (oder die Menschlichkeit – bzw. Zombieigkeit seiner Einwohner) ist für den Neorealismus, wenn man sich die internationale Politik ansieht, egal – nur Machtpotentiale zählen.
Für den neoliberalen Institutionalismus andererseits zählen die Interessengruppen innerhalb eines Staates durchaus, und auch internationale Kooperation zahlt sich aus – auch gegen Zombies. Im Rahmen einer internationalen Politikkoordination könnte es daher zur Bildung einer Internationalen Anti-Zombie-Organisation kommen. Diese würde zwar sicher, wie z.B. die EU, auch einige Defizite aufweisen, und könnte das Zombie-Problem langfristig zwar nicht lösen, aber immerhin unter Kontrolle halten, auch wenn in manchen Ländern humanitäre UNO-Anti-Zombie-Einsätze gegen Zombie-Ausschreitungen notwendig blieben.
Für den Konstruktivismus wäre das Zombie-Problem zunächst einmal das, was wir daraus machen. Normen und Werte der Bevölkerung beeinflussen laut dieser Theorie die Außenpolitik von Staaten. Basierend auf gewissen gemeinsamen Werten und Normen der Menschen nun (keine Gehirne essen usw. usf.) könnte sich ein größeres Zusammengehörigkeitsgefühl der Nicht-Zombie ausbilden. Dies könnte zu einer pluralistische Anti-Zombie-Gemeinschaft, gar zu einem Weltstaat führen. Es könnte aber auch geschehen, dass Menschen dem Zombie-Lebensstil nacheiferten und die übrige Menschen durch sozialen Druck die Normen und Verhaltensweisen der Zombies allmählich internalisierten.
Falls man den Neokonservatismus als eigene Theorie der internationalen Beziehungen sehen wollte, so würde dieser empfehlen, durch agrressives militärisches Vorgehen die menschliche Hegemonität gegen die Geschöpfe der Hölle zu erhalten. Dabei wäre natürlich auch ein Präventivschlag denkbar. Jedoch würden die neokonservativen Politiker auch Nicht-Zombiee-Staaten in eine angebliche globale “Axis of Evil Dead” einreihen, was eine Koalition für den globalen Krieg gegen Zombies verhindern würde. Es würde zu einer Invasien des Hauptstaates der Zombies kommen, wovon man sich erhofft, dass dies als Vorbild für andere Staaten dienen könnte, sich gegen die Zombies zu erheben. Es würde aber vielmehr zu einer Erhebung aufständiger neuer Zombies und ein langwieriges Patt hinauslaufen.
Was also tun?
Zwar gibt es auch noch ein paar offene Fragen in Drezners Ausführungen. So ist doch fraglich, ob der Zombie-Lifestyle wirklich nachahmenswert erscheinen könnte (Konstruktivismus). Aber vielleicht würde es zur Bildung von Zombierechtsorganisationen kommen (“Der Zombie war doch auch nur ein Mensch!”) Und was etwa, wenn es Vorteile durch einen Handel mit den Zombies geben könnte? Sollte man diese nicht aus gesundem Eigeninteresse (rational-choice-Theorie, Neoliberalismus) nutzen? Wie wäre es mit dem Export mindergenutzer Gehirne? Dennoch sind Drezners Betrachtungen ein sehr fruchtbarer Denkanstoß, oder, wie er es ausdrückt: “
interested and intelligent students of world politics should use their own brains — before the zombies do.”
Eines scheint zumindest klar: Denn wenn man schon allein mathematisch die Ausbreitung des Zombietums betrachtet, wie es kanadische Forscher getan haben, sind schnelle, aggressive Attacken gegen die Zombies notwendig. Ob diese im Rahmen einer internationalen Organisation, eines Weltstaates oder durch einen “Weltpolizisten” geschehen, sei der theoretischen Vorliebe des Lesers überlassen. Allein, sich mit den Zombies zu arrangieren, erscheint dem Autor doch als höchst unangemessen – haben wir doch heutzutage schon genug Diktaturen, die tote Menschen auf dem Gewissen haben.
Siehe auch:
zoon politikon: Zombies, Wissenschaft und Internationale Beziehungen
Als Zombie-Verfechterin nehme ich regelmäßig an sogenannten “Zombie-Walks” teil, die das Verkleiden, das Umherlaufen und das Erschrecken eines Zombies beihaltet. Der Schock der Passanten sitzt leider nicht so tief, wie anfangs vermutet, wahrscheinlich da die Akzeptanz der Untoten durch ihre mediale Erscheinung unlängst vorhanden ist und anstatt Angst und Terror zu verbreiten, die Menschen eher belustigt. Diese Gesellschaft macht mich einfach nur krank und ich fordere radikaleres Durchgreifen der Gehirnfresser, damit die Achtsamkeit der Menschen wieder neu entfacht wird.