Die Einigung zu Hartz IV: Nur geringe Verbesserungen
Man hat sich also geeinigt bei den neuen Hartz-IV-Sätzen: Fünk Euro mehr gibt es dieses Jahr (rückwirkend zum 1. Januar), noch mal drei Euro nächstes Jahr. Diese Erhöhung liegt jedoch nur im Rahmen der Lohn- und Preisentwicklung – an Verbesserungen wurde hier also im Endeffekt gar nicht erreicht. Die Regelsätze für Kinder bleiben unverändert.
Auch die anderen Veränderungen am Gesetz sind von durchaus überschaubarer Reichweite. 400 Millionen Euro sollen zur Umsetzung des Bildungspaketes zur Verfügung gestellt werden, vor allem die Kommunen bekommen hierfür nun mehr Geld zugesprochen. Der Empfängerkreis des Bildungspaketes wurde ein wenig ausgeweitet; die Höhe der Sätze für die Kinder und Jugendlichen bleibt aber.
Für das Wach- und Sicherheitsgewerbe sowie die Weiterbildungsbranche soll es künftig über das Arbeitnehmer-Entsendegesetz Mindestlöhne geben, für Zeitarbeiter über das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Die Branchen hatten diese jedoch bereits vereinbart. Außerdem muss man anmerken, dass selbst die Union und die Arbeitgeberverbände für Leiharbeiter ohnehin Mindestlöhne beschließen wollten. Eine gleiche Entlohnung von Stammbeschäftigten und Leiharbeitern gibt es weiterhin nicht. Die Hartz-IV-Reform soll am Freitag im Bundesrat beschlossen werden. (more…)
Die schwarz-gelbe Bundesregierung ist heute auf den Tag ein Jahr im Amt. Wie fällt ihre Bilanz aus? Hier sollen ein paar der wichtigsten Programme und Maßnahmen der letzten zwölf Monate, Positives und Negatives, zusammengestellt werden, geordnet nach dem Ressort (Ministerium).
Eine Benotung der Kabinettsmitglieder darf bei so etwas natürlich auch nicht fehlen. Einmal habe ich eine, natürlich rein subjektive, Bewertung abgegeben, in umgekehrter Schulnotenform (1 Punkt = Note 6, 6 Punkte = Note 1). Aber natürlich können auch die Leser ihre Stimme abgeben (auf die jeweilige Anzahl Sterne und dann noch auf “Submit” klicken!). Ich bin mal gespannt, wie ihr die Leistung der einzelnen Regierungsmitglieder seht!
Bundeskanzlerin
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Negatives: Ideale, Ziele oder politische Ideen hatte Angela Merkel sowieso noch nie. Ziel ist nur, so lange wie möglich an der Macht zu bleiben. Merkel turnte ein wenig auf internationalen, und vor allem auf europäischen Konferenzen rum. Dort hat sie aber, unter anderem durch ihr Zögern bei der Griechenlandkrise, riesigen Schaden angerichtet. Sie tut alles, damit sich Europa auf eine ausschließlich wirtschaftsliberale Linie festlegt. Im Innern bestimmen eh andere die Leitlinien der Politik. Worauf es ihr ankommt, ist ihre hierhin-dorthin-Politik irgendwie zu verkaufen. Doch auch das gelingt ihr immer weniger.
Positives: In vielen Bereichen ist es ihr gelungen, die völlig abwegigen Vorstellungen der FDP zu verhindern und mäßigend zu wirken. Auch die (rechts-, national-) konservativen Flügel der Unionsparteien konnte sie eindämmen.
Sich über “die Jugend von heute” zu beschweren, ist seit je her sehr beliebt (sehr beliebt ist es aber auch, darauf mit einem falschen Sokrates-Zitat zu antworten). Die neue Shell-Jugend-Studie aber führt diesmal zu einer ganz anderen Situation: Von den Autoren wie auch in den deutschen Mainstream-Medien wird die heutige junge Generation nun fast schon überschwänglich gelobt.
Kein Wunder, schaut man sich einige Ergebnisse der Studie an. Kaum eine Generation erscheint für das neoliberale System passender als diese. Die “heutige Jugend” ist wie keine vorangegangene grenzenlos von sich selbst überzeugt, egomanisch und oppurtunistisch-pragmatisch eingestellt. Sie ergibt sich dem Konkurrenz- und Statusdenken, der “Leistungsorientierung”, den Werten und Erfordernissen des ungezügelten Kapitalismus. Eine Generation, die ohne jedes Zögern zwischen dem Job bei Greenpeace und dem bei Shell wechseln könnte – man kann ja auch online eine Petition gegen Atomkraft unterzeichnen, das reicht. Überzeugungen und Werte werden den Zwängen des System untergeordnet. Persönlicher Erfolg in der Leistungs- und Konsumgesellschaft ist für sie das Wichtigste. (more…)
Die heutige Frauenbewegung handelt den eigentlichen Intentionen des Feminismus zuwider. Sie hat sich längst mit dem herrschenden kapitalistisch und hierarchisch organisierten System verbündet. Ihre Forderungen laufen dabei sogar auf eine Ausbreitung von bestimmten – durch die geschichtliche Entwicklung als männlich charakterisierten – Eigenschaften und Verhaltensweisen (wie Härte, Aggressivität, Egoismus, Konkurrenz- und Karrieredenken) hinaus und erstrecken sich auf alle Frauen. Das Ziel einer wirklich emanzipatorischen Bewegung sollte jedoch in deren Überwindung liegen.
Es war in der Tat vorhersehbar: Nachdem das Bundesverfassungsgericht sein Urteil zu den Rechten unverheirateter Väter verkündete, kam der erwartbare Protest der üblichen Verdächtigen (via Zeitgeist Blog). Die Argumentation: die meisten Männer müssten erst einmal beweisen, dass sie überhaupt etwas mit dem Sorgerecht anfangen können und es nicht nur aus Machtinstinkten wollen. Falls auch manche Frauen ihre Kinder vernachlässigen, ist das nicht so schlimm wie bei Männern, da Frauen ja in der Vergangenheit die Kindererziehung übernommen hatten. Und nicht zuletzt: ein Vater, der nicht genügend Unterhalt zahlen kann, ist kein guter Vater.
Ich benutze den Ausdruck “die üblichen Verdächtigen” nicht gerne, aber er gibt es nun einmal wieder: Wenn heutzutage Feministinnen in den Medien zu Wort kommen, sind es fast immer die einer einzigen, bestimmten Sichtweise. Diese sogenannten Feministinnen sind diejenigen, die Feminismus in erster Linie in einer Weise verstanden wissen wollen, die letztendlich darauf hinausläuft, dass sich Frauen immer mehr dem annähern, was heute zumeist als männlich bezeichnet wird. Fangen wir aber am besten an mit den Gemeinsamkeiten, die diese sich so bezeichnenden Feministinnen und ich (und ich stütze mich in der Folge vor allem auf Gedanken von Herbert Marcuse) haben. In der Vergangenheit der Menschheitsgeschichte haben in erster Linie Männer eine herrschende Rolle inne gehabt. Die gesellschaftlichen Machtstrukturen waren in erster Linie ihnen vorbehalten. Ebenso waren sie in der Arbeitswelt übermäßig vertreten, die Frauen auf Kindererziehung und Hausarbeit reduziert, und sie wurden nicht selten auch direkt unterdrückt. So weit sind wir uns in jedem Fall einig. (more…)
Wirtschaft, Arbeit und Soziales: Hoffen auf die Union
Ich habe in letzter Zeit ziemlich negativ über die FDP geschrieben. In der Tat ist die FDP nicht unbedingt die Partei, die mir wirtschafts- und sozialpolitisch am nächsten steht. Ich sehe mich als Anhänger einer nachfrageorientierten und keynesianischen Wirtschaftspolitik und eines starken Sozialstaates nach dem Vorbild des “skandinavischen” (auch: “sozialdemokratischen”) Modells, das eine starke umverteilende Komponente beinhaltet. Die meisten wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Konzepte der FDP lehne ich daher ab, und auch das “Bürgergeld”-Konzept ist in der Tat bloß Augenwischerei (Financial Times Deutschland) und eine Mogelpackung (heise Telepolis).
Dies ist daher auch das Gebiet, wo die Union meiner Meinung nach sozial ausgleichend tätig werden muss. Und die meisten Beobachter sind sich auch einig, dass diese aus wahltaktischen Gründen einen sozialpolitischen Kahlschlag verhindern und vielleicht sogar einige Beschlüsse der Großen Koalition (Mindestlöhne in bestimmten Branchen) nicht unangetastet lassen könnte. Dennoch ist mit Streichungen von sozialen Leistungen zweifelsohne zu rechnen, wodurch die sozial Schwächsten für die Kosten der Wirtschaftskrise aufkommen müssen.
Steuerpolitik: Absenkung des Mittelstandsbauchs
Gibt es aber dennoch Punkte, wo die FDP vielleicht sachlich sinnvolle Konzepte hat? Im Bereich der Steuerpolitik ist eine Senkung der Steuerlast sicher keine, v.a. in Zeiten einer Wirtschaftskrise, durchführbare Maßnahme. Und sie scheint auch ökonomisch wenig sinnvoll:
taz: Herr Fuest, Union und FDP begründen die geplanten Steuersenkungen damit, dass sie das Wirtschaftswachstum stimulieren müssten. Was halten Sie davon?
Clemens Fuest: Augenblicklich halte ich es für falsch, die Einkommensteuer zu senken. Denn ein großer Teil der Entlastung käme Privathaushalten zugute, die nicht unter Geldsorgen leiden. Diese würden die zusätzlichen Mittel überwiegend sparen, aber nicht in den Geschäften ausgeben. Wesentlich stärkere Nachfrage oder Impulse für das Wirtschaftswachstum kann die Bundesregierung so nicht auslösen.
(…)
taz: Union und FDP hoffen, dass niedrigere Steuern das Wachstum ankurbeln und später die Staatseinnahmen steigen. Darf man mit diesem Selbstfinanzierungseffekt rechnen?
Clemens Fuest: Die Auswirkungen niedrigerer Steuern auf das Wachstum sind schwer zu messen. Untersuchungen deuten aber darauf hin, dass der Staat nur darauf hoffen kann, maximal die Hälfte der Einnahmeverluste, die die Steuersenkung verursacht, durch höheres Wachstum und stärkere Einnahmen zu kompensieren.
Jedoch gibt es ein steuerpolitisches Konzept, das durchaus sinnvoll erscheint: eine Absenkung/ Abflachung des Steuerbauchs („Mittelstandsbauch“). Dieser beschreibt das Phänomen, dass die Progression beim Steuersatz nicht immer genau linear verläuft, sondern niedrigere und mittlere Einkommen stärker belastet werden, da der Steuersatz zuerst (zwischen 7.834 Euro und 13.140) stärker, dann (zwischen 13.140 und 52.552 Euro) schwächer ansteigt (vgl. Grafik). Ein durchgehender und gleichmäßiger linearer Anstieg, der kleine und mittlere Einkommen entlastet, wäre durchaus zu befürworten.
[Worauf ich persönlich mich auch einlassen könnte, wäre eine Anhebung der Anrechungsgrenze des bisherigen Spitzensteuersatzes (42%, ab 250.401 Euro für Ledige bzw. 500.802 Euro für Verheiratete 45%), dass er alo erst ab einem höheren Betrag als derzeit 52.552 Euro gilt (wenn der Steuersatz danach, bei höheren Einkommen als 52.552 Euro, weiter steigen würde – sagen wir z.B. bis zum Satz von 53%: dieser galt zum Ende der Kohl-Regierung). Dies liegt aber weit fernab der derzeitigen FDP-Politik und den Interessen ihrer Klientel.]
Abbau der Bürgerrechte und Aufbau des Überwachungsstaates: Hoffen auf die FDP
Hier liegt die größte Hoffnung auf der FDP: es muss Schluss sein mit dem unsäglichen Abbau der Bürgerrechte und mit der Etablierung eines immer weiter reichenden Überwachungsstaates. Diese Politik wurde nach dem 11.9.2001 unter Otto Schily begonnen und unter Wolfgang Schäuble stark verschärft. Gerade die Person Wolfgang Schäuble, der mit Vorschlägen wie denen, die Unschuldsvermutung für “Terrorverdächtige” aufzuheben “Gefährder” zu internieren und anderen Überraschungen für Anhänger des Grundgesetzes, immer wieder die Grenzen der Demokratie, des Rechtsstaates und der Menschenrechte auszuloten versucht, kann eigentlich für eine liberale Partei als nicht tragbar erscheinen. Als ein Beispiel der paranoiden Innenpolitik sei hier nur die Vorratsdatenspeicherung, in der alle Telekommunikationsverbindungsdaten aller Deutschen für 6 Monate verdachtsunabhängig gespeichert werden, genannt (siehe dazu auch: Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung: “FDP muss Vorratsdatenspeicherung jetzt abschaffen!”).
Ein weiteres Thema ist die Etablierung einer Zensurinfrastruktur für das Internet, die unter dem Vorwand der Bekämpfung von Kinderpornografiebeschlossen wurde. Falls die FDP es wirklich schaffen sollte, dieses völlig unsinnige, unwirksame und teilweise kontraproduktive Gesetz, welches weder einer hinreichenden rechtsstaatlichen Kontrolle unterliegt noch die Möglichkeit einer Ausweitung von Zensursulas Stopp-Schildern ausschließt, zu stoppen, wäre ihr in der Tat großer Respekt zu zollen.
Ein starker Einfluss der FDP im Innen- und Justizministerium liegt also eindeutig in unserem Interesse. In der FDP gibt es in diesem Bereich leider nur noch wenige Politiker wie etwa Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Max Stadler, mit einem ausgeprägten Profil, einem Schwerpunkt und großen Kompetenzen im Bereich der Bürgerrechte. Doch gerade hier hat die FDP wieder eine Chance, sich als etwas anderes als die reine “Steuersenkungspartei” zu zeigen und zu etablieren.
Gesellschaftspolitische Bereiche als Opfer des Koalitionspokers?
Es gibt auch noch andere politische Bereiche, in denen die Positionen der FDP sicherlich sehr viel wünschenswerter erscheinen als die der Union. Dazu würde es gehören, weg vom dem konservativen Bild in der Familienpolitik der Union zu einer offeneren und toleranteren Gesellschaft zu kommen. Auch im Bereich der Integration oder des Verhältnisses der Religionen vertritt die FDP sicherlich sehr viel offenere Standpunkte als viele doch eher rechtskonservative vorurteilsbehaftete Unions-Funktionäre und -Mitglieder. Die Abschaffung der Wehrpflicht wäre ein anderes Beispiel.
Leider ist dieser gesellschaftspolitische Bereich, ebenso wie der vorher skizzierte der Bürgerrechte, zusehend aus dem Fokus der FDP geraten. Den inhaltlichen Schwerpunkt bildet dort doch deutlich die Steuer- und Wirtschaftspolitik. Lobenswerte gesellschaftspolitische Positionen der FDP unterliegen so leider der Gefahr, Opfer des Koalitionspokers zu werden.
Grundsatzdebatte im Bundestag über Achtung der Grundrechte
Die Opposition hat der großen Koalition am heutigen Freitag in der letzten Sitzung des Bundestags vor der Sommerpause vorgeworfen, mit Gesetzen etwa zu heimlichen Online-Durchsuchungen oder zur Vorratsdatenspeicherung an die Grenzen der Verfassung gegangen zu sein…
Drogenbeauftragte will Onlinespiele für Jugendliche sperren
Die Bundesdrogenbeauftragte Sabine Bätzing (SPD) fordert, “Computerspielsucht” stärker zu untersuchen und besonders populäre Onlinespiele nur für Erwachsene freizugeben. Ob es eine spezifische Suchterkrankung bei Computernutzern tatsächlich gibt, ist unter Fachleuten aber nach wie vor umstritten.
…Was derzeit im Internet zu besichtigen ist, trägt Züge eines Generationenkonflikts. Dort begehren vor allem junge Leute auf, die das Netz intensiv und selbstverständlich nutzten, die mit ihm aufgewachsen sind und aus deren Alltag es nicht mehr wegzudenken scheint…
Ob im Betrieb, im Internet oder beim Einkaufen – überall hinterlassen Verbraucher ihre Daten. Und auf diese haben Unternehmen auch in Zukunft Zugriff – trotz des neuen Datenschutzgesetzes. Die wichtigsten neuen Regeln im Überblick: …
Ein bisschen Datenschutz – Lobbyisten verhindern schärferes Gesetz
Der Bundestag hat in seiner letzten regulären Sitzung dieser Legislaturperiode den Datenschutz verstärkt. Allerdings bleiben die Vorkehrungen des “Gesetzes zur Änderung datenschutzrechtlicher Vorschriften” klar hinter den Zielen zurück, die Bundesregierung und Datenschützer nach den letzten Skandalen wegen Datenklau im vorigen Jahr angekündigt hatten…
Abschied vom Sozialstaat – Horrorszenario Agenda 2020
Wie wird sich der Staat sanieren? Indem er nach dem Matthäus-Prinzip wieder Sozialleistungen kürzt: Wer hat, dem wird gegeben. Wer wenig hat, dem wird auch das noch genommen…
Partei der Besserverdiener wird arm. FDP muss 4,3 Millionen Euro Strafe zahlen
Die FDP muss wegen illegaler Parteispenden des ehemaligen NRW-Vorsitzenden Möllemann 4,3 Millionen Euro Strafe zahlen. Das ist mehr, als die Partei erwartet hat…
Ob im Betrieb, im Internet oder beim Einkaufen – überall hinterlassen Verbraucher ihre Daten. Und auf diese haben Unternehmen auch in Zukunft Zugriff – trotz des neuen Datenschutzgesetzes. Die wichtigsten neuen Regeln im Überblick: …