Tocotronic: Die Unendlichkeit

printzip März 2018Während die deutschsprachige Belletristik-Literatur und der deutsche Film oft noch an der – schon immer sonderbaren – Trennung zwischen „ernsthafter“ und „Unterhaltungs“-Sparte festhalten und entweder trockene, anstrengend-verkünstelte Kost oder leichte, niveaulose Konservenware produzieren, schaffen es deutsche Musiker wie Tocotronic eingängige Musik mit anspruchsvollen Texten zu verbinden. Die inhaltliche Gestaltung des neuen Album Die Unendlichkeit ist eher ungewöhnlich für die Band. Die Songs erzählen Episoden aus dem Leben des Sängers Dirk von Lowtzow, Geschichten aus der Vergangenheit, von der Kindheit über die rebellische Jugend, über Verluste bis zum eigenen Tod und der Nachwirkung. Ein vertontes Tagesbuch bis in die Zukunft. Bisher hat man ähnliches nur in einzelnen Titeln von Tocotronic gehört. (more…)

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U2: Songs of Experience

U2 Songs of ExperienceIn den letzten Wochen erregten U2 vor allem dadurch Aufmerksamkeit, dass der Name des Sängers Bono in den Paradise Papers auftauchte. Solange die Sachverhalte dort aber nicht eindeutig geklärt sind, widmen wir uns lieber dem Eindeutigen, dem Musikalischen, genauer: dem neuen U2-Album Songs of Experience.

Dieses bietet soliden, eingängigen, melodischen, perfekt arrangierten Rock. Mancher mag die Originalität vermissen. Alledings: An den Stellen, an denen doch einmal ein wenig experimentiert wurde, funktionierte es meist nicht gut, wie beim Nutzen von Autotune beim Opener. Warum dann auch nicht beim Altbewährten bleiben?

Die Texte drehen sich oft um Liebe, viele sind als persönliche „Briefe” verfasst. Einige wirken aber etwas banal, in der Art von Mutmach-Sprüchen. Wird es mal politischer, geht es um Tend-Themen wie Flüchtlinge und Kritik an Trump. Kein mutiges Album. Aber es zeigt, warum U2 so groß wurden, wenn sie selbst mit einem durchschnittlichen Album eine solche Qualität liefern.

(Monatsmagazin printzip, Januar 2018)

CD | Island Records |  2017 | Pop-Rock | 13 Songs | 51 Minuten (Deluxe Edition: 17 Songs | 68 Minuten)

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In Extremo: 40 wahre Lieder

2 CDs (40 Songs)

Die Mittelalter-Rock-Band In Extremo liefert mit 40 wahre Lieder eine Zusammenstellung der Höhepunkte aus über 20 Jahren Bandgeschichte. Dabei wird es nie langweilig. Manchmal stehen die mittelalterlichen Instrumente wie Marktsackpfeife, Harfe, Cister oder Schalmei im Vordergrund. Manchmal geht die Musik in Richtung Metal oder Deutschrock. Mal singt der Sänger „Das Letzte Einhorn” mit seiner markanten Stimme neue Texte auf deutsch, dann werden mittelalterliche Gedichte, Balladen oder die Merseburger Zaubersprüche vertont mit Texten auf Latein, Althochdeutsch oder -norwegisch. Einzig durch die Aufteilung der beiden CDs nach den ersten und den letzten 10 Jahren sind die Höhepunkte eindeutig auf der ersten CD zu finden. Wer noch keine CD von In Extremo hat, sollte mit diesen einsteigen.

Limited Fanbox
mit 2 CDs (40 Songs)
+ 3 DVDs oder 2 BluRays (59 Songs plus Doku)

Die limitierte Fanbox-Edition enthält neben den CDs zwei Blu-Rays (bzw. drei DVDs) mit den beiden Konzerten des „Wahre Jahre-Jubiläums“ auf der beeindruckenden, von den Kameras toll eingefangenen Kulisse der Loreley-Bühne 2015, dazu die bisher unveröffentlichte Akustikshow einen Tag vorher. Die Band bezeichnet diese als ihre bisher aufwändigsten und spektakulärsten Liveshows. Außerdem gibt es noch die WDR-Rockpalast-Doku “Verehrt und angespien – IN EXTREMO – Die Doku“.
Einen Becher Wein oder ein Horn Met einschenken und genießen.

Vertigo / Universal Music | 2017 | Mittelalter-Rock  | FSK 0

(Monatsmagazin printzip,  Oktober 2017)

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Sherlock Holmes – Das Musical

Sherlock Holmes MusicalRudi Reschke spielt bei den Bad Hersfelder Festspielen im Musical “Titanic”. Doch nicht nur das: Er hat auch selber ein Musical über Sherlock Holmes entwickelt und mit weiteren Mitgliedern des Titanic-Ensembles eingeübt. Erstmals öffentlich aufgeführt wurde es am 17. August in einer konzertanten Lesung, am Klavier begleitet durch den Komponisten und Liedtexter Christian Heckelsmüller.

Etwa 100 Zuschauer*innen waren in die Festspiel-Factory gekommen. Bei ihnen kam das Stück gut an, vor allem die Gesangsnummern wurden mit Applaus bedacht. Die Handlung ist an klassische Holmes-Fälle und reale Ereignisse angelehnt, hat jedoch einige neue Ideen. Holmes und Watson haben hier Söhne, die sich einen Wettstreit mit ihren Vätern bei der Aufdeckung eines Mordes im London Anfang des 20. Jahrhunderts liefern.

Das Flair ist überwiegend nostalgisch, es gibt aber auch ein paar aktuelle Anknüpfungspunkte. Neben Gesang und Tanz könne ein Musical auch politische Anleihen aus der Gegenwart nehmen, erläutert Reschke gegenüber dem printzip. Für das Musical würde nun ein Produzent gesucht. “Wenn es Ihnen gefallen hat, schreiben Sie doch mal Herrn Wedel”, sagte er am Ende des Stücks dem Publikum.

Monatsmagazin printzip, September 2017

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Coldplay: Kaleidoscope

CD | EP | Warner Music | 2017 | Pop-Rock | 5 Songs | 25 Minuten

Wem (auch) die letzen mehr in Richtung Elektro-Pop gehenden Alben von Coldplay gefielen, kann sich mit der EP Kaleidoscope wunderbar die Wartezeit auf das nächste Album vertreiben.

Los geht es auf “All I Can Think About Is You” mit sphärischen Klängen, die sich dann steigern in den typischen Coldplay-Sound zwischen Schwelgen und Bombast. Bei “Miracles (Someone Special)” ist der Rap-Part von Big Sean sicherlich Geschmackssache. “A L I E N S” hat für Coldplay etwas umgewohnte Beats, aber gewohnt eingängige melodische Gesänge, die in Streichern ausklingen. Der Hit “Something Just Like This” mit The Chainsmokers ist zwar schon sehr auf kommerziellen Erfolg aufgelegt, dafür aber einfach gut. Er ist auf der EP in einer eingängigen und mitreißenden Live-Remix-Version enthalten, die besser als das Original ist. “Hypnotised” fällt als Ausklang deutlich ab, ähnliche Lieder hat man von der Band schon oft gehört.
Insgesamt das, was zu erwarten war – und das könnte schlechter sein.

Monatsmagazin printzip, September 2017)

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Die Toten Hosen: Laune der Natur

Die Toten Hosen Laune der Natur CD Cover
Laune der Natur | JKP | 2017 | Punk/ Rock| 15 Songs

Wir gehen nicht aus dem Weg mit unseren Kommentaren zu Pop und Politik“, singen Die Toten Hosen im Song „Pop & Politik“. Tatsächlich ist dies aber der einzige wirklich politische Text auf Laune der Natur. Vielmehr liefern sie ein sehr persönliches und oft melancholisches Album, geprägt vom Tod des langjährigen Hosen-Managers Jochen Hülder und ihres ehemaligen Schlagzeugers Wölli, dessen Gesangs-Tonspur auf „Kein Grund zur Traurigkeit“ noch einmal zu hören ist. Aus „Viva la Revolution“ (aus dem Album „Opium für das Volk“ von 1996) wurde „Hasta la Muerte“. Die Texte gleiten dabei glücklicherweise kaum ins Sentimentale ab, allerdings sind einige Zeilen doch sehr phrasenartig. Neben dem punkigen Opener „Urknall“ und leichten Reggea-Tönen auf „Wannsee“ wird musikalisch vor allem das geboten, was die Hosen nun schon seit vielen Jahren in bewährter Art und Weise liefern: zu harten Gitarren Melodien, die ins Ohr gehen und zum Mitsingen einladen (samt den obligatorischen ohoho-Chören) – ohne diesmal zu bemüht kommerziell zu sein. (more…)

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Interview mit WIZO: Leute politisieren

WIZODie Band WIZO steht seit 30 Jahren für Punk-Rock-Musik mit wütenden, traurigen, ironischen, meist jedoch hochpolitischen Texten. Ich sprach mit Sänger Axel Kurth darüber, ob und wie sich WIZO mit den Jahren verändert hat, auch angesichts politischer und gesellschaftlicher Veränderungen, und darüber, was Künstler*innen politisch bewirken können.

Das Interview lesen

Fotos vom WIZO-Konzert in Eschwege

erschienen im Monatsmagazin printzip, Ausgabe 11/2016

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Michael Krebs und die Pommesgabeln des Teufels: An mir liegt’s nicht

michaelkrebs-amln_coverMichael Krebs und die Pommesgabeln des Teufels halten auf ihrem neuen Album An mir liegt‘s nicht der Gesellschaft den Spiegel vor. Nicht nur Rechten und Ignoranten, auch Leuten, die mit ihrer eigenen politischen Korrektheit arrogant („Ach echt, du wirst jetzt Vegatarier – Also ich leb ja schon lang vegan. Du bist für die Schwulenehe – ich hab schon ‚ ‘nen Mann“ aus dem Titelsong „An mir liegt‘s nicht“) oder verkrampft („Lachen“) umgehen, kriegen ihr Fett weg. In „Vorfahrt für Bildung“ tragen Kinder die Vorschriften und endlosen bürokratischen Abläufe beim Bau einer neuen Schule vor. In „Das Einzige was fehlt“ geht es um den Überfluss; „Traurige Lieder“ karikiert sentimentale deutsche Song-Poeten; „Nicht gut genug“ stellt den Druck der Leistungsgesellschaft dar. Das alles kommt jedoch unverkrampft und keineswegs altbacken daher. Es wundert nicht, dass Michael Krebs mit Marc-Uwe Kling („Die Känguru-Chroniken“) auf Tour geht. Auch wenn vor allem die Texte im Vordergrund stehen, ist nicht zu überhören, dass Krebs ausgebildeter Pianist ist.

Daten: Michael Krebs und die Pommesgabeln des Teufels: An mir liegt‘s nicht  | CD | Broken Silence | 2016 | Liedermacher

 

erschienen im Monatsmagazin printzip, Ausgabe Oktober 2016

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CD – Kafkas: St. Helena

st-helena-coverDie Fuldaer Band Kafkas war ursprünglich eine Punk-Band. Auf ihrem am 26. August 2016 erschienen Album St. Helena bietet sie nun jedoch eine bunte Mischung an musikalischen Stilen. Anfangs dominieren vor allem Elektropop-Klänge. Später machen diese Gitarren und Indie-Rock-Anleihen Platz, die musikalisch deutlich reifer wirken und besser zu den Texten passen. Trotz der Abwechslung in den Stilen haben die Songs allesamt ihre Melodik gemein. (more…)

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