Mietmäuler, BWLer und andere Defizite des heutigen “Qualitätsjournalismus”

In einem Interview von Deutschlandradio Kultur spricht der SWR-Chefreporter und Vorsitzende des Vereins netzwerk recherche Thomas Leif über Probleme des deutschen Journalismus. Von den Medien immer wieder als angebliche “Experten” präsentierte Wissenschaftler o.ä. sind nicht selten Mietmäuler einer bestimmten Klientel, trotzdem werden sie von den Medien immer wieder befragt. Prominenz ist dabei meist wichtiger als Kompetenz, und v.a. als Unabhängigkeit.

Er beschreibt damit ein nur zu bekanntes Problem. Ein Blick in irgendeine der Polit-Talkshows genügt ja schon: So sicher wie das Amen in der Kirche wird man dort irgendeinen Lobbyisten der Arbeitgebern, der Versicherungswirtschaft, einer bestimmten Branche usw. als “unabhängigen Experten” präsentiert bekommen. Professor Raffelhüschen ist da wohl das augenfälligste Beispiel von geradezu unzähligen.

Ein weiteres Problem laut Leif: Für investigativen Journalismus stünden heute kaum mehr Mittel bereit, der Zeitdruck in den Redaktionen wachse. Und schließlich habe gerade die junge Journalistengeneration oft überhaupt keine Skrupel, Journalismus und PR zu vermischen. (more…)

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Vermischtes der letzten Tage: erneuerbare Energien, Niebels Nepotismus, Seibert jetzt auch offiziell Regierungssprecher

Kurz ein paar Hinweise auf einige recht interessante Vorgänge und Meldungen der letzten Tage:


Laut einer Studie des Umweltbundesamtes könnte der Strom für Deutschland im Jahr 2050 komplett aus erneuerbaren Energien kommen (via). Es sei möglich, die Treibhausgasemissionen auf nahezu Null zu senken. Die technischen Voraussetzungen seien dabei heute schon gegeben, das vorhandene Potential müsste nur voll ausgenutzt werden. Selbst bei heutigem Lebensstil und  Konsum- und Verhaltensmuster sei dies möglich. Und die Kosten wären geringer  als die Kosten, die ein ungebremster Klimawandel verursachen würde.

All das Gerede, Solar-, Wasser-, Windkraft und Erdwärme könnten nie den Strombedarf komplett decken, die von den Mietmäulern der Energiekonzerne und der Atomwirtschaft, oft mit dem Argument der angeblich unüberwindbaren Schwankungen, immer wieder in der Öffentlichkeit lanciert werden, sind falsch. Die Fluktuation kann jederzeit sicher ausgeglichen werden, da sich die unterschiedlichen Erzeugungsarten der erneuerbaren Energien, die Speicher und das Lastmanagement gut ergänzen können, so die Studie. (more…)

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Kampagne gegen Rot-Rot-Grün in NRW, Tag 3-7

Nach Tag 1 und Tag 2 ging die Meinungsmache in den Medien gegen eine rot-rot-grüne Koalition in Nordrhein-Westfalen auch in den darauffolgenden Tagen weiter. Hier die Beobachtungen von Tag 3 (Mittwoch, 12. Mai) bis 7 (Sonntag, 16. Mai):

Tag 3 (Mittwoch, 12. Mai):

Hart aber fair stellt sich ganz klar in die Reihe plumper Anti-Rot-Rot-Grün-Kampagnen. Natürlich war von jeder Partei ein Politiker zu Gast. Außer von der Linken. Naja, es ging ja nur in einem recht großen Teil der Sendung (um was ging es da eigentlich? Unklar. Von allem ein bisschen, kein klares Thema) auch um sie. Nein, dass bei solch einem Thema alle Parteien außer der, über die am meisen diskutiert und gegen die v.a. polemisiert wird, nicht eingeladen ist, halte ich für einen medienpolitischen Skandal.

V.a. Moderator Plasberg bediente sich aller Mittel der Meinungsmache gegen Rot-Rot-Grün, die schon zahlreiche Medien in den vergangenen Tagen verwendet hatten, sowie mehrerer direkter und auch persönlicher Angriffe (auf die Linke und auf Hannelore Kraft). Mittel waren z.B. der Vergleich mit Ypsilanti, die Bezeichnung von Krafts Äußerungen vor der Wahl als “Tarnfloskeln”, Sätze wie “Glauben Sie wirklich, dass die Wähler so dumm sind?”, Ausschnitte aus der Report Mainz-Sendung, die Rote Hilfe. Die einzigen inhaltlich angesprochenen Punkte waren die Frage des Verhältnisses der NRW-Linken zur DDR und zur RAF. Andere Theme, so Plassbeck, müssten da doch im Hintergrund stehen.

[Anmerkung: Ich habe nie verstanden, was Hart aber fair groß von anderen Sendungen wie Anne Will oder Maybrit Illner unterscheiden soll. Es ist doch auch meist die selbe einseitigen Systemmedien-Propaganda, auch wenn der Moderator nicht ganz der unkritische Stichwortgeber ist.]

Naja, weiter ging es im Internet im Hart aber fair Faktenchek:

Daniel Bahr, Mitglied im Bundesvorstand der FDP, sagt, in NRW wird die Linke nicht nur als Partei vom Verfassungsschutz beobachtet. Selbst einzelne Personen des Landesverbandes stünden unter Beobachtung. Stimmt das?

Andreas Blätte: Grundsätzlich beobachten die Verfassungsschutzämter gegen die politische Ordnung des Grundgesetzes gerichtete Bestrebungen bei politischen Organisationen. Ohne die Beobachtung der Aktivitäten von Einzelpersonen kann dies nicht erfolgen. Im aktuellen Verfassungsschutzbericht (März 2010) werden extremistische Zusammenschlüsse als wichtiger Bestandteil der Partei “Die LINKE” gesehen. Dort heißt es unter anderem: “Bis heute hat sich der Landesverband NRW der Partei ‘DIE LINKE’ nicht von eindeutig linksextremistischen Zusammenschlüssen in seinen Reihen getrennt, sondern deren organisatorische Zulässigkeit sogar bestätigt. Dies gilt auch für die Mitglieder trotzkistischer Gruppen, die durch ihre Mitarbeit in der damaligen WASG in die ‘DIE LINKE’ gelangten. Durch die Mitgliedschaft von Sarah Wagenknecht im Landesverband wurden die extremistischen Bestrebungen, insbesondere die ‘Kommunistische Plattform’, weiter gestärkt.”

→ Das hier aus dem Verfassungsschutzbericht zitiert wird, ist ja legitim im Hinblick auf die Frage. Andererseits hätte man durchaus noch wenigstens den Hinweis bringen können, dass die Linke nur in Ländern mit schwarz-gelber Regierung beobachtet wird und dass ein Auftauchen in einem Verfassungsschutzbericht noch lange nicht Verfassungsfeindlichkeit beweist. Siehe auch: Ist die Linke verfassungsfeindlich?

Über die Sendung berichete auch noch die Springer-Presse: Late Night “Hart aber fair”: Hannelore Kraft sitzt in der Ypsilanti-Falle (Welt.de)

Die SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft wirkte bei “Hart aber fair” tatsächlich so, als wolle sie mit den Linken eine Koalition anstreben. Ein Wortbruch, der schon Andrea Ypsilanti in Hessen das politische Genick brach. (…)

Der Eindruck verstärkte sich auch bei „Hart aber fair“, dort verliefen die Fronten klar zwischen den Bürgerlichen und den Linken. Eine Jamaika-Koalition oder die Ampel schienen praktisch ausgeschlossen und alles wirkte so, als ob die SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft tatsächlich ein Bündnis mit den Erben der SED anstrebt. (…)

Mit wem sie sich da einzulassen gedenkt, führte Frank Plasberg Hannelore Kraft anschaulich vor. Sieben der elf Abgeordneten gehörten extremistischen Gruppen an, berichtete der Moderator (…) „Ausloten“, „sondieren“ und „erstmal abwarten“ wollte Kraft trotzdem und erinnerte mit ihrer wachsweichen Beliebigkeit ein wenig an ihre hessische Kollegin Andrea Ypsilanti. (…)

→ Wieder die üblichen Mittel: Vergleiche mit Andrea Ypsilanti, SED-Nachfolgepartei, einfach in den Raum geworfene Vorwürfe (“extremistische” Gruppen).

Jörges erinnerte daran, dass auch Joschka Fischer und Otto Schily als Straßenkämpfer beziehungsweise RAF-Anwalt begonnen und sich später zu respektierten Politikern gemausert hätten. Als Argument für eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei taugt das jedoch nicht, denn regierungs- und koalitionsfähig wurden Fischer und Schily erst, nachdem sie sich glaubhaft von den Dummheiten ihrer Jugend verabschiedet hatten.

→ Als Anwalt zu arbeiten ist also eine Jugenddummheit? Und was sind denn die derzeitigen “Dummheiten” genau?


Außerdem in den Medien am Mittwoch:

Sondierungsgespräche in der kommenden Woche: Rot-Grün lädt zu Gesprächen (WDR.de)

Auch die Fraktionsvorsitzende der NRW-Grünen, Sylvia Löhrmann, wollte Gespräche mit der Linken nicht grundsätzlich ausschließen. Man müsse in den anstehenden Gesprächen herausfinden, ob die Linkspartei regierungs- und handlungsfähig sei. Dazu gehöre, ob sie von ihren Vorstellungen wie der Zerschlagung des Schulsystems in NRW, der Verstaatlichung von Energieunternehmen oder der Abschaffung des Verfassungsschutzes Abstand nehme, sagte Löhrmann im ARD-“Morgenmagazin”: “Wenn die Linkspartei nicht bereit ist, sich klar demokratisch aufzustellen, dann kommt sie als Partner nicht in Frage.”

(Inzwischen steht auf der Site ein anderer Text. Zuvor war dort jedoch das Zitierte zu lesen.)

→ Man muss viele Punkte wie Verstaatlichungen nicht gut finden und kann sie auch als alles mögliche bezeichnen – antidemokratisch sind sie gewiss nicht. Wie sieht es mit den Forderungen zum Schulsystem aus?  Ein Jahr länger oder kürzer gemeinsame Schulzei soll den entscheidenden Unterschied machen?


Sondierung in NRW: Kraft vergrault die FDP (Focus.de)

→ Angesichts der Erpressungsstrategie der FDP und ihrem selbst gewählten Ausstieg aus Gesprächen ist eine solche Überschrift an Dreistigkeit wohl kaum zu überbieten.



Tag 4 (Donnerstag, 13. Mai):

Grünen-Chef Özdemir zu NRW: “Das wird kein Zuckerschlecken” (Spon)

SPIEGEL ONLINE: Dennoch müssen Sie den Menschen in NRW erklären, dass die Grünen plötzlich mit einer Partei wie der Linken verhandeln, die man zuvor als nicht regierungsfähig definiert hatte.

Özdemir: Wir haben eigentlich zwei nicht regierungsfähige Parteien: Linkspartei und FDP. Eine Partei, die über die Kopfpauschale einen Spitzensteuersatz von über 70 Prozent nötig machen würde, aber gleichzeitig unbelehrbar weiter irgendwie die Steuern senken will – ist die ernsthaft regierungsfähig? (…) Beide – FDP und Linke – brauchen gute Aufpasser an ihrer Seite.

SPIEGEL ONLINE: Das klingt nach großen Mühen. Ist die Opposition da nicht die bessere Alternative?

→ Özdemir versucht in dem Interview seinen NRW-Parteikollegen zu “erklären”, dass sie eine Koalition mit FDP oder linken gleich schlimm finden müssten. Der Fragesteller ergreift außerdem relativ eindeutig Partei. Bei Schwarz-Rot, so die intendierte Botschaft, gäbe es die “Probleme” nicht.

SPIEGEL ONLINE: Regieren die Grünen in Düsseldorf in NRW mit, heißt das für die CDU Opposition. Das Ende des schwarz-grünen Projekts?

→ Was für ein schwarz-grünes Projekt denn? Und wieso sollte es wegen einer Landesregierung das Aus bedeuten? Sollen hier bei Anhängern einer solchen Koalition Befürchtungen geweckt werden?


Koalitionscheck: Wer kann mit wem in NRW? (FR-online.de)

Rot-Rot-Grün

Doch nicht nur extreme Linken-Forderungen nach einer “Vergesellschaftung der Schlüsselindustrien” und der 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich wären schwer mit den Partnern vereinbar. Auch wollen SPD und Grüne die Studiengebühren schrittweise, die Linkspartei aber sofort abschaffen.

→ Es dürfte relativ klar sein, dass die Linke nicht alle Forderungen würde umsetzen können, v.a. die beiden zuerst genannten Punkte. Beim dritten Punkt wäre es wohl angeraten, auf ihre Forderung einzugehen, auch damit SPD und Grüne eine Glaubwürdigkeit behalten.

Prognose: Bei den SPD-Funktionären in Nordrhein-Westfalen gibt es zwar Sympathien für Rot-Rot-Grün. Im Berliner Willy-Brandt-Haus möchte man diese fragile Konstellation aber keinesfalls ausgerechnet mit den besonders radikalen NRW-Linken ausprobieren. Würde das Bündnis nämlich scheitern, wäre die Machtperspektive für 2013 im Bund verbaut.

→ In der Meinung mancher im Willy-Brandt-Haus sicher richtig, allerding würden Worte wie “in ihren Augen” das deutlich machen. So steht es da, als wäre es ein objektiver Fakt.


Leitartikel: Experiment mit Rot (FR-online.de)

In diesem Artikel wird zwar letztendlich für Rot-Rot-Grün argumentiert, allerdings werden auch ein paar Argumentsmuster der Gegner von Rot-Rot-Frün gebraucht. V.a. die Linke müsse sich ändern, so die Botschaft. Freilich kann man, wenn es keine rot-rot-grüne Koalition geben sollte, leicht auf die linken “Betonköpfe” als Rechtefrtigung zurückgreifen.

Nicht nur beim Cannabis, sondern auch in Sachen Berechenbarkeit steht die FDP in diesen hektischen Tagen dem linken Antipoden also nicht nach. Dieser verlegt sich darauf, in schönster Allgemeinheit einen “grundlegenden Politikwechsel” zur Bedingung einer rot-grün-roten Koalition zu erklären. Ob dafür die SPD gleich das ganze Linken-Programm übernehmen müsste, einschließlich “Vergesellschaftung” der Energiekonzerne, 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich und Neubewertung der DDR-Vergangenheit, bleibt vorerst unklar. (…)

Die Landes-SPD muss schon sehr genau hinschauen, mit wem sie sich da einlässt. Und sie muss in Verhandlungen genau bestimmen, ob sie diesen Partner domestiziert bekäme.

→ Die häufig geäußerte Ansicht, dass die Forderungen radikal seien usw. ist ja aus mancher Position nachvollziehbar. Aber woher kommt eigentlich das mit der Unberechenbarkeit? Glaubt man wirklich, dass die Linke nicht auf eine Koalition eingehen würde, wenn nicht alle ihre Forderungen erfüllt werden (dann wären allerdings einige Vorwürfe berechtigt)? Und heißt domestizieren nur, die wirklich radikalsten Forderungen nicht umzusetzen und Einbindung in die Regierungsarbeit, oder heißt es Einbindung in die neoliberale “Neue Mitte”/ “Dritter Weg”-Politik?

Tag 5 (Freitag, 14. Mai):

Die Süddeutsche hat inzwischen offensichtlich auch die Report Mainz-Sendung gesehen:

Die neue Linke-Fraktion in NRW – Die Spitze des Wahnsinns

Beuermann rangiert auf Platz 22 der Erstunterzeichner des Gründungspapiers der sozialistischen Linken. Darin stehen auch diese Sätze. “Die DDR war ein legitimer Versuch, auf deutschem Boden eine Alternative zum Kapitalismus aufzubauen. Sie hat beachtliche Erfolge in der Herstellung sozialer Gerechtigkeit, im Bildungswesen und der Erwerbstätigkeit der Frauen erreicht.”

→ Dass die DDR ein Versuch war, eine Alternative zum Kapitalismus aufzubauen, kann ja nicht bestritten werden. Ob er legitim war, kommt darauf an, für wen, welche Kriterien man anlegt usw. Auf jeden Fall ist er gescheitert. Und auf manche Erfolge etwa in der Bildungspolitik oder bspw. bei Krippenplätzen wird heute von vielen Seiten, nicht nur von DDR-Nostalgikern, verwiesen. Dämonisierungen nützen genauso wenig wie Glorifizierungen.

Aber v.a., was die Süddeutsche nicht zitiert, der Text geht noch weiter:

Auf der anderen Seite stehen jedoch auch die Unterdrückung von Opposition und der Mangel an Rechtsstaatlichkeit. Gescheitert istdie DDR letztlich an mangelnder Demokratie und ineffizienter Ökonomie.”

Dies wirft ein vollkommen anderes Bild auf, als das, was die Süddeutsche zu zeichnen versucht. Weiter in ihrem Artikel:

Von den Reportern gefragt, ob die DDR ein Unrechtsstaat war, antwortet Böth freimütig: “Insgesamt, in toto, kann man das, glaube ich, so nicht sagen. (…)

→ Hier gilt es aber ebenfalls zu differenzieren bei solch einem zutiefst unklaren Begiff. Meint man die formale Gültigkeit und Verfolgung von Rechtsnormen, kann man sicher nicht sagen, dass die DDR generell ein Unrechtsstaat war. Macht man aber die Gültigkeit von elementaren Menschen- und Bürgerrechten zum Maßstab, kann man da mit guten Gründen anderer Meinung sein. [Ich bin es auch. In der DDR wurde nach einem Rechtssystem gehandelt, aber dieses ist an sich – politisch und ethisch – zu kritisieren, stellte zwar vielleicht Recht, aber keine Gerechtigkeit dar.] Pauschale Antworten sind auf komplizierte Fragen nicht einfach zu geben (allerdings schadet sich die Linke mit solchen und ähnlichen Äußerungen immer wieder selbst, und die Einstellungen dahinter sind in manchen Fällen wohl durchaus höchst problematisch).

Weiterhin wird über von der Bundesregierung oder einer Verfassungsschutzbehörde des Bundes oder eines schwarz-gelben Landes als “linksextremistisch” bezeichneten Organisationen berichtet (Rote Hilfe, Antikapitalistische Linke). Und es gibt den Vorwurf, dass drei Abgeordnete der PKK nahestünden; dann relativiert sie, dass zumindest zwei die Föderation der kurdischen Vereine in Deutschland “Ye-Kom” (eigentlich YEK-KOM) unterstützten, die laut Süddeutsche “als eine Art legaler Arm der PKK in Deutschland agiert” – und dass diese gar offen zur Wahl der drei Linken-Politiker aufgerufen habe! Sollen sie es ihr verbieten oder was? Weiter dann:

Ein solches Bündnis ließe sich ohnehin nur mir viel Mühe schmieden. Die Linke hat dafür hohe formale Hürden gesetzt. Bevor es zu Koalitionsgesprächen kommen kann, muss ein Sonderparteitag das Vorhaben absegnen. Später müsste ein Koalitionsvertrag erst einen Mitgliederentscheid überleben.

→ Oh nein, innerparteiliche Demokratie, so etwas mag die “Wir brauchen endlich wieder Führungsstärke!”-Presse gar nicht.

Sozialdemokraten und Grüne, denen noch immer nicht die Lust an einer Zusammenarbeit mit der Linken in NRW vergangen ist, sollten sich einige Wahlplakate der Linken aus dem Landtagswahlkampf in Erinnerung rufen. Was da stand, kann nicht gerade als Bewerbung für ein rot-rot-grünes Linksbündnis gewertet werden. “Wer hat uns verraten – Sozialdemokraten”, heißt es auf einem Plakat. Auf einem anderen: “Wer grün wählt, wird sich schwarz ärgern.”

→ Hier zeigt sich der Artikel offen wie sonst kaum einer als reine Meinungsmache, als plumpe Agitation gegen Rot-Rot-Grün.

Antiferengi schreibt dazu:

Thorsten Denkler von der Süddeutschen, sieht in der LINKENspitze in NRW die Spitze des Wahnsinns und versucht diese nach Bildzeitungsmanier ins Lager der Extremisten und DDR-Gläubigen tot zu analysieren. Dabei knüpft er gängige und vom neoliberalen Lager seit Jahrzehnten gepflegte Volksängste an Allgemeinplätze wie SED, DDR und RAF, – die wie Stichworte dem unbewussten Automatismus dieser Ängste auf die Sprünge helfen sollen. Gekonnt konstruiert er Assoziationen, welche einem Guido Westerwelle alle Ehre des Demagogentums das Wasser hätte reichen können. Aber Denkler ist kein Demagoge. Er ist ein armer Kerl der nur noch das hören will, was ihn seit jahrzentelangem Meinungskonsum selber verführt hat. Zu armselig sind seine Platitüten, mit welchen er in Manier eines Hexenjägers Personen und Allgemeinplätze zu einem Schreckgespenst versucht zu konstruieren.



Und allerdings, es ist erstaunlich, aber die Bild tut sich fast schwer, die Süddeutsche noch zu überbieten: Verfassungsschutz: 7 Mitglieder der Linkspartei-Fraktion werden überwacht

Denn sieben der neuen Abgeordneten unterhalten intensive Kontakte zu eindeutig extremistischen und vefassungsfeindlichen Organisationen.

→ Wären sie wirklich eindeutig extremistisch und verfassungsfeindlich, würden sie verboten. Und würden tatsächlich alle Organisationen verboten, die eine Verfassungsschutzbehörde überwacht, gäb es in Deutschland einen massiven Shift nach rechts und in Richtung autoritärer Staat.

Michael Aggelidis (47, Jurist) aus Bonn, bekennt sich zur „Antikapitalistischen Linken“, einer ultralinken Strömung innerhalb der Partei. Sie stellt laut Verfassungschutz die Systemfrage.

→ Ok, schauen wir doch mal in den Verfassungsschutzbericht Nordrhein-Westfalen (S. 61):

Die Forderung nach einer Überwindung des Kapitalismus zugunsten eines demokratischen Sozialismus‘allein ist noch nicht zwingend extremistisch. Das Grundgesetz sieht keine bestimmte Wirtschaftsordnung vor, solange die Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG), die freie Wahl des Berufs, des Arbeitsplatzes und der Ausbildungsstätte (Art. 12 GG), die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 GG) und die Eigentumsgarantie (Art. 14GG) gewährleistet sind.

Die Umsetzung der systemverändernden bzw. -überwindenden Ansätze in den Positionen der Bundes- und der Landespartei in Gänze ist aber ohne die Missachtung zumindest einzelner Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung kaum vorstellbar. ‘DIE LINKE*‘ stellt jedenfalls programmatisch die „Systemfrage“, ohne ein alternatives System zu beschreiben, das mit dem Grundgesetz vereinbar wäre.

→ Solche Relativierungen liest man immer wieder beim Verfassungsschutz. Ich würde wirklich gerne wissen, wo denn die FDGO genau verletzt werden soll bzw. welche der im ersten zitierten Absatz dargestellten Grundsätze wie verletzt würden. Entweder kann man oder will man diese Frage nicht beantworten (denn dann gäbe es kaum eine Legitimierung mehr, die Linke zu überwachen).


Ach ja, und der bei Report Mainz gezeigte DDR-Flagge-Hisser und “Die Partei, die Partei, die hat immer Recht!”-Sänger war gar nicht von der Partei Die Linke, sondern von der Partei Die Partei (Die Partei, Neues Deutschland, junge Welt).

Tag 6 (Samstag, 15. Mai):

Heute gab es v.a. Berichte über den Parteitag der Linken, freilich auch oft undifferenziert und polemisierend BBotschaft meist: die Linke ist heillos zerstritten), aber NRW spielte in den Artikeln eher am Rande eine Rolle. Außerdem in der Presse:

Linkspartei in NRW: Scheitern soll es an den anderen (FAZ.net)

Die Linkspartei hat zwar verkündet, dass sie in NRW mitregieren will. In Wahrheit sind sich die Linken damit aber nicht ganz sicher. Ein Grund für das Zögern: Das Personal in Düsseldorf ist nicht ganz unproblematisch. (…)

Insgesamt aber überwiegt in der Bundesführung der Partei die Skepsis, dass ein solches Bündnis Heil brächte. Der bisherige Politikansatz „Wir und die anderen“, mit dem die Linkspartei gut gefahren ist, wäre endgültig dahin.

→ Aus der Partei selbst hört man ganz andere Stimmen. Wie kommt es, dass die Presse immer etwas anderes hört?

Doch das ist nichts Besonderes in der Linkspartei Nordrhein-Westfalens. Deren führende Politiker gehören zur „Antikapitalistischen Linken“ oder „Sozialistischen Linke“. Reformer, so heißt es in der Partei, schlössen sich wider ihrer Überzeugung einer dieser Strömungen an, weil sie sonst im Landesverband keine Karriere machen könnten.

→ Aber wenn das stimmt, hieße das nicht, dass vielleicht einige der Linken-Politiker gar nicht so radikal wären? Was denn nun?

Und dann kommen mal wieder Zitate aus der Report Mainz-Sendung. Außerdem geht es auch hier um die drei kurdischen Abgeordneten und die Yek-Kom.

Atalan sagt dazu, dass der Wahlaufruf von Yek-Kom nichts zu sagen habe; viele Migrantenorganisationen hätten zu seiner Wahl aufgerufen, weil er in der Flüchtlingshilfe aktiv sei.



Rot-grün-rote Gespräche: In NRW droht eine Koalition, die keiner will (Welt.de)

Die keiner will? Ganz sicher ist nur, dass die Springer-Presse sie nicht will, um keinen Preis. Ein paar Zitate aus dem Artikel: ” Hort des Wahnsinns” (wieder mal), “irrlichterndes Personal”,

Die meisten Mitglieder der elfköpfigen Fraktion im NRW-Landtag sind in den offen extremistischen Vereinigungen innerhalb der Partei wie der Sozialistischen Linken oder der Antikapitalistischen Linken organisiert und gehören zum „typischen Grauzonenfeld zwischen linken Bündnissen und Linksextremismus“, wie ein Verfassungsschützer meint.

→ Zuerst “offen extremistisch”, und dann sieht sie nicht mal der Verfassungsschutz als eindeutig extremistisch, sondern in einem mysteriösen “Grauzonenfeld”?

Außerdem, so die Welt, wollten die meisten der Abgeordenten der Linken angeblich nicht in die Regierung in NRW. Na dann muss sie sich ja keine Sorgen machen, oder?

Tag 7 (Sonntag, 16. Mai):

Sollte heute tatsächlich der erste Tag ohne Anti-Rot-Rot-Grün-Propaganda sein? Ich habe sicherlich nur etwas übersehen, oder es kommt noch was im Verlauf des Abends.

UPDATE:

Der Focus lässt seinem Hass mal richtig freien Lauf. Parteitag (danke an Recotard für den Hinweis!):

Linke in der Schwebe (Focus.de)

Wir sind die Guten

Ansonsten herrschte auf diesem Parteitag eine seltene Einmütigkeit in der Linken: Wir sind die Guten, weil wir die Einzigen sind, die raus wollen aus Afghanistan, weil wir schon immer gesagt haben, dass die Banken verstaatlicht und die Energiebetriebe “rekommunalisiert” werden müssen, dass Hartz IV ein Verbrechen und alle anderen Parteien ohnehin nur aus kaltherzigen Neoliberalen bestehen. Man kann das anmaßend und arrogant finden oder einfach auch nur dumm und lächerlich. Viele Konzepte der Linken sind schlicht realitätsuntauglich, da nützen auch die scharfen Worte Lafontaines in seiner Abschiedsrede nichts.

→ Fakten, Fakten, Fakten … Und dann wieder die Geschichte pragmatische Ost-Linke/ ideologische West-Linke, nur in Worten, die einen zweifeln lassen, ob es sich nicht doch um eine Satire handelt:

Man muss sich nur vor Augen führen, dass westliche Fundamentalisten bevorzugt gegen das “System” kämpfen und überall Kriegshetzer und Imperialisten sehen, während östliche Pragmatiker sich um Kita-Plätze kümmern und Stellen im öffentlichen Dienst abbauen



UPDATE:
Die Fernsehberichte über den Linken-Parteitag am Sonntag waren bei ARD und ZDF sogar noch relativ ausgewogen, im Deutschlandfunk/ Deutschlandradio Kultur allerdings extrem polemisch. Außerdem noch im Verlauf des Sonntags in den Medien:

Koalitionssuche in NRW: Zwischen Pest und Cholera (FAZ.net)

Auch wenn die Gegner eines Linksbündnisses in der SPD nicht in der Mehrheit sein dürften – ein Zusammengehen mit der Linkspartei würde die Sozialdemokraten vor eine Zerreißprobe stellen. Schon vor der Wahl haben konservative Sozialdemokraten wie der ehemalige SPD-Fraktionsvorsitzende Friedhelm Farthmann eindringlich vor einem Linksbündnis gewarnt: „Mit diesen Chaoten kann man nicht 18 Millionen Menschen regieren.“ Keinesfalls sei ein Bündnis mit der CDU ein Unglück für die SPD.

Ein anderer erfahrener Sozialdemokrat ist sich nun sicher: „Wenn wir ernsthaft beginnen, über ein Bündnis mit den Linken zu verhandeln, wird der Druck aus der Wirtschaft und den Gewerkschaften enorm.“ Und in Anspielung darauf, dass nicht nur die Forderungen, sondern auch die Biographien und Äußerungen der elf Mitglieder der neuen „Linke“-Fraktion im Düsseldorfer Landtag wohl noch häufig Anlass für ein verheerendes Medienecho bieten werden, fügt der SPD-Genosse, der anonym bleiben will, hinzu: „Alle wissen, dass ein Linksbündnis eine Hatz und eine Quälerei würde.

→ Die Meinung des linken Parteiflügels wird freilich nicht dargestellt. Wenigstens wissen wir schon jetzt, dass die FAZ bei der Medienhatz auf jeden Fall mit dabei sein wird. Oh, und wir erfahren später dann noch, dass die Linke in Bielefeld nicht zuverlässig sei. Na dann.


Ganz sicher ist, dass die Kampagne in der nächsten Zeit weiter gehen wird. Und sie wird weiter beobachtet.


UPDATE:

Kampagne gegen Rot-Rot-Grün in NRW, Tag 8-11

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Urban Priol über Merkels “alternativlose Politik” und Silvanas Rechenkünste

Aus der neuesten Folge von Neues aus der Anstalt: Urban Priol über die TINA-Politik von Angela Merkel, hinter der sich eigentlich eine völlige Konzeptionslosigkeit verbirgt, und über die Rechenkünste von Silvana Koch-Mehrin (FDP, INSM, “Praline”-Kolumnistin. Achso, und promoviert in Wirtschaftsgeschichte)

http://www.youtube.com/watch?v=8FuojlXaWoQ

Von der letzten Folge hatte das ZDF einen Clip auf Youtube gestellt (Kathedralen der spätkapitalistischen Dekandenz). Inwzischen hat es das Video aber entfernt. Hat das was mit diesem furchtbaren Rundfunkstaatsvertrag zu tun? Oder hat das die CDU verboten? Naja, egal, dann so:

http://www.youtube.com/watch?v=7F9CiuaIFVY

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Zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen

Bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen liegt derzeit (1:35 Uhr) immer noch sehr vieles im Unklaren. Es steht noch nicht fest, ob es für Rot-Grün reichen wird und auch nicht, ob die CDU oder die SPD nun die stärkste Partei ist. Fest steht nur: Schwarz-Gelb hat eine Niederlage erlitten. Politische Konsequenzen wurden bisher noch nicht gezogen. Bei Rüttgers ist dies aber wohl nur noch eine Frage der Zeit. Trotzdem (auch wenn das jetzt viele nicht gerne hören werden) wäre es natürlich zu wünschen, wenn Rüttgers in der CDU weiter eine Rolle spielen würde als Gegengewicht und einer der letzten Verbliebenen eines eher sozialeren Flügels. Dies wird aber wohl nicht der Fall sein. Auch manche Miniser aus seinem Kabinett, wie Karl-Josef Laumann oder Armin Laschet gehören, wenn man ehrlich ist, durchaus zu den besseren CDU-Politikern. Dennoch hat natürlich Rüttgers durch zahlreiche Skandale eine Hauptschuld an dem dramatischen Einbruch.

Bei der FDP sind vor allem recht aggressive Stimmen zu hören. Niederlagen einzugestehen passt nicht zu der neoliberalen “Ich bin der größte!”- Egoismus- Jeder-gegen-Jeden -Einzelkämpfer- Ideologie. Dennoch, und das ist das beste Ergebnis der Wahl: die FDP wird in NRW wohl kaum in einer Regierung vertreten sein, “Ampel” oder “Jamaika” sind so gut wie ausgeschlossen, und Schwarz-Gelb verliert die Mehrheit im Bundesrat. Hört man nun des Öfteren, Merkel hätte jetzt eine praktische Entschuldigung für einen eher behäbigen Regierungsstil, dann kann man dem entgegenhalten: um so besser. Besser, wenn solche Vorhaben wie die Kopfpauschale oder Steuersenkungen nicht durchkommen.

Die SPD hat im Vergleich zur letzten Landtagswahl nicht zugelegt, das stimmt, aber im Hinblick auf die letzten Wahlergebnisse der SPD und den politischen Stimmungstrend kann man es doch durchaus als eine Art Sieg bezeichnen (ob nun ganz knapp stärkste Partei oder ganz knapp zweitstärkste). Ganz klarer Gewinner sind natürlich die Grünen, und auch die Linke hat erstmals den Einzug ins Landesparlament geschafft.

Falls es für Rot-Grün nicht reichen sollte, besteht kein Zweifel, dass die nächsten Tage alle Kommentarspalten der Mainstream-Presse und noch mehr alle Sendungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten überfluten werden mit Warnungen vor einer Koalition mit “den Extremisten”, Panikmache vor den “Kommunisten” und den “linken Chaoten”, vor Verstaatlichungen und einer Neuauflage der DDR. Wenn die Wunschkoalitionen Schwarz-Gelb oder Schwarz-Grün nicht möglich sind, werden sie für eine Große Koalition kämpfen – und v.a. mit allen Mitteln gegen Rot-Rot-Grün.

Der Staatsfunk musste natürlich schon am Wahlabend sofort Propaganda gegen Rot-Rot-Grün machen. Sollte es bei der “Elefantenrunde” im ZDF ja v.a. um die Wahlergebnisse gehen, geriet sie zu einer reinen Anti-Rot-Rot-Grün-Propaganda-Farce, nicht nur seitens Union und FDP, sondern auch von Seiten des Moderators  (war dieser selbsternannter “Terrorismusexperte” eigentlich  neutral genug, die “Elefantenrunde” zu moderieren? Ganz und gar nicht.) Und natürlich kommt keine Sendung ohne Lafontaine-Kritik aus. So durfte ein Hinweise auf eine Blockade-Haltung des damaligen SPD-Vorsitzenden, iih!, Lafontaine, nicht fehlen (dasselbe machte übrigens Tom Buhrow später bei den Tagesthemen), genauso wie Suggestivfragen oder Bezeichnungen wie “Chaotentruppe” und “nicht regierungsfähig” in Richtung Bartsch, der für die Linke anwesend war. In der Runde wie bei der ZDF-Berichterstattung wurde immer und immer wieder die Frage nach rot-rot-grünen Bündnissen gestellt und davor beständig gewarnt. Die Moderatoren wirkten auch insgesamt ziemlich betrübt – naja, kein Wunder. Und als Gäste waren Giovani di Loenzo und Helmut Markwort im Studio. Was für eine ausgewogene Kombination! Bei der nächsten Wahl dann als “Experten” im ZDF: Franz Josef Wagner und Henryk M. Broder. Bei ARD und WDR war es wenigstens etwas ausgewogener, auch wenn dort Warnungen vor den bösen und nicht regierungsfähigen Linken nicht fehlen durften.

Haben SPD und Grüne auch nur genau die erforderliche Mehrheit, wird es ganz sicher diese Koalition geben. Reicht es aber für Rot-Grün (und dann auch für Schwarz-Grün) nicht, ist Rot-Rot-Gün die einzige Chance für einen wirklichen Politikwechsel. Sicher, eine eher gemäßigte NRW-CDU und eine rechte NRW-SPD könnten sich wohl recht gut verstehen, die Politik würde sich wohl aber nicht sehr von der unter Schwarz-Gelb unterscheiden. Und stellt die CDU den Ministerpräsidenten und macht die SPD sich wiederum willentlich zum Juniorpartner der CDU, wäre das politisch schlecht und taktisch unklug. Etabliert man hingegen eine Koalition ohne CDU und FDP, kann man gegen die drohenden Maßnahmen der Bundesregierung eine viel effektivere, glaubwürdigere und öffentlichkeitswirksamere Gegenstrategie fahren. Die Linken in NRW sind gewiss nicht der Landesverband, mit denen eine Koalition am nächsten liegt, aber sie sind auch nicht die Radikalen, als die die Systemmedien sie darstellen wollen. SPD und Grüne könnten hier eine wirkliche Opposition gegen das bürgerliche Lager aufzubauen beginnen, die auch im Bund dringend notwendig ist.

UPDATE (2:38):

Das vorläufiges Ergebnis der Landeswahlleiterin ist da. Danach erhalten die CDU 67 Sitze, SPD 67, Grüne 23, FDP 13 Sitze, Linke. Weder Rot-Gün noch für Schwarz-Grün hat also die erforderliche Mehrheit (91 Sitze). Die CDU hat 6200 Stimmen mehr als die SPD.

Ich würde gerne an eine rot-rot-grüne Koalition glauben, doch ich halte es für höchst unwahrscheinlich. Die SPD wird sich ihrer “staatstragenden Verantwortung” bewusst werden, nicht mit “den Extremisten” zu koalieren. Die großen Herausforderungen erfordern es, dass jetzt “alle Demokraten zusammenstehen”. Die Regierung baucht Unterstützung und Zusammenarbeit! Und immerhin habe das der Wähler so gewollt! Die Bundesregierung wird die schlimmsten ihrer Vorhaben, die sie ohnehin nicht durchsetzen könnten, wie die Kopfpauschale, auf Eis legen, und das werden die Medien als Rechtfertigung heranziehen. Die Finanzmärkte werden nicht angetastet, vielleicht wird man eine etwas höhere Bankenabgabe einführen. Steinbrück wird 2013 Kanzlerkandidat und Vizekanzler einer Großen Koalition.

Ich hoffe, dass ich mich irre.

Links zum Thema:

Kommentar von Philip Grassmann (Der Freitag): Mut zur Alternative

F!XMBR: Nach der NRW-Wahl

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Kathedralen der spätkapitalistischen Dekadenz

Aus einer wieder mal richtig genialen Folge von “Neues aus der Anstalt”:



http://www.youtube.com/watch?v=gwoKeSXXhnQ

UPDATE: Warum hat das ZDF das Video aus dem Netz genommen? Hat das was mit diesem furchtbaren Rundfunkstaatsvertrag zu tun? Oder hat das die CDU verboten? Naja, egal, dann so:

http://www.youtube.com/watch?v=7F9CiuaIFVY

Ach, und sehr hörenswert ist auch die letzte Blue Moon-Folge mit Robert Misik als Gast (der Podcast ist aber leider nur bis nächsten Montag online).

Ängstliche Konservative versuchen die Deutungshoheit über unsere Gesellschaft an sich zu reißen. Dazu bedienen sie sich einer “Politik der Paranoia”. Sagt der österreichische Autor Robert Misik in seinem gleichnamigen Buch. Sie verlangen seit langem »weniger Staat«, zumindest in der Wirtschaft; wenn es um die Bespitzelung der Bürger geht, sehen sie das nicht so eng. Sie haben die Finanzströme dereguliert, die Sozialsysteme betrachten sie als unmoralisch, weil die Faulen dadurch belohnt werden. Misiks Plädoyer zeigt, dass eine moderne Politik der sozialen Gerechtigkeit den konservativen Konzepten überlegen ist. Robert Misik kommt heute im Blue Moon vorbei, um zu erklären, was er damit meint und wie man das Problem möglichweise lösen kann.

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TV-Tipp: Wie viel Sicherheit verträgt die Demokratie?

Sehr sehenswert war die letzte Ausgabe von Quarks & Co “Nackt aber sicher? Wie viel Sicherheit verträgt die Demokratie?” (Video).

Dort berichtet Andrej Holm über die Umstände seiner Verhaftung als angeblicher “Terrorist” und es wird klar gemacht, wie die sogenannten “Anti-Terror-Gesetze” zu einer Gefahr für den Rechtsstaat und die Freiheit geworden sind. Eine viel unmittelbarere und realere Gefahr als die, vor die sie angeblich schützen sollen. Denn, auch das zeigt die Sendung sehr gut, es ist ein psychologisches Phänomen, dass  relativ große Risiken oft als geringer empfunden sind, als sie tatsächlich sind, und solche Bedrohungen oft die größte Angst verursachen, die in Wirklichkeit sehr gering oder gar nicht vorhanden sind. Dieser Angst wird ausgenutzt und gezielt geschürt:  zum Ausbau von immer mehr Maßnahmen und Gesetzen zur Überwachung und zum Entzug von Freiheit und Bürgerrechten. Angeblich soll dies der Sicherheit dienen, auch wenn das, wie die Sendung zeigt, bei fast allen diesen Maßnahmen nicht der Fall ist. Die Frage im Titel ist also eigentlich nicht wirklich richtig gestellt. Sie sollte eher lauten: wie stark wollen wir unsere Demokratie noch beschneiden für eine nur vermeindliche Sicherheit?

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Ohne Vorratsdatenspeicherung drohen uns ganz und gar unermessliche Gefahren!!!

Nach dem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung beginnen die Medien bereits mit einer Kampagne, dass nun ohne eine Vorratsdatenspeicherung unermessliche Gefahren drohen könnten. Warum dies getan wird, liegt relativ nahe: man will unbedingt eine Neuauflage erreichen; und auch, dass dabei eher Panik geschürt statt sachlich berichtet wird, ist wenig überraschend.  Aber wie Politik, Sicherheitsbehörden und Medien dann genau vorgehen, ist dann doch relativ absurd.

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Am Tag der Entscheidung des BVerfG waren bereits kurz nach der Urteilsverkündung die ersten Medlungen in den Radio-Nachrichten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, dass Sicherheitsbehörden, Innenminister, CDU o.ä. das Urteil heftig kritisierten (und das wurde verkündet, noch bevor das Urteil überhaupt erst mal erklärt wurde), dass nun zehntausende (sic!) Verbrechen nicht mehr aufgeklärt werden könnten und unglaublich viele furchtbare und ganz unmittelbare Gefahren lauerten. Selbstverständlich wurde das dann auch so berichtet, als wäre es die objektive Wahrheit.

Diese “Nachrichten” waren in keiner Weise um Neutralität oder Objektivität bemühte Meldungen, sondern ganz klare, überaus einseitige, aber in ihrer Plumpheit auch hoffentlich von vielen Zuhörern durchschaute Kampagnen. Im heute-journal kam nach einer anfangs sehr guten Einleitung dann aber in einem langen Interview ein Hardliner aus dem Bund der Kriminalbeamten (BdK) zu Wort. Ganz vorne bei der Propaganda mit dabei ist natürlich die Springer-Presse. Auch das ehemalige Nachrichtenmagazin schürt fleißig Panik, aber sogar die Süddeutsche beteiligt sich.

(2)

Im ganzen Internet (oder, wie es meist heißt, „Cyberspace“) drohe, so der Tenor dieser “Berichte”, an allen Ecken und Enden Online-Betrug, Kinderpornografie oder Terrorismus, überall werden ständig Anschläge geplant oder – ich weiß leider nicht mehr, ob es ZDF oder Deutschlandradio war – es werden sogar Einbrüche geplant (das haben die wirklich so gesagt!)! Ja, wer kennt das nicht, ein paar Minuten nur in diesem komischen Internetz sind schlimmer als ein Leben in den härtesten Bezirken von Rio de Janeiro oder den schlimmsten Ecken Johannesburgs! Wenn man da nicht Acht gibt, kann einem ja so gut wie alles passieren! Das Web ist böse.

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Und v.a.: so gut wie alle denkbaren Verbrechen werden ja dort, wenn nicht begangen, so doch geplant, und auch abseits dieses Cyberspace droht nun, da die Vorratsdatenspeicherung erst einmal gestoppt ist, überall alles. Der bayrische Innenminister warnt sogar, dass der “rechtlose Zustand” gar Menschenleben kosten könnte. Doch nicht nur mehr oder minder schwere Straftaten, die Latte wird gezielt immer weiter nach unten gesetzt. So beklagt der BdK (erwähnt in dem selben Spon-Artikel) , dass auch etwa Beleidigung im Internet nicht mehr aufgeklärt werden könnten. Und das, Zitat BdK, “können wir nicht hinnehmen”. Nein, das können wir nicht! Wo kämen wir denn da hin?Ganz Deutschland droht ja schon jetzt in Chaos und Verbrechen zu versinken! Alles ist jetzt möglich! Ob Einfuhrschmuggel von Waffen oder Betäubungsmitteln, oder angedrohte Amokläufe und Bombelegungen – überall sind nun der Polizei die Hände gebunden! Und man könnte nun selbst – und das wird tatsächlich von der Polizei so kommuniziert! – gegen Suizidankündigungen oder bei Vermisstenfällen nicht mehr vorgehen. Oder, ganz klar, man brauche die Vorratsdatenspeicherung, so der bayrische Innenminister, um “verunglückte Bergsteiger zu retten”. Die Grenzen zur Realsatire sind wirklich fließend.

Man muss es sich wirklich mal vor Augen führen: da werden wahllos auch noch so große Gefahren aufgebauscht, gar Gefahren für Menschenleben behauptet, von den gleichen Seiten dann aber auch direkt so etwas wie Betrug oder gar Beleidigungen quasi auf die selbe Stufe gestellt, und unsere Qualitätsmedien nehmen das alles völlig komentar- oder kritiklos hin. Und es stört auch nicht, dass dank dem BVerfG der Zugriff auf die Daten ja auch bisher auf schwere Straftaten beschränkt war und die Verfolgung oder Verhinderung der meisten genannten Delikte ja auch bisher gar nichts mit der Vorratsdatenspeicherung zu tun hatte (und es daher auch keine Veränderungen geben wird).

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Es muss nicht erwähnt werden, dass dieses Strategien höchst unseriös sind und natürlich in erster Linier dazu dienen, bei den nicht so sehr mit Technik und v.a. dem Internet vertrauten Bürgern Panik zu schüren (etwas komisch mutet es dennoch an, dass etwa die Telefonverbindungsdaten kaum angesprochen werden). Dass der Satz „das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein“ nun mal wieder an allen Ecken und Enden zu hören ist, versteht sich von selbst. Auf tatsächliche Argumente, Beweise, dass die Vorratsdatenspeicherung wirklich so nützlich in Verbrechensaufklärung oder -verminderung ist, wie behauptet wird, wartet man natürlich vergebens.

Kein Beispiel scheint zu absurd, kein Zusammenhang zu konstruiert, um die angeblichen Gefahren, die ohne Vorratsdatenspeicherungen drohen, an die Wand zu malen. Jedes Verbrechen oder Vergehen, jede Ordnungswidrigkeit kann genannt werden, gegen die man dann keine Handhabe mehr hätte – man muss sich nicht wundern, wenn demnächst z.B. illegaler Handel mit Atomwaffen, Autodiebstahl oder Nichtentfernen von Hundekot auf Bürgersteigen nun ganz bedrohlich würden, weil es keine Vorratsdatenspeicherung mehr gibt.

Denn das ist klar: niemand ist mehr sicher!!!

Bildquellen:

(1) Dirk Adler / http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de

(2) Vaguely Artistic / http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/deed.de

(3) Bram  Opstaele / http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/deed.de

(4) Cole  Henley / http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/deed.de

[Diesen Beitrag kann man auch beim binsenbrenner.de lesen.]

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Happy Birthday, Simpsons!

Happy Birthday! Vor 20 Jahren lief die Serie “Die Simpsons” zum ersten mal im amerikanischen Fernsehen. Dazu die Tagesschau: 20 Jahre “Die Simpsons”: Gelb, chaotisch und erfolgreich

Sehr schön daraus:

Henry Keazor: “Die Simpsons sind Weltliteratur.”
George Bush: “”Wir brauchen mehr Familien wie die Waltons und weniger wie die Simpsons”

Stimmt, da war ja was …

http://www.youtube.com/watch?v=l3nQ6DbGWvw

Dann doch lieber:

http://www.youtube.com/watch?v=1aBaX9GPSaQ

Ach, und noch einer:  heute vor genau 100 Jahren, am 19. Dezember 1909, wurde der Ballspielverein Borussia 09 e. V. Dortmund gegründet. Herzlichen Glückwunsch!

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