Inglourious Basterds

Die Handlung: mehr von den Basterds wäre mehr für den Film

Zunächst einmal: Inglorious Basterds ist, wie alle Tarantino-Filme, ein sehr guter und sehr unterhaltsamer Film. Gute Schauspieler, eine gute Handlung, viele Dialoge und trotzdem Action. Schöne Kulissen und schöne Musik.

Und doch: obwohl die Inglorious Basterds titelgebend für den Film sind, stehen sie doch nur zum Teil im Mittelpunkt der Handlung. Sehr viele von ihren Akivitäten bekommt man insgesamt leider nicht zu sehen. Der zweite Handlungsstrang der Jüdin Shosanna, die unter einer anderen Identität in Paris ein Kino betreibt, in welchem sich zahlreiche Nazi-Größen zu einer Filmpremiere treffen wollen, hätte für meinen Geschmack etwas mehr in den Hintergrund treten können. Mehr von den Basterds hätte dem Film besser getan.

Schade ist, dass einige Punkte der Handlung nicht erklärt wurden: wie Shosanna an das Kino kam, warum Hugo Stiglitz Nazis umgebracht hat, warum Bridget von Hammersmark eine Doppelagentin ist (und wie eine Schauspielerin eine Doppelagentin sein kann) oder einfach, was die Basterds so außergewöhnlich macht, dass sie so erfolgreich so viele Nazis umbringen können.

Englisch, Deutsch, Französisch

Ich oute mich hier mal als allgemein eher einen Freund der Synchronisation von Filmen. Jedoch ist in diesem Fall unbedingt zu raten, sich die Originalversion anzusehen. Der Film ist auf Deutsch, Englisch und Französisch (und ein paar Sätze Italienisch) gedreht. Für die verschiedenen Rollen wurden stets Muttersprachler besetzt. In der deutschen Version sind die englischen Passagen synchronisiert (die französischen bei beiden untertitelt).

Jedoch lebt der Film gerade von seiner Mehrsprachigkeit und den Schauspielern aus unterschiedlichen Ländern. Der absurde Akzent von Brad Pitt und gerade die aberwitzigen Szenen, wo die Amerikaner (kläglich) versuchen, etwas einigermaßen Italienisch klingendes herauszubekommen oder die Szene, in der der leichte Akzent des Engländers Lt. Archie Hicox einen SS-Offizier misstrauisch macht, sind große Stärken des Films und dürften kaum adäquat in der Synchronisation wiederzugeben sein.

Die Schauspieler

Wie erwähnt fällt Brad Pitt als Aldo the Apache v. a. durch einen herrlich übertriebenen Akzent auf. Sein Schauspiel aber wirkt dann doch an manchen Stellen vielleicht etwas zu übertrieben. Die anderen Basterds, u. a. Eli Roth, agieren insgesamt eher etwas unauffällig. Til Schweiger hat zum Glück nicht so viele Sprechszenen 😉 und kommt dadurch ganz gut rüber. Auch Gedeon Burkhard kann überzeugen.

Mélanie Laurent, die Shoshanna Dreyfus spielt, ist für mich insgesamt ganz gut, aber nicht wirklich hervorragend. Michael Fassbender macht seine Sache ok. Diane Kruger, die ich sonst nicht unbedingt für eine sehr gute Schauspielerin halte, wirkt hier aber in den ersten Szenen (in dem Keller) recht gut, wird danach aber (z.B. in den englischen Szenen mit einem merkwürdig-falschen deutschen Akzent) schwächer.

In den Nebensrollen gefällt mir Daniel Brühl als Fredrick Zoller nicht so sehr (ok, seine Figur finde ich auch nicht sympathisch). Sehr gut agiert aber wiederum meiner Meinung nach August Diehl  als Dieter Hellstrom, der dabei an Christopher Walken erinnert. Sylvester Groth sieht zwar seit “Mein Führer” seiner Rolle Joseph Goebbels immer noch nicht ähnlich und macht auch hier einen furchtbar falschen rheinischen Akzent nach, jedoch kommt seine schmeirige Art schon sehr gut rüber. Martin Wuttke liefert eine passende Karrikatur von Adolf Hitler (ich finde ja die Szenen, wo er diesen Königsumhang trägt, immer noch eine gute Satire). Auch in vielen anderen kleineren Rollen sind mal deutsche Schauspieler in Hollywood zu sehen, die durchaus sicher agieren.

Im Gedächnis bleiben wird auch noch Mike Myer als britischer General. Rod Taylor hat einen leider nur sehr kurzen Auftritt als Winston Churchill. Nicht gefallen hat mir Denis Menochet als Perrier LaPadite (Milchbauer in der Anfangsszene).

Schließlich natürlich Christoph Waltz als Hans Landa. Er spielt in vier Sprachen und er kann in jeder überzeugen. Für diese Verkörperung seiner Rolle hat er tatsächlich eine Oskarnominierung verdient.

Die Rollen und Tarantinos Manierismen

Apropos die Rolle Hans Landa: Tarantino meint, dass diese die großartigste Figur, die er je geschrieben hat, sein könnte.  Doch ist diese Figur eine wirklich neue in Tarantinos Filmen? Ich denke nicht. Für mich steht sie vielmehr in ihren Eigenschaften und ihrem Verhalten in einer Reihe mit Figuren aus den meisten Filmen, die Tarantino geschrieben oder bei denen er Regie geführt hat: Mr. Blonde (gespielt von Michael Madsen) in Reservoir Dogs, Vincent Coccotti (Christopher Walken) in True Romance, Jack Scagnetti (Tom Sizemore) in Natural Born Killers, O-Ren Ishii (Lucy Liu) in Kill Bill oder (schwächer) Jules Winnfield (Samuel L. Jackson) in Pulp Fiction. All diese Figuren sind (zuerst) vordergündig sehr ruhig und cool, manchmal auch freundlich und nett, teilwiese höflich und kultiviert, um dann plötzlich höchst aggressiv auszubrechen, Menschen zu foltern, zu erschießen, zu erwürgen oder zu köpfen.

Und auch bei den anderen Rollen sehe ich in Tarantinos Filmen gewissermaßen einen Trend zur Annäherung der Rollen untereinander. Sehr überspitzt könnte man sagen, dass in Inglorious Basterds viele Rollen sich sehr ähnlich verhalten oder sagen wir es so: in einer Situation nahezu das selbe (und auch in der selben Art) sagen würden, wie es auch eine andere Figur machen würde. Gerade eine für Tarantinos Regie charakteristische Weise eines “coolen”, eher langsamen, bedächtigen Sprechens (als sage man gerade das wichtigste auf der Welt – in den meisten Filmen meist aber profaner Inhalte – als Beispiel etwa Harvey Keitel in Pulp Fiction, George Clooney in From Dusk till daw u. a.) nimmt für mich hier etwas überhand. Gerade die Rolle der Shoshanna leidet darunter. Oder auch die Szene in der Kellerkneipe: so cool sie auch ist, ist sie doch deulich unrealistisch (ja, ich weiß, darum geht es in dem Film auch nicht unbedingt): gerade dadurch, dass deutsche Soldaten der 40er in einem Habitus agieren wie vielleicht sagen wir Amerikaner der 90er Jahre.

Kurz: Tarantino übertreibt es mit manchen seiner Manierismen.  Dies hatte in seinem letzten Film Death Proof schon deutlich überhand genommen, den ich für den schwächsten seiner Filme halte. Gerade die Eigenheiten von Tarantinos Filmen haben ihnen ja zu ihrem Kultstatus verholfen, aber er nimmt sich vielleicht dabei doch etwas zu viel heraus, was die Filme schwächt. So auch hier. Ein insgesamt sehr guter Film bekommt damit manchmal doch einen etwas trüben Beigeschmack.

Wenn Gut und Böse verschwimmen

Und dieser zeigt sich besonders drastisch an einer anderen Eigenart von Tarantinos Filmen: dem Verschwimmen von Gut und Böse. Der Hauptschurke Landa hat (v. a. durch die Darstellung von Waltz) einige durchaus charismatische Züge. Die Basterds sind zwar die Helden des Films und zweifelsohne auf der richtigen Seite, sie gehen jedoch auch überaus brutal und sadistisch vor.

Im Film fehlt zudem, bis auf die Eingangsszene und ein paar kurze Worte (z.B. von Aldo an seine Männer) eine Darstellung der abscheulichen Verbrechen der Nazis. So etwas sollte in einem Film über den zweiten Weltkrieg nicht fehlen, gleichwohl, was es für ein Film ist. Falls man von Geschichte absolut keine Ahnung hätte, könnte man sogar zu dem Ergebnis kommen, dass das Vorgehen der Basterds vielleicht übertrieben oder Unrecht ist. Und so hat das auch Tarantino bestimmt nicht gewollt.

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