Eine Studie der Entwicklungsorganisation Oxfam zeigt: Die reichsten 62 Menschen der Welt haben ein größeres Vermögen als die Hälfte der Weltbevölkerung, 1 Prozent der Weltbevölkerung besitzt so viel wie die übrigen 99 Prozent. Wirtschaftsliberale Ökonomen und Publizisten äußern methodische Kritik an der Studie. Hat Oxfam Fehler gemacht? Sind die Ergebnisse glaubwürdig? (more…)
Tag: Entwicklungsländer
Kommentar zur WTO-Ministerkonferenz: Ein Scheitern wäre fatal
„Wir werden ernsthaft kämpfen müssen um ein Resultat zu erreichen“, hatte WTO- Generaldirektor Azevedo vor der 10. WTO-Ministerkonferenz befürchtet. Tatsächlich ist eine Abschlusserklärung des Treffens, das seit Dienstag in Nairobi stattfindet, stark gefährdet.
Die USA und die EU sind bemüht, den schwarzen Peter den Entwicklungsländern zuzuschieben: Diese setzten in der Agrarpolitik auf Protektionismus, so ihr Vorwurf. Tatsächlich geht es um die öffentliche Lagerung von Nahrungsmitteln. Diese hat etwa in Indien dazu beigetragen, die Zahl der Hungernden zu senken. Gleichzeitig sind es immer noch die EU und die USA, die ihre heimische Landwirtschaft am stärksten fördern. Und sie haben viele Zusagen der Doha-Runde, die sie den Entwicklungsländern gegeben haben, nach 14 Jahren immer noch nicht eingelöst.
Deutschlands Lateinamerika-Politik: Im Stil des Kalten Krieges
Die Südamerikareise von Dirk Niebel verdeutlicht den Strategiewandel in der Lateinamerikapolitik Deutschlands wie in seiner gesamten Entwicklungspolitik: Statt um Armutsbekämpfung und Entwicklungschancen geht es vor allem um die wirtschaftlichen Interessen der deutschen Industrie. Dabei arbeitet Deutschland vor allem in Lateinamerika verstärkt mit neoliberal ausgerichteten Staaten zusammen – und dies unabhängig davon, ob diese rechtsstaatliche Grundsätze erfüllen, und selbst davon, ob dort schwere Menschenrechtsverletzungen begangen werden.
Mauerstücke für Bolivien, Millionengelder für Peru
Das neue Lateinamerika-Konzept der Bundesregierung hatte es eigentlich schon hinreichend beschrieben: Im Vordergrund der Aktivitäten Deutschlands in Lateinamerika und in der Karibik sollen künftig Rohstoffsicherung, Exportförderung und die Absicherung der Interessen deutscher Unternehmen stehen. Hinzu kommen jedoch auch ideologische Gesichtspunkte: Unter Schwarz-Gelb erhalten Staaten mit einer wirtschaftsliberalen Ausrichtung deutlich mehr Gelder als andere. Länder mit einer sozialdemokratischen oder demokratisch-sozialistischen Regierung bekommen in vielen Fällen weniger Mittel.
So wurden etwa die Gelder für Bolivien gekürzt. Doch dabei blieb es nicht: Auf seiner Südamerika-Reise hatte Entwicklungsminister Dirk Niebel ein ganz besonderes Geschenk für Boliviens Präsident Evo Morales im Gepäck: ein Original-Bruchstück der Berliner Mauer. Er überreichte es ihm, so wörtlich, “in Erinnerung an die Überwindung von 40 Jahren sozialistischer Diktatur”. Morales ist zwar demokratisch gewählt, jedoch ist seine Politik eher links ausgerichtet – es gab sogar Verstaatlichungen (worüber Niebel auch gleich seine Besorgnis äußerte). Das ist natürlich zu viel für den überzeugten Neoliberalen Niebel, so dass er offenbar gar eine offene Beleidigung und Brüskierung für gerechtfertigt hielt. In Bolivien traf sich die deutsche Delegation dann auch noch mit zahlreichen Vertretern der rechten Oppositionsparteien.
In Peru dagegen traf man sich nicht mit der Opposition. Kein Wunder, handelt die Regierung dort doch auch getreu dem marktradikalen Dogma und ist ein treuer Verbündeter der EU und der USA. Folglich hat Deutschland ihr bis Ende 2011 bis zu 200 Millionen Euro zugesagt. Schwerpunktthemen der beiden Besuche waren laut Angaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in Bolivien die Verstaatlichung von Unternehmen, gegen die sich Deutschland wendet, in Peru, “dem Schwerpunktland deutscher Entwicklungszusammenarbeit mit Lateinamerika”, war es die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft. (more…)
Wie China seinen Hunger nach Öl stillt
Ein Gastbeitrag von Daniel Leiders
Öl ist unbestritten einer der wichtigsten Rohstoffe unserer Zeit, vielleicht sogar der wichtigste. Seitdem wir wissen, welche Möglichkeiten in diesem fossilen Energieträger stecken, stieg der jährliche globale Ölverbrauch immer weiter an. 2008 lag der gesamte Ölverbrauch bei 84 Millionen Barrel pro Tag, bzw. 3,9 Mrd. Tonnen im Jahr. Gleichzeitig jedoch wird das Auffinden neuer Ölvorkommen schwieriger und teurer und die Zahlen für die globalen Ölvorkommen werden kleiner.
Die heutigen wichtigsten Produzenten von Erdöl sind die Länder des Nahen Ostens und Teile Südamerikas. Doch gerade in diesen Gebieten werden kaum noch neue Erdölfelder entdeckt und die älteren Felder werden zusehends leerer. Da wundert es nicht, wenn Staaten und Energiefirmen versuchen, sich über langfristige Verträge für die Zukunft abzusichern; denn ohne Öl dürfte wohl keine Wirtschaft Bestand haben. Obgleich es bereits Ansätze gibt, auf alternative Energien zurückzugreifen, wird es noch eine Weile dauern, bis diese Technologien vollends ausgereift sind. Hinzu kommt, dass diese neuen Technologien aufgrund der hohen Startkosten vorerst nur in den großen Industrienationen, zur Anwendung kommen werden. Die neuen aufstrebenden Nationen werden noch längerfristig vom Öl abhängig sein.
Unter diesen Entwicklungsländern ist die Volksrepublik China das Land mit dem höchsten Ölverbrauch. Tatsächlich liegt es schon auf Platz zwei der Weltliste der Ölverbraucher – einzig die USA verbrauchen mehr. Und so geistert in der Presse seit einiger Zeit das Bild vom Drachen auf der Jagd nach Öl herum. An diesem Bild ist zumindest insofern was dran, dass China in den letzten beiden Jahrzehnten tatsächlich überall auf der Welt versuchte, Verträge über die Lieferung von Öl oder die Ausbeutung von Ölfeldern abzuschließen. Welche Risiken und Möglichkeiten ergeben sich aus der Suche nach neuen Ölquellen für China?
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Dirk Niebel – der schlechteste Bundesminister aller Zeiten?
Guidos Schoßhund wird losgelassen
Dirk Niebel hatte als neuer Chef des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) einen unglaublichen Fehlstart hingelegt. Westerwelles marktradikaler Schoßhund, der immer dann von der Leine gelassen wurde, wenn Guidos Tonfall noch zu wenig schrill, noch zu nüchtern und noch zu sachlich erschien, und sich dann als überaus aggressiv und beißwütig entpuppte, übernahm damit ausgerechnet das Ministerium, für dessen Abschaffung er sich zuvor energisch eingesetzt hatte. Von der fachlichen Kompetenz gab es wohl selten einen Minister, der unqualifizierter war – und sicher keinen, dem sein Ressort so wenig am Herzen lag. Er selbst gab auch zu, “Neuling zu sein” auf diesem Gebiet. So kann man es natürlich auch ausdrücken.
Die ersten Schritte: Hilfsorganisationen drohen, von Spenden abraten, Aufgaben umdefinieren
Und dann ging es los. In den ersten Monaten seiner Amtsführung hat er wohl mehr in einem Ministerium kaputt gemacht als irgend jemand anderes zu vor. Er machte sich mit diversen Drohungen gegen Hilfsorganisationen nahezu alle entwicklungspolitischen Akteure zum Feind – so wollte er etwa Hilfsorganisationenin Afghanistan keine finanziellen Mittel mehr zukommen lassen, wenn sie nicht mit dem Militär kooperieren. Er trat strikt gegen eine Finanzmarktsteuer ein – deren Einnahmen den Entwicklungsländern zu Gute kommen würden. Erst im Januar besuchte Niebel zum ersten mal Afrika – und brachte außer ein paar Fotos, auf denen er mit seiner Militärmütze und der vollverspiegelten Sonnenbrille keine allzu guten Assoziationen hervorbrachte, nicht viel zu Stande. Nach dem Erdbeben in Haiti riet er davon ab, zu spenden.
Er führt in vielem die neoliberale Politik der Washington Consensus-Ära fort, die wegen ihrer verheerenden Auswirkungen selbst bei Weltbank und IWF inzwischen größtenteil in Verruf geraten sind. Und dann polterte er, sein Ministerium sei “kein Weltsozialamt” – er versteht seine Aufgabe in allererster Linie in der Förderung der deutschen Wirtschaft. Neben der Rüstungsindustrie kommt dabei auch etwa die Pharmaindustrie gut weg.
Weniger Entwicklungshilfe: Versprochen, gehalten!
14 Millionen Euro aus dem Entwicklungsetat stellte er für den Ankauf deutscher Impfdosen zur Bekämpfung der Schweinegrippe in Afrika zur Verfügung – als ob es keine dringenderen Probleme oder eine sinnvollere Verwendung für das Geld gegeben hätte, wendeten etwa Brot für die Welt und die Diakonie Katastrophenhilfe ein.
Niebel hatte im Bundestagswahlkampf eine Senkung der Entwicklungshilfe gefordert – und es nun wahrgemacht. Als eines der wenigen Industrieländer löst Deutschland seine finanziellen Zusagen an die Entwicklungsländer nicht ein, beklagt die OECD. Statt 0,51 % stellt es nur 0,4 % seines BIP zur Verfügung. Damit wird man kaum die Zusagen zu den UN-Milleniumszielen einhalten können.
Niebels Ministerium: Parteiloyalität kommt vor Kompetenz
Zudem hat Niebel in seinem Ministerium einen bisher beispiellosen personellen Kahlschlag vollzogen. Fast alle leitenden Posten des Ministeriums wurden mit durchweg unerfahrenen FDP-Parteikadern, vornehmlich Lokal- und Landespolitikern (fachlich oft im Bereich Mittelstandsförderung) besetzt. Die Fachkompetenz fast aller tendiert gegen den Nullpunkt – wie bei ihrem Chef. Vor den Mitarbeitern sagte Niebel offen: “Loyalität kommt vor Fachlichkeit”. Selbst der Personalrat des Ministeriums beklagt jetzt, dass mit nunmehr zehn externen Besetzungen in kurzer Zeit die Grenze erreicht sei, und, ganz diplomatisch ausgedrückt, die institutionellen Kenntnisse und fachlichen Erfahrungen der Mitarbeiter nicht ungenutzt bleiben dürften. Von strategischen Beratungen werden die Fachleute ausgeschlossen, das Besprochene bleibt innerhalb eines Klüngels enger Vertrauter. Und selbst den wissenschaftlichen Beirat des Ministeriums hat Niebel stillgelegt und will ihn auflösen.
Hauptmann Niebels Nebenverteidigungsministerium
Niebel ersetzt durchweg kompentente Mitarbeiter durch ihm treu ergebene, aber weder entwicklungspolitische Erfahrungen noch Kenntnisse aufweisende Freunde aus der Partei – und “Kameraden” aus dem Militär. Denn nun will Niebel einen alten Bundeswehrkumpel, nämlich den Oberst, der ihm die Deinstschlaufen anlegte, als er zum Hauptmannd der Reserve befördert wurde, zum Abteilungsleiter machen – das Haus brauche mehr Militärkompetenz. Die Militarisierung der Entwicklungspolitik soll jetzt auch personell vollzogen werden. Beide Staatssekretäre und bald sämtliche Abteilungsleiter sind nun ehemalige Parteifunktionäre und Niebelvertraute – nur einer fehlte noch, und das ist eben dieser Posten (Abteilung 03). Doch es kommt noch mehr hinzu: dieser Oberst, Friedel H. Eggelmeyer, war Kommandeur eines Panzerbataillons, das Wehrmachtssymbole als Verbandsabzeichen verwendet. Die “braune Palme” sei “dem Wappen des Panzerregiments 5 des Deutschen Afrika-Korps entlehnt” und solle die Nähe zum Afrika-Corps der Wehrmacht symbolisieren, gibt der “Freundeskreises Panzerbataillon 33” offen zu. Dieser wurde 1989 von Eggelmeyer zusammen mit ehemaligen Wehrmachtssoldaten gegründet. Und ausgerechnet dieser Oberst soll zukünftig auch noch für die Gebiete Afrika und Naher Osten zuständig sein – ein deutlicheres Zeichen wäre wohl kaum denkbar gewesen.
Das BMZ als FDP-Geschäftsstelle
Die Ereignisse der letzten Tage lösen auf allen Seiten der Politik deutliche Kritik aus. Claudia Roth (Die Grünen) warnt davor, das BMZ zu einer “FDP-Geschäftsstelle” und einem “Auffangbecken für alte FDP-Freunde und Bundeswehr-Kameraden” zu machen, es dürfe keine Klientel-Bedienungsanstalt für den ehemaligen FDP-Generalsekretär werden. Heike Hänsel (Die Linke) bezeichnet Niebel als “Rambo der Entwicklungszusammenarbeit”.
“Bei der FDP werden jetzt viele so lange befördert, bis sie die höchste Stufe ihrer Inkompetenz erreicht haben”, beklagt Sascha Raabe (SPD) die Schaffung von Versorgungsposten. Und selbst CDU und CSU mahnen, man dürfe nicht alle Experten durch persönlich Vertraute ersetzen.
Entwicklungspolitik als Niebelsache
Es ist besonders traurig, dass gerade eine Institution, die ja den Allerbedürftigsten auf der Welt helfen soll, von einem verkommenen Haufen von eitlen Berufskarrieristen, die auch nicht den geringsten Hauch von ethischen Überzeugungen bestitzen, für ihre Vetternwirtschaft missbraucht wird. Niebel ist jede Entwicklungshilfe egal, das hat er immer klar gesagt. Er ist der personifizierte Stinkefinger, der sich den Entwicklungsländern entgegen reckt. Und nachdem er es nicht geschafft hat, dass Entwicklungsministerium und möglichst auch die Entwicklungshilfe komplett abzuschaffen, nutzt er es jetzt, um ein bisschen den deutschen Mittelstand, die deutsche (Rüstungs-) Industrie und die Bundeswehr zu fördern – und als Versorgungspostenlieferant für unqualifizierte FDP-Karrierekader. Versorgungskumpanei und Seilschaften statt Entwicklungspolitik und Hilfe für die Ärmsen der Welt. Er hat es geschafft, jegliche Expertise und Unabhängigkeit aus den oberen Ebenen seines Ministeriums zu beseitigen. So kann man unbehelligt von störendem Fachwissen den neu gewählten Aufgaben nachgehen. Die meisten Wähler stört es ja nicht weiter. Und wenn weltweit Not und Hilfsbedürftigkeit wachsen, ist das für ein Entwicklungsministerium unter FDP-Führung auch nebensächlich, wenn man gerade einen guten Deal für die Privatwitschaft abgeschlossen hat – denn wozu ist man sonst da? So sieht Entwicklungspolitik aus, wenn sie zur Niebelsache geworden ist. Dirk Niebel ist wohl der unfähigste Minister in der Gechichte der Bundesrepublik. Und vielleicht ist er auch der gewissenloseste.
Bildquellen:
(1) Claus-Joachim Dickow / CC-BY-SA 3.0
(2) Claus-Joachim Dickow / CC-BY-SA 3.0
(3) http://www.flickr.com/photos/dunechaser/ / CC BY-NC-SA 2.0
(4) http://www.flickr.com/photos/11742539@N03/ / CC BY-SA 2.0
(5) Wikipedia (User:Qualle) / CC-BY-SA 3.0 Unported
Dieser Artikel ist auch erschienen beim binsenbrenner.de und beim Oeffinger Freidenker.
10 Jahre Attac Deutschland
10 Jahre Attac – 10 von vielen!
Heute vor 10 Jahren wurde Attac Deutschland gegründet. Das globalisierungskritische Netzwerk setzt sich seitdem für einen gerechten Welthandel und für eine Solidarität mit den Entwicklungsländern ein. Es kämpft dafür, dass die Globalisierung allen Menschen zu Gute kommt, gegen weltweite Ungerechtigkeit, gegen Umweltzerstörung, gegen Privatisierungen und Sozialabbau ein, und dies ohne Hierarchien und ohne Geklüngel, sonden mit kreativen Protestaktionen und durchdachter konzeptioneller Arbeit.
Grund auch für mich, die allerherzlichsten Glückwünsche auszusprechen – war es doch gerade Attac, wo ich selbst erstmals politisch aktiv wurde, wo ich gegen den Irak-Krieg oder Hartz IV demonstriert hatte und wo ich – vielleicht sogar in allererster Linie – sehr viel über politische Inhalte gelernt habe. Doch die 10 Jahre Attac sind nur ein kleiner Zwischenschritt – haben sich doch die Verhältnisse, die Attac seit seiner Gründung kritisiert und für die es Lösungsvorschläge erarbeitet, seitdem nicht grundlegend verändert.
Brauchen wir Attac noch?
Selbst von den Seiten gerade der Politiker und der Presse, die Attac früher gerne wahlweise als randalierende und gewalttätige Autonome, verblendete Linksextreme (ganz egal, dass dort etwa auch Heiner Geißler Mitglied ist) oder halluzinierende Sozialromantiker diffamiert hat, hört man nun tatsächlich, dass Attac eigentlich immer schon Recht hatte (inwiefern dies auf echter Einsicht in Folge der Ereignisse um das Entstehen und den Verlauf der Finanzkrise beruht, sei mal dahingestellt).
http://www.flickr.com/photos/stoller/ / CC BY 2.0
Die Finanzmärkt müssen reguliert werden, dass fordert Attac seit seiner Gründung, daher der Name, und das hat sich nun für alle offensichtlich als richtig erwiesen. Denn daran besteht kein Zweifel: der völlig entfesselte Finanzmarktkapitalismus hat uns die größte Finanz- und Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit beschert. Doch dieser ist nur ein Teil des neoliberalen Projekt, dass seit nunmehr fast 30 Jahren die weltweite Armut und Ungleichheit vergrößert, zu einer instabilen Wirtschaft geführt und Armut und Hunger vergrößert hat. Eine Finanztransaktionststeuer wird nun zwar von fast überall (selbst von Seiten der Union gefordert), aber ob diese wirklich (und v.a. weltweit) umgesetzt werden, ist eine andere Frage. Auch wenn Obama sehr sinnvolle Regeln für die Finanzmärkte plant – eine Steuer auf Finanztransaktionen ist nicht vorgesehen. Es läuft bisher weitgehend weiter wie vor der Krise. Und in Deutschland wird außer ein paar leeren Phrasen der Regierungspolitiker nichts geschehen. Viele reden inzwischen ähnlich wie Attac, wenige handeln entsprechend. Außerdem: sollten in einem Feld wirklich Forderungen von Attac zumindest teilweise erfüllt werden, was wir alle nur wünschen können, ist dies eben genau kein Grund, deshalb nachzulassen, sondern es zeigt, dass sich kompetent erarbeitete richtige Analysen und sinnvolle Ideen tatsächlich durchsetzen können – und dass eine andere Welt nicht nur wünschenswert, sondern in der Tat auch möglich ist.
Doch es gibt noch viel zu tun: Der Klimagipfel von Kopenhagen hat keine Fortschritte gebracht, die Probleme sind dringender denn je. Wenn es so bleibt, wird der Klimawandel mit all seinen verheerenden Auswirkungen nicht einmal geringfügig eingedämmt werden können. Die Machthabenden der Welt haben ein schier unglaubliches Maß an Egoismus, kurzfristigem Denken und Unverantwortlichkeit an den Tag gelegt. Der Vertrag von Lissabon macht die EU zur Bastion des neoliberalen Kapitalismus. Die Privatisierungswelle für alles, was man zu Geld machen kann, und sei es auch das Trinkwasser, schreitet weltweit weiter voran, und sie ist auch in Deutschland nicht beendet. Die neue Bundesregierung hat ein Programm aufgelegt, dass allen Vorstellungen von sozial gerechter, wirtschaftlich sinnvoller oder auch nur rational gestalteter Politik Hohn spricht: Hartz IV-Verschärfungen, Kopfpauschale, lupenreine Klientelpolitik sind nur ein paar Besispiele der derzeitigen Situation. Und nicht zuletzt in Zeiten, in denen ein radikal-wirtschaftsliberaler wie Dirk Niebel Entwicklungsminister ist, kann Attac nicht überflüssig werden.
Eine andere Welt ist möglich
Die Regulierung der Finanzmärkte ist zwar sinnvoll, doch gehen die Vorstellungen von Attac weiter: die Einnahmen aus dieser Steuer sollen für Entwicklungszwecke verwendet werden. Denn die Entwicklungsländer leiden nicht nur unter Naturkatastrophen, sondern auch unter ungerechten Strukturen im Welthandel, und diese bestehen nach wie vor. Sie bestehen etwa aus hohen Agrarsubventionen und tarifären wie nichttarifären Handelshemnisse der Industrieländer, die die wirtschaftlichen Chancen des Südens unterminieren. Der Norden dominiert die Bretton-Woods-Organisationen, die WTO funktioniert immer noch als einer der ersten Agenten des Marktradikalismus und als Vehikel der Interessen transnationaler Konzerne.
Die Welt wird immer reicher, doch der Abstand zwischen Arm und reich nimmt (innerhalb der Staaten, zwei- bis dreimal so viel aber zwischen ihnen) zu. Gerade die Entwicklungsländer in Afrika und Südasien haben – so ist das Ergebnis aller Studien zu dem Thema – nicht von der Globalisierung der Weltwirtschaft profitiert, oft hat sie ihnen sogar eher geschadet.
Dabei bietet die Globalisierung, wenn sie gerecht gestaltet ist, durchaus auch Chancen für die Entwicklungsländer, denn sie ist kein unveränderbares Naturgesetz, sie ist von Menschen historisch gestaltet und beeinflusst worden und sie ist immer noch gestalt- und veränderbar. Die Globalisierung kann als Prozess kaum aufgehalten werde, aber es liegt an uns, sie so gut wie möglich auf das Ziel zu gestalten, dass ein menschenwürdiges Leben für alle Menschen auf der Welt realisiert werden kann, und eines, in dem wir unsere natürlichen Lebensgrundlagen nicht zerstören. Eine andere Welt ist möglich.
Warum die Globalisierung auch Chancen für die Entwicklungsländer bietet
Globalisierung heute: mehr Reichtum ungleicher verteilt
Im Zuge der Globalisierung wächst der weltweit produzierte und zu verteilende Reichtum, doch der relative Abstand zwischen Armen und Reichen nimmt immer mehr zu. Wir haben heute eine reichere Welt mit größerer Einkommensungleichheit zwischen den Nationen. Die materiellen Lebenschancen der großen Mehrzahl der Menschen hängen von ihrer nationalen Zugehörigkeit, dem geographischen Ort und den dort herrschenden Bedingungen ab, auch in der Zeit der Globalisierung, in der nationale und regionale Grenzen vermeintlich überall verschwinden. Die Komponente der Welteinkommensungleichheit zwischen den Staaten ist um das Zwei- bis Dreifache größer als die Komponente innerhalb eines Staates.
Die Industrieländer: Freihandel nur, wenn er uns nützt!
Die Prediger des Freihandels aus den Industrieländern versperren sich gegen eben diesen Freihandel in den Gebieten, in denen sie selbst nicht wettbewerbsfähig sind, in denen sie Verluste zu Gunsten der Entwicklungsländer akzeptieren müssten, z.B. im Agrar- und Textilsektor. Der Protektionismus hält dort, teilweise nur in anderen Formen, auch seit der Gründung der WTO, immer noch an und verwährt manchen Entwicklungsländern die einzigen Chancen in der globalisierten Weltwirtschaft. Sie können ihre Potentiale im Rohstoffbereich nicht ausnutzen, da in den Industrieländer hohe Subventionen und Importbeschränkungen die Preise verzerren und die komparativen Kostenvorteile zerstören.
Die Entwicklungsländer: weiterhin schlechte Aussichten
Die Entwicklungsländer haben im Durchschnitt von Globalisierung bislang kaum profitiert. In der Weltwirtschaft stellen sie noch immer die Peripherie dar. Ihr Anteil an den weltweiten Güterexporten pendelt seit rund 30 Jahren um rund 30%. Kaum von der Globalisierung profitieren konnten Staaten, die sich der weltwirtschaftlichen Integration verschlossen haben oder von ihr abgehalten wurden, v.a. Länder in Afrika und Südasien. Afrikas Anteil am Welthandel sank gar in den letzten 25 Jahren von 5 auf unter 1 Prozent. Die Globalisierung hat den Menschen dort bisher kaum genützt, einige Facetten wirken sich sogar nachteilig aus.
Um die Armut dauerhaft und auf breiter Basis überwinden zu können, braucht z.B. Afrika hohe BIP-Wachstumsraten. Allein um das heutige Armutsniveau halten zu können, wäre ein Wirtschaftswachstum von 4 – 5% pro Jahr und eine Reduzierung der Einkommensungleichheiten konstant über einen Zeitraum von 50 Jahren notwendig, nach allen Prognosen der Weltbank aber sind Wachstumsraten von mehr als 3% kaum zu erwarten und in den letzten 50 jahren stieg das BIP Sub-Sahara-Afrikas aber um gerade 2% pro Jahr durchschnittlich.
Chancen der Globalisierung: Integration in die Weltwirtschaft
Doch die Gloablisierung bietet auch Chancen, bei Integration in den Weltmarkt die eines Wirtschaftswachstums und insgesamt gesehen die einer effektiven Nutzung der weltweiten Ressourcen.
Eine Abkopplung vom Weltmarkt erscheint als Strategie auch für Entwicklungsländer nicht Erfolg versprechend. Das zunehmende Zusammenwachsen der Weltwirtschaft lässt Strategien hin zur Weltmarktöffnung und der Beteiligung an interdependenten Wertschöpfungsketten notwendig erscheinen, Strategien der Importsubstitution versprechen zunehmend weniger Erfolg.
Dies bestätigen auch wissenschaftliche Untersuchungen. Empirisch gesehen haben nur Länder, die sich in den Weltmarkt integrieren, die Chance auf Wirtschaftswachstum (wobei Wirtschaftswachstum um jeden Preis und um seiner selbst Willen natürlich kein Ziel sein darf). Laut Simulationsberechnungen von Oxfam würden etwa in Afrika bei einer Steigerung seines Anteil am Weltexport um ein Prozent mit dem daraus entstehenden Einkommenszuwachs 128 Millionen Menschen aus der Armut befreit werden können, ein mehr Finanzmitteln in Höhe von 70 Milliarden Dollar entstehen. Dies wäre etwa das Fünffache dessen, was es durch Entwicklungshilfe und Schuldenerlass erhält. Eine Ausnutzung der in komparativen Vorteilen angelegten Exportpotentiale kann eine aufholende Entwicklung fördern. Notwendig erscheint manchen aber neben einer Exportorientierung für manche Länder eine nur selektive Öffnung auf der Importseite (dabei wird in der Wissenschaft auf das Erfolgsmodell der südostasiatischen „Tigerstaaten“ verwiesen).
Jedoch sind Annahmen, dass Wirtschaftswachstum und Armutsreduktion zwangsweise korrelierten, zu kurz gegriffen. Benötigt werden innerhalb der Länder Verbesserungen in Bereichen wie Infrastruktur, Bildung, Verwaltung und rechtsstaatlichen Institutionen („Good Governance“).
Eine andere Welt ist möglich
Doch diese Erkenntnis reicht nicht, denn „ganz gleich, wie offenkundig der irrationale Charakter des Ganzen sich manifestieren kann und mit ihm die Notwendigkeit der Veränderung – die Einsicht in die Notwendigkeit hat niemals genügt, die möglichen Alternativen zu ergreifen“ (Herbert Marcuse: Der eindimensionale Mensch).
Die Globalisierung ist kein unveränderbares Naturgesetz, sie ist von Menschen historisch gestaltet und beeinflusst worden und sie ist immer noch gestalt- und veränderbar. Die Globalisierung kann als Prozess kaum aufgehalten werde, aber es liegt an uns, sie so gut wie möglich auf das Ziel zu gestalten, dass ein menschenwürdiges Leben für alle Menschen auf der Welt realisiert werden kann, und eines, in dem wir unsere natürlichen Lebensgrundlagen nicht zerstören. Eine andere Welt ist möglich.
Globalisierung heute: mehr Reichtum ungleicher verteilt
Im Zuge der Globalisierung wächst der weltweit produzierte und zu verteilende Reichtum, doch der relative Abstand zwischen Armen und Reichen nimmt immer mehr zu. Wir haben heute eine reichere Welt mit größerer Einkommensungleichheit zwischen den Nationen. Die materiellen Lebenschance der großen Mehrzahl der Menschen hängen von ihrer nationalen Zugehörigkeit, dem geographischen Ort und den dort herrschenden Bedingungen ab, auch in der Zeit der Globalisierung, in der nationale und regionale Grenzen vermeintlich überall verschwinden. Die Komponente der Welteinkommensungleichheit zwischen den Staaten ist um das Zwei- bis Dreifache größer als die Komponente innerhalb eines Staates.
Die Industrieländer: Freihandel nur, wenn er uns nützt!
Die Prediger des Freihandels aus den Industrieländern versperren sich gegen eben diesen Freihandel in den Gebieten, in denen sie selbst nicht wettbewerbsfähig sind, in denen sie Verluste zu Gunsten der Entwicklungsländer akzeptieren müssten, z.B. im Agrar- und Textilsektor. Der Protektionismus hält dort, teilweise nur in anderen Formen, auch seit der Gründung der WTO, immer noch an und verwährt manchen Entwicklungsländern die einzigen Chancen in der globalisierten Weltwirtschaft. Sie können ihre Potentiale im Rohstoffbereich nicht ausnutzen, da in den Industrieländer hohe Subventionen und Importbeschränkungen die Preise verzerren und die komparativen Kostenvorteile zerstören.
Die Entwicklungsländer: weiterhin schlechte Aussichten
Die Entwicklungsländer haben im Durchschnitt von Globalisierung bislang kaum profitiert, ihr Anteil an den weltweiten Güterexporten pendelt seit rund 30 Jahren um rund 30%; kaum von der Globalisierung profitieren konnten Staaten, die sich der weltwirtschaftlichen Integration verschlossen, v.a. Länder in Afrika und Südasien. Die Globalisierung hat den Menschen dort bisher kaum genützt, einige Facetten wirken sich sogar nachteilig aus.
Um die Armut dauerhaft und auf breiter Basis überwinden zu können, braucht z.B. Afrika hohe BIP-Wachstumsraten. Allein um das heutige Armutsniveau halten zu können, wäre ein Wirtschaftswachstum von 4 – 5% pro Jahr und eine Reduzierung der Einkommensungleichheiten konstant über einen Zeitraum von 50 Jahren notwendig, nach allen Prognosen der Weltbank aber sind Wachstumsraten von mehr als 3% kaum zu erwarten und in den letzten 50 jahren stieg das BIP Sub-Sahara-Afrikas aber um gerade 2% pro Jahr durchschnittlich.
Chancen der Globalisierung: Integration in die Weltwirtschaft
Doch die Gloablisierungbietet auch Chancen, bei Integration in den Weltmarkt die eines Wirtschaftswachstums und insgesamt gesehen die einer effektiven Nutzung der weltweiten Ressourcen.
Eine Abkopplung vom Weltmarkt erscheint als Strategie auch für Entwicklungsländer nicht Erfolg versprechend. Das zunehmende Zusammenwachsen der Weltwirtschaft lässt Strategien hin zur Weltmarktöffnung und der Beteiligung an interdependenten Wertschöpfungsketten notwendig erscheinen, Strategien der Importsubstitution versprechen zunehmend weniger Erfolg. Dies bestätigen auch wissenschaftliche Untersuchungen. Empirisch gesehen haben nur Länder, die sich in den Weltmarkt integrieren, die Chance auf Wirtschaftswachstum, durch welches sich auch andere soziale Missstände lindern lassen (wobei Wirtschaftswachstum um jeden Preis natürlich kein Ziel sein darf).
Laut Simulationsberechnungen von Oxfam würden etwa in Afrika bei einer Steigerung seines Anteil am Weltexport um ein Prozent mit dem daraus entstehenden Einkommenszuwachs 128 Millionen Menschen aus der Armut befreit werden können, ein mehr Finanzmitteln in Höhe von 70 Milliarden Dollar entstehen. Dies wäre etwa das Fünffache dessen, was es durch Entwicklungshilfe und Schuldenerlass erhält. Eine Ausnutzung der in komparativen Vorteilen angelegten Exportpotentiale kann eine aufholende Entwicklung fördern. Notwendig erscheint manchen aber neben einer Exportorientierung für manche Länder eine nur selektive Öffnung auf der Importseite (dabei wird in der Wissenschaft auf das Erfolgsmodell der südostasiatischen „Tigerstaaten“ verwiesen).
Jedoch sind Annahmen, dass Wirtschaftswachstum und Armutsreduktion zwangsweise korrelierten, zu kurz gegriffen. Benötigt werden innerhalb der Länder Verbesserungen in Bereichen wie Infrastruktur, Bildung, Verwaltung und rechtsstaatlichen Institutionen („good governance“).
Eine andere Welt ist möglich
Doch diese Erkenntnis reicht nicht, denn „ganz gleich, wie offenkundig der irrationale Charakter des Ganzen sich manifestieren kann und mit ihm die Notwendigkeit der Veränderung – die Einsicht in die Notwendigkeit hat niemals genügt, die möglichen Alternativen zu ergreifen“ (Herbert Marcuse: Der eindimensionale Mensch).
Die Globalisierung ist kein unveränderbares Naturgesetz, sie ist von Menschen historisch gestaltet und beeinflusst worden und sie ist immer noch gestalt- und veränderbar. Die Globalisierung kann als Prozess kaum aufgehalten werde, aber es liegt an uns, sie so gut wie möglich auf das Ziel zu gestalten, dass ein menschenwürdiges Leben für alle Menschen auf der Welt realisiert werden kann, und eines, in dem wir unsere natürlichen Lebensgrundlagen nicht zerstören. Eine andere Welt ist möglich.