Zensursula im Ministerium für Arbeit und Soziales: das fängt ja schon mal gut an …

Was die neue Bundesregierung unter “Veränderungen von Hartz IV” wirklich versteht, zeigt die neue Arbeitsministerin Zensursula von der Leyen jetzt ganz deutlich. Und dabei ist von den angeblich angedachten “Verbesserungen” außer Floskeln nichts zu sehen – im Gegenteil. Auf Artikel in der Springer-Presse zu verlinken ist natürlich immer so ne Sache, aber dieser zeigt ganz deutlich, was die Bundesregierung und ihre medialen Unterstützer wirklich wollen: Wer nicht arbeiten will, soll härter bestraft werden (BILD) (via).

Zensursula will, so sagt sie in einem Interview mit diesem Blatt, eine umfangreichere und härtere Anwendung von Sanktionen gegen “arbeitsunwillige” Hartz IV-Empfänger. Sozialleistungen soll es nur gegen Arbeitszwang geben.

– Genau, das Problem ist nicht, dass es zu wenige Arbeitsplätze gibt, nein, diese faulen Schmarotzer wollen ja alle nur nicht arbeiten!! Dann muss man sie eben zwingen! Und notfalls sollen sie auch für 1 Euro oder sogar weniger arbeiten, schließlich soll man doch auch nichts geschenkt bekommen! Es gibt noch nicht genug Sanktionen – die Leistungen komplett, zu 100%, streichen, reicht noch nicht! Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen!!1!! –

Und Zensursula zeigt außerdem, dass sie nicht nur nichts von Arbeitsmarkt-, sondern auch nichts von Wirtschaftspolitik versteht:  “Da wir so viel exportieren, muss die weggebrochene Nachfrage aus dem Ausland wieder steigen”, wird sie in dem Artikel zitiert.

Klar. Und wie sollen wir das machen? Sollten wir nicht stattdessen eher die Binnennachfrage steigern, dafür sorgen, dass eben durch höhere Sozialleistungen, höhere Löhne und weniger Arbeitslosigkeit der Konsum steigt? Aber nein, das würde nicht ins Konzept einer neoliberalen Politik passen. Auch wenn es sinnvoll wär, egal.

Welche Vorstellungen und welches Gesellschaftsbild diesen Vorstellungen zugrunde liegt, erläutert derweil das Zeit-Essay “Armutsdebatte: Ab in die Dienerschule”:

Die Allianz der Leistungsträger träumt von einer neuen Gesellschaft, in der die Schwachen sich selbst überlassen bleiben

Und es zeigt, was von den Vorstellungen Sloterdijks und Co. zu halten ist,, warum in Wirklichkeit eine Umverteilung von unten nach oben stattfindet und wie wir derzeit einen Klassenkampf von oben erleben, was vom angeblichen “Leistungsprinzip” zu halten ist und warum Gerechtigkeit und Chancengleichheit wichtig sind.

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5 Jahre Hartz IV: 5 Jahre zuviel

Seit dem 1. Januar 2005 besteht das “Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt”, mit dem die neoliberalen Workfare-Prinzipien, Menschen ohne Arbeit das Leben so schwer wie möglich zu machen, in Deutschland eingeführt wurden. Mit ihm erreichten in kurzer Zeit Armut und Unsicherheit in Deutschland ein neues Rekordhoch. Die Ensoldidarierung der  Gesellschaft wurde vorangetrieben und, mit tatkräftiger Unterstützung der Medien, geradezu zur Tugend erhoben. Kein Geburtstag also, den man feiern könnte – und auch die deutsche Witschaft kann dies nicht.

Die Folge dieses auch als “Hartz IV” bekannten Gesetzes war für einen großen Teil der Bevölkerung, für Millionen von Menschen, v. a. auch für Frauen und Kindern, ein Abgleiten in die Armut, in eine von Politik und veröffentlichter Meinung geschaffene und zudem stigmatisierte Schicht, aus der es kaum ein Entkommen gibt. Weitere Auswirkungen sind eine wachsende soziale Ungleichheit, der mittlerweile zweitgrößte Niedriglohnsektor aller Industrieländer, die massive Ausweitung prekärer Beschäftigungsverhältnisse, soziale Unsicherheit und nicht zuletzt ein Wandel im gesellschaftlichen Klima. Galt es früher eher, Arbeitslosen zu helfen, eine neue Beschäftigung zu finden, auch denen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, die nicht arbeiten können, und auch die wenigen, die wirklich nicht arbeiten wollen, nicht verhungern zu lassen, so sollen heute, ganz wie von den geistigen Vätern und den unmittelbarern Schaffern und Umsetzern der neoliberalen Agenda beabsichtigt, Hart IV- Bezieher leiglich “faulenzende Sozialschmarotzer” darstellen, die der Gemeinschaft nur Geld kosten, die man zwingen muss, zu arbeiten, notfalls auch unbezahlt, denen man noch ein paar Mittel zugesteht, die vielleicht gerade noch das Überleben sichern, mehr aber auch nicht. Die Sanktionen nach §31 SGB ermöglichen es, bis zu 100% der Leistungen nach Hartz IV zu streichen – Leistungen, die ein soziales Existenzminimun darstellen sollen (wenn sie nicht darunter liegen – mit dieser Frage wird sich in Kürze ja das Bundesverfassungsgericht befassen). Erstmals seit vielen Jahrzehnten gibt es daduch wieder Hunger in Deutschland.

Der Arbeitsmarkt wurde ebenfalls nicht belebt. Hartz IV und die ganze Agenda 2010 schaffen werder Flexibilität des Arbeitsmarktes, noch soziale Sicherheit oder höhere Einkommen, und auch keine neue Beschäftigung. Kaum verfolgt die aktive Förderung oder (Weiter-)Qualifizierung von Arbeitslosen oder eine aktive Arbeitsmarktpolitik. Dabei erscheint gerade die in Deutschland verfolgte neoliberale Politik nach dem Vorbild der angelsächsischen Staaten, die statt auf Förderungsmaßnahmen einseitig auf den Abbau sozialer Leistungen und erhöhten Druck gesetzt hat, deutlich weniger erfolgversprechend, als eine Strategie, die Flexibilität des Arbeitsmarktes und eine hohe soziale Sicherheit sowie eine aktive Arbeitsmarktpolitik, nach dem Vorbild etwa Dänemarks oder Schwedens miteinander kombiniert (siehe dazu: Europäische Lehren für den deutschen Arbeitsmarkt: Flexibilität und Sicherheit sind vereinbar). Statt Flexibilität im Arbeitsmarkt schuf Hartz IV nur Druck, Druck Arbeitsstellen anzunehmen, die nicht da sind. Denn Arbeitsplätze kann diese Maßnahme nicht schaffen, und dafür war sie auch nicht gedacht. Der Konsum der Bevölkerung, die Binnennachfrage, wurde durch die massive Minderung der Kaufkraft der von Hartz IV Betroffen stark geschwächt, während die Exportabhängigkeit der deutschen Wirtschaft wuchs, die Exporterlöse aber, v. a. im Zuge der Weltwirtschaftskrise absackten. Und auch die Unternehmen erhalten kaum mehr Anreize, Beschäfigte einzustellen oder ihre Investitionen auszuweiten. So kommt es, dass die Abnahme der Arbeitslosigkeit in den letzten Jahren fast ausschließlich auf konjunkturelle Faktoren zurückzuführen ist, die tatsächlichen Ursachen der Arbeitslosigkeit, v. a. die schwache effektive Nachfrage, aber unberührt bleiben

Aber was schreibe ich, die Erkenntnis, dass Lohnsenkungen und damit Sinken der Nachfrage zu einem Verlust von Arbeitsplätzen führen sind bei den neoliberalen Talkshow-Ökonomen, den Lobbyisten der Arbeitgeberverbände und den Politikern, die ihren Ratschlägen wie die Ratte dem Flötenspieler folgen, nicht angekommen – für sie stellen hohe Löhne nu Kostenfaktoren dar, Sozialleistungen mindern nu den gewünschten Zwang, jede Arbeit annehmen zu müssen. Diese Kuzsichtigkeit lässt seit fast 30 Jahen unsere Arbeitslosigkeit ansteigen, die Löhne stagnieren, die soziale Ungleichheit zunehmen, die Investitionsraten der Unternehmen abnehmen. Staatliche Beschäftigungsprogramme zu guten Löhnen, nicht ein durch staatliche Zuschüsse geschaffener Niedriglohnsektor der “Aufstocker” wären ein Weg zu einer steigenden Nachfrage, sinkenden Sozialkosten, niedrigerer Arbeitslosigkeit und einer Belebung der Wirtschaft.

Die Verantwortliche der Hartz IV-Gesetze unterdessen sind, zwar teilweise vorbestraft, so doch in einträglichen Posten untergekommen. Schröder, Clement, Riester, Müller und wie sie alle heißen, sie vertreten nun auch offiziell die Interessen, für die sie in der Vergangenheit Politik gemacht haben. Für sie zumindest hat sich die Einführung von Hartz IV gelohnt. Und die neue Bundesregierung führt, wie sollte es auch anders sein, die Politik, die sie als (Neo-)Konservative und (Neo-)Liberale kaum “besser” hätten umsetzen können, weiter fort.  Sollten vielleicht wenigstens ein paar Unternehmen irgendwann einsehen, dass sich eine niedrige Nachfrage, durch prekäre und stets unsichere Beschäftigungsverhältnisse demotivierte Arbeitskräfte, ein Klima der Angst und des Misstrauens, der Bevormundung und Überwachung, auch für sie negativ auswirken, so wäre vielleicht aus dieser Richtung etwas zu hoffen. Doch danach sieht es leider nicht aus. Gerade in Zeiten des ungebremsten (und von der Realwirtschaft nahezu vollständig entkoppelten) Finazmarktkapitalismus steht mehr denn je die kurzfristige Rendite denn die langfristige Performance eines Unternehmens oder gar einer Volkswirtschaft im Vordergrund.

Nein, Widerstand gegen die witschaftlich schädliche Politik und gegen die unsozialen, menschenverachtenden Praktiken, die mit der Agenda 2010 und besonders mit Hartz IV  zur vollen Entfaltung kamen, muss aus der Bevölkerung kommen: aus den betroffenen Gruppen, aus den Gewerkschaften, aus sozialen Gruppierungen, von der Straße, aber auch von kritischen Seiten der Wissenschaft und der Medien – und, da diese versagen, aus der Gegenöffentlichkeit zum Mainstream, die die Möglichkeiten des Internets in vollem Umfang nutzen muss. Während die Mainstream-Medien, offenbar verschämt über die offensichtlichen Misserfolge und die durch die Hartz-Gesetze verstärkten oder erst geschaffenen Missstände über das “Gbeurtstagskind” Stillschweigen bewahren, gibt es dort sehr treffende Analysen, die den Geist und die Folgen von Hartz IV beleuchten. Hier eine kleine Auswahl von lesenswerten Beiträgen:

Eine kritische Bilanz von Hartz IV fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes am 1.1.2005 (Christoph Butterwegge auf den NachDenkSeiten):

Es ging dabei nicht bloß um Leistungskürzungen in einem Schlüsselbereich des sozialen Sicherungssystems, vielmehr um einen Paradigmawechsel, anders formuliert: um eine gesellschaftliche Richtungsentscheidung, die das Gesicht der Bundesrepublik seither prägt. (…) Hartz IV markierte nicht bloß eine historische Zäsur für die Entwicklung von Armut bzw. Unterversorgung in Ost- und Westdeutschland, sondern es steht als Symbol für die Transformation des Sozialstaates, für seine Umwandlung in einen Minimalstaat, der Langzeitarbeitslose gemäß dem Motto „Fördern und fordern!“ zu „aktivieren“ vorgibt, sich aber aus der Verantwortung für ihr Schicksal weitgehend verabschiedet. (…) Einerseits zeitigte das Gesetzespaket negative Verteilungseffekte im untersten Einkommensbereich, andererseits wandelten sich durch Hartz IV auch die Struktur des Wohlfahrtsstaates (Abschied vom Prinzip der Lebensstandardsicherung), die politische Kultur und das soziale Klima der Bundesrepublik. (…)

Hartz IV sollte nicht bloß durch Abschaffung der Arbeitslosenhilfe und Abschiebung der Langzeitarbeitslosen in die Wohlfahrt den Staatshaushalt entlasten, sondern auch durch Einschüchterung der Betroffenen mehr „Beschäftigungsanreize“ im Niedriglohnbereich schaffen. Man zwingt sie mit Hilfe von Leistungskürzungen, schärferen Zumutbarkeitsklauseln und Maßnahmen zur Überprüfung der „Arbeitsbereitschaft“ (vor allem sog. 1-Euro-Jobs), fast jede Stelle anzunehmen und ihre Arbeitskraft zu Dumpingpreisen zu verkaufen. Dies hat gravierende Auswirkungen auf die (noch) Beschäftigten und die Angst in den Belegschaften vermehrt. Dass heute selbst das Essen von Frikadellen und die Einlösung von Pfandbons im Wert von 1,30 Euro als Kündigungsgründe herhalten müssen, zeigt zusammen mit der Bespitzelung von Betriebsrät(inn)en in großen Konzernen, wie sich das Arbeitswelt verändert hat. (…) Da trotz des irreführenden Namens „Grundsicherung für Arbeitsuchende“ auch immer mehr (voll) Erwerbstätige das Alg II als sog. Aufstocker, d.h. im Sinne eines „Kombilohns“ in Anspruch nahmen bzw. nehmen mussten, um leben zu können, etablierte Hartz IV ein Anreizystem zur Senkung des Lohnniveaus durch die Kapitalseite. Ein staatlich subventionierter Niedriglohnsektor vermehrt die Armut, statt auch nur ansatzweise zur Lösung dieses Kardinalproblems beizutragen. Mittlerweile hat die Bundesrepublik unter den entwickelten Industriestaaten den breitesten Niedriglohnkorridor nach den USA. (…)

Da die Zumutbarkeitsregelungen mit Hartz IV erneut verschärft und die Mobilitätsanforderungen gegenüber (Langzeit-)Arbeitslosen noch einmal erhöht wurden, haben sich die Möglichkeiten für Familien, ein geregeltes, nicht durch permanenten Zeitdruck, Stress und/oder räumliche Trennung von Eltern und Kindern beeinträchtigtes Leben zu führen, weiter verschlechtert. (…) Hartz IV trug durch das Abdrängen der Langzeitarbeitslosen samt ihren Familienangehörigen in den Fürsorgebereich dazu bei, dass Kinderarmut „normal“ wurde, was sie schwerer skandalisierbar macht. (…)

Jenseits der Schmerzgrenze (Der Freitag):

Fünf Jahre Hartz IV bringen vor allem eines: mehr Armut. Das entspricht dem Geist, aus dem die „Reform“ entsprang. Betroffene sprechen von “Überlebenstraining” (…)

Beides entspringt einer Vorstellungswelt, die vor fünf Jahren mit Hartz IV ihre bürokratische Entsprechung fand. Danach gibt es gar keine Erwerbslosigkeit, nur der Preis der Ware Arbeitskraft ist zu hoch. Politik aus diesem Geist heraus ist „Räumung des Marktes“, bedeutet Manipulation der Statistik, heißt Ein-Euro-Jobs und nötigt dazu, jede Tätigkeit anzunehmen. Hartz IV hat das Einkommensniveau gedrückt und den Zwang erhöht, sich für Löhne unter dem Existenzminimum zu verkaufen. 1,3 Millionen Erwerbstätige sind mittlerweile auf ergänzende Hartz-Leistungen angewiesen. (…)

Die Grundformel der Arbeitsmarktpolitik heißt „Aktivieren“ – was sich freilich auch mit Bestrafung derjenigen, die mit dieser „Aktivierung“ nicht einverstanden sind, übersetzen lässt. Die Arbeitsagenturen kontrollieren und sanktionieren aber mittlerweile nicht nur das Tun, sondern auch die Haltung, die Einstellung der Langzeiterwerbslosen, wie etwa eine Studie des Siegener Soziologen Olaf Behrend gezeigt hat: Hartz IV wirkt als Mittel zur sozialen Disziplinierung. (…)

5 Jahre Hartz IV – Kein Grund zum Jubeln (Lowestfrequency):

(…) Doch den Betroffenen redete man ein, sie sollten jede Arbeit annehmen, es sei besser, für einen Hungerlohn zu arbeiten, als sich aus dem Lohnerwerb zu verabschieden. Ihnen geht es ja gut. Woanders wäre es schlechter. Schon im alten Griechenland wusste man: „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“, und dagegen ist es doch wunderbar. (…) Und schauen sie doch, sie bekommen sogar Arbeit, unbezahlt vielleicht, meist nicht ausreichend, um doch ein bisschen weniger Fremder zu sein, aber denen drüben, denen ergeht es noch schlechter, haben die Faulpelze da in der Ferne, jenseits des Stiefels oder des Ural, haben die ein Fahrrad? Urlaubsanspruch? Medizin? Nun sehen Sie doch, es geht immer noch schlechter. Nein, hier ist es gut, solange man den Vergleich gut wählt. (…)

Die ganze Agenda 2010, der Überbau durch das „Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“, ein Sammelsurium aus Angst, Druck und Rückzügen in vorkriegsähnliche Zustände, was die Arbeitslasten an betrifft. Mehr Niedriglohn, warum eigentlich notwendig? Weniger Leistung, nur noch das Allernötigste und dann noch sanktionierend streichen. Arbeit als Pflicht zu jedem Preis, also unter Zwang, um nicht unter das Existenzminimum zu rutschen (…)

Es ist halt nicht zum Nulltarif, immer ein Arbeitsheer haben zu wollen, eine stehende Armee an Hungerleidern, denen eingedroschen wurde, sie sollten, müssten tun, was ihnen gesagt, besser noch als zu fragen, welchen Wert sie haben. (…)

Zwei Geburtstagskinder (binsenbrenner.de) (zur Erklärung: das andere “Geburtstagskind” ist ELENA):

(…) Dass die Zahl der Gratulanten für Hartz IV nicht eben überbordend sein würde, war absolut absehbar, dass die geistigen Väter und derzeitigen Erzieher sich sehr geschmeidig an klaren Stellungnahmen vorbeidrücken würden, erstaunt da schon mehr. Das eine oder andere sozialwissenschaftliche Forschungsinstitut veröffentlichte „Ja, aber…“-Gutachten zur Wirkung von Hartz IV, die an der Durchführung Beteiligten, also Arbeits- und Sozialverwaltung hielten sich, außer mit einem schmallippigem Bekenntnis, dass man (nach fünf Jahren!) die Kinderkrankheiten ausgemerzt habe, sehr zurück (…)

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Ein frohes 2010!

… Und dass es vielleicht wenigstens etwas besser wird als das letzte Jahr …

Natürlich wäre es dazu etwa notwendig., wenn z.B. von den Politikern eigesehen würde, dass die nach diesem Jahr benannte “Agenda”, die die workfare-Prinzipien in Deutschland eingeführt hat, ihre Verspechungen nicht halten konnte. Dass  fünf Jahre Hartz IV zu einem beispiellosen Anstieg von Armut und Unsicherheit geführt haben. Die Konsequenzen und Effekte von Hartz IV sind beim Freitag sehr gut zusammengefasst. Es wäre schön, wenn man zugibt, dass die Politik des Sozialabbaus, der Umverteilung von unten nach oben, der Privatisierungen, der Deregulierungen, die Politik ausschließlich zugunsten Arbeitgebern und Vermögenden der letzten drei Jahrzehnte versagt hat.

Davon ist zur Zeit natürlich kaum auszugehen. Doch um die schädlichen Auswirkungen des marktradikalen Wirtschaftsliberalismus aufzuziegen, lohnt es sich, zu schreiben. Auch im neuen Jahr.

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Hintergründe zur deutschen Bildungspolitik

Ein paar interessante und lesenwerte Artikel und Kommentare zu aktuellen Entwicklungen und zu den Hintergründen des deutschen Bildungssystems:

Geldsorgen halten Abiturienten vom Studium ab (SPON)

Chaos an den Unis, marode Gebäude – doch die Studenten studieren so gern wie nie zuvor, behaupten Bildungspolitiker. Das stimmt nicht: Einer neuen Studie zufolge fängt ein Drittel der potentiellen Studenten kein Studium an, weil es ihnen am Geld fehlt und Studiengebühren sie abschrecken.

Bundespräsident zur Bologna-Reform:  Köhler rechnet mit Hochschulpolitik ab (Stern.de)

Bundespräsident Horst Köhler geht mit den Verantwortlichen für die deutschen Unis scharf ins Gericht: Der Hochschulbereich leide an einer “chronischen Unterfinanzierung”, an “schlechten Betreuungsquoten, maroden Gebäuden und mangelnder Infrastruktur”.

Marodes deutsches Bildungssystem erzeugt 2,8 Billionen Euro Folgekosten (TELEPOLIS)

Die Bertelsmann Stiftung hat die Folgekosten der unzureichenden Bildung ausgerechnet und fordert Chancengleichheit. Aber warum macht sie das?

Doch die Bertelsmann Stiftung ist flexibel, wenn es um ideologische Vorgaben geht. Dem Autor ihrer aktuellen Studie [extern] geht es vor allem darum, dass am Ende “die Rendite stimmt” und das System der freien Marktwirtschaft von einer möglichst großen Bevölkerungsgruppe akzeptiert wird. Zu diesem Zweck sollen die Startchancen für den Einzelnen optimiert und bildungspolitische Bestandsgarantien – etwa für das dreigliedrige Schulsystem – notfalls veräußert werden, so dass die während der laufenden Studentenproteste vielfach geäußerte Systemfrage gar nicht erst gestellt werden muss.

Die Bertelsmann-Hochschule (Lowestfrequency)

Bevor man haarsträubende Fehlinformationen hört bezüglich des „Hochschulfreiheitsgesetzes“, das ja die Universitäten unglaublich frei macht (an dieser Stelle mal die Kantsche Frage: Freiheit für was, oder Freiheit von was?)… Grund genug, sich ein bisschen mit den Bertelsmann’schen Visionen zu befassen.

Hochschulreform: Nieder mit Bologna (Die Zeit)

Eine sogenannte Reform hat die deutschen Universitäten zerstört. Sie können nur gerettet werden, wenn der kontrollierte Student wieder Bummelstudent werden darf.

Es gab, mit anderen Worten, an den Universitäten einen Grad an Eigensinn, an Unordnung und an verrauchter Unspießigkeit, der den unternehmensberaterisch geschulten Reformer, der in den späten neunziger Jahren verbreitet aufkam und der sich um die Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen sorgte, nur heillos empören konnte.

Bachelor- und Masterstudiengänge: Ende einer Lebensform (Sueddeutsche.de)

Von Humboldt zu Bologna: Der atemberaubende Untergang der deutschen Universität. In diesen Jahren spielt sich ein Drama ab, dessen Tragweite in der Öffentlichkeit kaum begriffen wird. Es handelt sich um den Untergang der deutschen Universität, wie sie vor allem von Wilhelm von Humboldt vor 200 Jahren konzipiert wurde. 2010, zum Jubiläum der 1810 gegründeten Berliner Universität, wird dieser Untergang besiegelt sein. Denn dann soll der “Bologna-Prozess” auch in Deutschland abgeschlossen werden, der schon jetzt keinen Stein auf dem anderen lässt in den höheren Bildungsanstalten.

Der kranke Mann Deutschlands – Deutschlands Bildungssystem (Oeffinger Freidenker)

Teil 1: Auftakt

Teil 2: Wurzeln

Teil 3: Schulformen

Teil 4: Infrastruktur

Teil 5: Lehrerbildung

Die Freie Universität vor dem Börsengang? – Bemerkungen zur Ökonomisierung der Wissenschaft (NachDenkSeiten)

Eine Universität, die sich als Gemeinwesen versteht, wird sich einem öffentlichen Auftrag verpflichtet fühlen und sich über den Inhalt des öffentlichen Auftrags intern streiten. Eine Universität nach dem Modell des Privatunternehmens wird sich umdefinieren zur Unterordnung all ihrer Tätigkeiten unter das oberste Prinzip, auf dem Markt erfolgreich zu sein. Dieses Modell der unternehmerischen Universität nimmt vollständig Abschied von der Idee und der Tradition der Universität nicht nur als Gruppenuniversität sondern überhaupt als Gemeinwesen. Gibt es Hoffnung, dass die „unternehmerische Universität“ nicht das Ende der Universitätsgeschichte ist?

Geschäftsziel ist die Produktion von Waren, die privat nutzbar und auf dem Markt veräußerbar sind, statt von Kollektivgütern: Also werden die Studierenden zu Kunden umdefiniert, die verwendbare Qualifikationen und entsprechende Zertifikate nachfragen und auch mit Studiengebühren bezahlen. (…)

Innerhalb der unternehmerischen Universität geht es um die optimale Verbindung von Hierarchie und Konkurrenz. Das bedeutet auf jeden Fall die Aufhebung, mindestens aber das Leerlaufenlassen aller Formen von Demokratie und Mitbestimmung. (…)

Studierende, die als Käufer und Kunden von Wissenschaft bzw. Ausbildung auftreten, werden auf schlechte Lehre, für die sie nun auch noch bezahlen müssen, vielleicht mit mehr Wut als bisher reagieren.

George Carlin darüber, warum eine gute Bildung für die Massen von Politik und Wirtschaft gar nicht gewollt ist

http://www.youtube.com/watch?v=r7dL-lGCVEg

(Für die beiden letzten Links danke an willi!)

NACHTRAG: Solidaritätserklärung des Wissenschaftlichen Beirats von Attac Deutschland mit dem Bildungsstreik der Studierenden (PDF)

Solidaritätserklärung und einige empirische Daten und Untersuchungsergebnisse zur deutschen Bildungspolitik

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Politik auf Kosten der Ärmsten

Dass die FDP die Entwicklungshilfe senken und das Entwicklungsministerium abschaffen will und die Art, wie dies verkauft wird, steht in der Tradition neoliberaler Politik: die Schwachen gegen die Schwächsten auszuspielen, um von der eigenen Politik abzulenken: der gezielten Umverteilung von unten nach oben.

FDP will Abschaffung des Entwicklungsministeriums – Entwicklungshelfer warnen

Die FDP beharrt bei den Koalitionsverhandlungen mit den Unionsparteien weiterhin auf der Auflösung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und seiner Integration in das Außenministerium. Die Begründungen dafür fallen abenteuerlicher denn je aus:

“Einen Prestigegewinn für unser Land bedeutet ein eigenes Entwicklungsministerium nicht. Im Ausland entsteht gelegentlich eher der Eindruck, dass die Deutschen dumm sind, und sich ausspielen lassen, oder noch schlimmer: dass die Deutschen mit gespaltener Zunge reden”, sagt Hellmut Königshaus, Sprecher der FDP für wirtschaftliche Zusammenarbeit. “Das muss aufhören, das gefährdet das deutsche Ansehen. Deswegen gehört das BMZ in das Außenministerium.”

Es fällt sogar schwer nachzuvollziehen, was er überhaupt damit meint (von wem sich ausspielen lassen?). Dass CDU und CSU gegen eine Auflösung des Entwicklungsministeriums sind, weil sei es gerne besetzen wollen, sind zwar die falschen Motivationen, aber für das richtige Ziel, da gute Gründe gegen eine Auflösung des Ministeriums sprechen. Nicht umsonst sprechen sich alle Experten und in der Entwicklungshilfe Aktiven vehement gegen diesen Schritt aus und fürchten, dass die Entwicklungspolitik so als eine “Politik zweiter Klasse” künftig nur noch eigenen außenwirtschaftliche Interessen dienen solle.

Neue Linie der Entwicklungspolitik: zurück zum Marktradikalismus?

Auch eine Rückkehr zur Politik unter der stark neoliberalen Washington-Konsensus-Ära wird befürchtet: Deutschland könnte wirtschaftlichen Druck auf Entwicklungsstaaten ausüben und sie zu weiteren Marktliberalisierungen erpressen. Dass diese Politik nicht zielführend ist und größere soziale Schäden verursacht und zu mehr Armut und Ungleichheit geführt hat, als sie geholfen hat, wurde inzwischen sogar von der Weltbank eingesehen. Nur zu den deutschen Neoliberalen scheint diese Erkenntnis noch nicht durchgedrungen zu sein.

“Wichtigstes Ziel der Europäischen Union muss es sein, einen freien Marktzugang für Dienstleistungen und Industriegüter in den Schwellenländern zu erreichen”, schrieben die Liberalen im Juli 2008 in einer Presseerklärung.

Die entwicklungsbezogenen Wissenschaft neigt aber jenseits von ideologischer Verbortheit vielmehr stark zu der Aussage, dass Protektionismus (Schutz der einheimischen Märkte) seitens der Entwicklungsländer in machen Bereichen anfangs sogar eher sinnvoll sein könne. Viel wichtiger (und langfristig gewinnbringend für beide Seiten) seien dagegen Marktöffnungen seitens der Industrieländer für z.B. Agrar- und Textilprodukte aus Entwicklungsländern.

Senkung der Entwicklungshilfe zur Finanzierung von Steuerentlastungen in Deutschland

Außerdem ist eine Senkung der Entwicklungshilfe (nicht zuletzt, um Steuerentlastungen zu finanzieren) zu befürchten. Philip Rösler meint etwa, dass “Schwellenländer wie China und Indien” keine Entwicklungshilfe mehr benötigten. In Indien leben derweil 44% der Bevölkerung unter der absoluten Armutsgrenze, wirtschaftliches Wachstum findet zwar in einigen Branchen (Stichwort IT) statt, wirkt sich aber höchst ungleich aus. Es gibt durchaus sehr wohlhabende Bevölkerungsschichten – aber wie gesagt, 44% der Bevölkerung leben in bitterster Armut. Solche Aussagen kann man also nur als billigsten und zynischen Populismus für den deutschen Stammtisch-Michel auffassen. “Sollen wir uns doch erstmal um unsere eigenen Probleme kümmern!” “Wir müssen zuerst an uns denken!” “Wir haben doch selber nichts!” “Erstmal die Steuern senken!”.

Die Politik der Neoliberalen: die Schwachen gegen die Schwächsten ausspielen

Ein beliebtes der Mittel Unterstützer des Marktradikalismus war es immer, die Mehrheit der Gesellschaft gegen bestimmte Gruppen auszuspielen, um von Misswirtschaft, sozialer Ungleichheit und immer weiter gehender Umverteilung von unten nach oben abzulenken: gegen die faulen, arbeitsscheuen Hartz IV- Empfänger,  gegen die Linken, gegen die Ausländer, gegen die Muslime – und nun gegen die Menschen aus Entwicklungsländern.

Sie wollen damit z.B. davon ablenken, dass die geplante Steuerpolitik eine kaum (oder nur mit Taschenspielertricks wie den “Schattenhaushalt”) finanzierbare und wirtschaftliche sinnlose Klientelpolitik zugunsten der Besserverdienden, die Sozialpolitik eine Umverteilung der Lasten hin zu den Arbeitnehmern (aktueller Fall: Pflegeversicherung) geplant ist. Und aktuell will man offenbar von manchen Seiten eine Umorientierung der Außen- und der Entwicklungspolitik hin zu einer nationalstaatlich-egoistischen Interessenpolitik : die Entwicklungspolitik soll den eigenen Interessen dienen: den Interessen der Industrieländer und v.a. den Interessen von deren wirtschaftliche und gesellschaftlichen “Führungseliten”, wie sie sich so gerne nennen. Wenn dabei auch etwas Positives für die Entwicklungsländer abfallen sollte, ist das eher ein zufälliger Nebeneffekt.

Alle Politikreiche sollen die Stärkeren noch mehr stärken, und die Schwächeren merken es nicht, weil ja “die Hart IVler” oder “die Ausländer” an allem Schuld sind. Die derzeitige Politik ist alternativlos, und sie ist richtig, das bestätigen ja immer die “unabhängigen Experten”. Und eine Politik, die den Interessen der Mehrheit der Bevölkerung dient, ist “nicht umsetzbarer Populismus” – so spricht der deutsche Michel  den von den Mainstream-Medien lancierten Mietmäulern der Arbeitgeberlobbys oder der Propaganda der Springer-Postillen nach dem Mund.

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Petition gegen Hartz IV-Sanktionen

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Unter dem Existenzminimum versteht man die Mittel, die zur Befriedigung der materiellen Bedürfnisse notwendig sind, um physisch zu überleben; dies sind vor allem Nahrung, Kleidung, Wohnung und eine medizinische  Notfallversorgung (wikipedia).

Eben dieses Existenzminimum wird aber als gefährdet betrachtet für die Bezieher des Arbeitslosengeldes II, gegen die seitens der Jobcenter Sanktionen verhängt werden. Im Zuge der sogenannten “Hartz IV”-Gesetze ist es möglich, gegen ALG II- Bezieher bei bestimmten Versäumnissen Sanktionen nach §31 SGB zu verhängen. Dies geschah allein im Jahr 2008 789.000 mal. So kann, wer etwa eine  „zumutbare“ (also so gut wie jede) Arbeit oder einen Ein-Euro-Job ablehnt oder wer ein Bewerbungstraining versäumt, mit einer Leistungskürzung um 30% für 3 Monate bestraft werden, bei Wiederholung bis zu 100%. 100% einer Leistung, die das Existenzminimum darstellen soll. Leistungen, die das Existenzminimum darstellen, können also komplett gestrichen werden. Erwachsenen unter 25 Jahren wird häufig schon bei der ersten „Pflichtverletzung“ der Regelsatz komplett gestrichen, beim zweiten mal die Unterkunftskosten (2008 gab es das 97.000 mal). Die legale Rechtmäßigkeit der Sanktionen darf unterdessen angezweifelt werden: 41% der Widersprüche und 65% der Klagen vor Gericht waren ganz oder zumindest teilweise erfolgreich. (Siehe auch: In Deutschland muss niemand hungern! Oder doch?)

Nun läuft beim Deutschen Bundestag noch bis zum 28.10. eine Online-Petition, die sich gegen diese zutiefst unsozialen und meiner Meinung nach menschenverachtenden Praktiken, die zu Obdachlosigkeit und Armut, ja sogar zu Hunger in einem der reichsten Länder der Welt führt, ausspricht:

Petition: Arbeitslosengeld II – Abschaffung der Sanktionen nach § 31 SGB II vom 20.08.2009

Text der Petition

Der Deutsche Bundestag möge beschließen … sofort die Sanktionen nach § 31 SGB II abzuschaffen.

Begründung

Begründung: § 31 SGB II verletzt die Menschenwürde und die Freiheit zur Entfaltung der Persönlichkeit und wandelt die gebotenen Hilfestellungen des Staates zu Zwangsmaßnahmen um. Abzüge vom absoluten Lebensminimum können nur durch Hungern kompensiert werden. Die Sanktionierung mit Hunger oder mit gesellschaftlicher Ausgrenzung steht auf derselben Stufe wie die Sanktionierung durch unmittelbare staatliche Gewalt.

Außerdem gibt es ein Bündnis für ein Sanktionsmoratorium von Politikern, Gewerkschaften und verschiedenen Initiativen, bei der man für eine Aussetzung der Sanktionen unterschreiben kann.

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Und es hat sich im Netz eine Unterstützer-Initiative gebildet: Sanktionen wegbloggen! Blogger gegen Hartz IV-Sanktionen. Falls ihr ein Blog habt, schaut doch bitte mal, ob ihr diese unterstützen wollt.

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George W. Bush hat es geschafft!

bush2Man kann es kaum glauben, aber bei einem Anliegen der Republikaner hat “W.” tatsächlich Erfolg gehabt. Die Einkommensungleichheit in den USA ist größer denn je. Zwei Drittel des gesamten Einkommenszuwachses gingen  zwischen 2002 und 2007 zu Gunsten des reichsten Hundertstels der Bevölkerung, allein 2007 gab es dort einen Einkommenszuwachs von 65%. Das reichste Zehntel besitzt nun die Hälfte des Einkommens (in den 70ern war es noch ein Drittel), das reichste Zehntausendstel 6 Prozent (70er: unter 1%).

Und zu alledem kamen Senkungen der Steuern für die obersten Einkommensgruppen. Eine fast besipiellose Umverteilung. Dagegen wirkte die Präsidentschaft Reagans fast wie sozialistische “Gleichmacherei”.

Mit der Präsidentschaft Obamas wird wohl wieder eine leichte Angleichung einhergehen, so wird erwartet. Sozialprogramme, Steuerentlastungen für den allergrößten Teil der Bevölkerung, Erhöhungen für die absolute Spitzengruppe: es ist klar, die Neokonservativen fühlen sich bedroht. Und sie schlagen zurück.

Welche Macht siebush3 inzwischen wieder erlangt haben, zeigt sich u.a. bei der derzeitigen Debatte um die Gesungheitsreform. Menschen, die es “böse” finden, wenn man dafür sorgen will, dass über 40 Millionen Bürger endlich eine Krankenversicherung bekommen – wäre es nicht in jedem anderen Land der Welt andersherum? Woran Clinton einst scheiterte, daran droht nun auch Obama zu scheitern, und die Republikaner frohlocken: so leicht kann man ihr Land auch jetzt nicht an die sozialen Standards aller anderen Industriestaaten angleichen.

Präsident Obamas Visionen erweisen sich also als schwieriger umzusetzen als erwartet, die Widerstände als größer, der soziale Zusammenhalt als geringer. Die 8 Jahre Bush-Regierung haben nicht nur weltweit, sondern auch innerhalb des Landes vieles verändert. Und W. wird sich freuen: er hat ja doch noch etwas geschafft!

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NACHTRAG: Einige Ursachen dafür, dass die Einkommensverteilung in den USA sich immer mehr der von Entwicklungsländern annähert, werden bei Zeit Online Herdentrieb aufgezeigt.

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In Deutschland muss niemand hungern! Oder doch?

Ein Bündnis für das Existenzminimum

In Deutschland ist es tatsächlich so weit gekommen, dass ein Bündnis von Politikern (von SPD, Grünen und der Linken sowie auch Heiner Geißler), Gewerkschaften und verschiedenen Initiativen fordern muss, dass gegen Bezieher des Arbeitslosengeldes II bei Versäumnissen gegen Forderungen der Jobcenter keine Sanktionen verhängt werden dürfen, die ihr Existenzminimum bedrohen. Darunter versteht man die Mittel, die zur Befriedigung der materiellen Bedürfnisse notwendig sind, um physisch zu überleben; dies sind vor allem Nahrung, Kleidung, Wohnung und eine medizinische  Notfallversorgung (wikipedia).

Regeln und Strafen

So kann, wer etwa eine  “zumutbare” (also so gut wie jede) Arbeit oder einen Ein-Euro-Job ablehnt oder wer ein Bewerbungstraining schwänzt, mit einer Leistungskürzung um 30% für 3 Monate bestraft werden, bei Wiederholung bis zu 100%. Erwachsenen unter 25 Jahren wird häufig schon bei der ersten “Pflichtverletzung” der Regelsatz komplett gestrichen, beim zweiten mal die Unterkunftskosten (2008 gab es das 97000 mal). Diese Maßnahmen wurden 2007 im Zuge der sogenannten Hartz IV-Gesetze eingeführt. Die legale Rechtmäßigkeit der Sanktionen darf unterdessen angezweifelt werden: 41% der Widersprüche und 65% der Klagen vor Gericht waren ganz oder zumindest teilweise erfolgreich. Und: die Bundesagentur für Arbeit weiß selbst auch noch nicht einmal, wieviel Geld der Staat durch Sanktionen gegen Arbeitslose einsparen kann.

Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen!

Workfare in Reinkultur: wer nicht “arbeitswillig” erscheit, dem soll das Leben so schwer und so unangenehm wie möglich gemacht werden. Oder auch: “Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen”. Erwerbsloseninitiativen stellen fest, dass sich die Ernährungs- und Gesundheitslage der Betroffenen durch die Sanktionen noch einmal verschlechtert. So müssen von diesen betroffene Hartz-IV-Bezieher zwischen hungern oder Miete nicht bezahlen abwägen.

50 Prozent haben nichts

Währenddessen geht die Umverteilung von unten nach oben in Deutschland immer weiter. Die Lohnquote sank von 2000 vis 2007 von 72,2% auf 64,6%. (Statistisches Bundeamt, VGR). Deutschland hat den zweithöchsten Zuwachs an Einkommensarmut aller OECD-Länder (OECD 2008). Bei der Vermögensverteilung sieht es sogar noch drastischer aus:

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(BpB nach dem DIW-Wochenbericht Nr. 4/2009)

Während die ärmsten 50% der Menschen in Deutschland im Durchschnitt 0 (in Worten: null) Prozent des Nettovermögens besitzen, konnten die reichsten 10% diesen Anteil von 2002 bis 2007 von 57,9 auf jetzt 61,1% erhöhen. (90 Prozent aller Deutschen profitierten nicht von dem Wirtschaftsaufschwung in dieser Zeit oder verloren gar Vermögen, der gesamte Vermögenszuwachs von über 1 Billionen Euro kam außschließlich den reichsten 10% zu Gute.)

Georg Schramm hatte das in Neues aus der Anstalt auch noch einmal schön erläutert:

http://www.youtube.com/watch?v=tFUio-DRWpc

http://www.youtube.com/watch?v=sOgQbx9Ry9s

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  1. Im Gespräch: Polit-Blogger Albrecht Müller. Eine perfekte Meinungsmaschine http://bit.ly/Gd2X8

  2. Zwei Drittel des gesamten Einkommenszuwachses erhielt in den Bush-Jahren zwischen 2002 und 2007 das reichste Ein-Prozent der Bevölkerung.

  3. George W. Bush hat es geschafft: USA: Einkommensungleichheit größer denn je http://www.heise.de/tp/r4/a…

  4. @horatiorama: Naja, besser als Chelsea…

  5. @frakturfreak: Ja, Thüringer ist immer mit Darm

  6. @frakturfreak: Thüringer ist wirklich am besten! Wurst ohne Darm kommt mir aber sehr komisch vor (kenn ich auch nicht)

  7. Hartz-IV-Bezieher müssenzwischen hungern oder Miete nicht bezahlen abwägen. http://bit.ly/4hmykS

  8. Das gesamte Wahlprogramm der CDU in einem Song! http://bit.ly/16JnlI

  9. Bachelor/ Master: kleine Korrekturen helfen nicht http://ur1.ca/9eli

  10. Dümmster Text über das Internet: http://bit.ly/vbD9l (via @martinhaase)

  11. Ah, genau: @Sixtus vs. @Lobo: Counter-Strike http://bit.ly/QN2zC

  12. Musste mal gesagt werden! Sagt ja keiner sonst

  13. Wir müssen was für DEN kleinen frühaufstehenden Handwerker, für DIE hart arbeitende frühaufstehende Krankenschwester tun!

  14. Oh, Tweet Nummer 500

  15. RT @timpritlove: Neuer Podcast: CRE135 Mut zur Freiheit http://chaosradio.ccc.de/cr… (mit Juli Zeh und Ilija Trojanow)

  16. Merkel braucht keine Strategiepapiere, “Wachstum schafft Arbeit. Das ist die Philosophie.” reicht ihr. http://bit.ly/BGte1

  17. Einzige Erkenntnis aus Anne Will: Wulff übertreibt es mit Fußballvergleichen, Steinbrück wirft mit Zitaten um sich.

  18. @afrikablog: Die Entwicklungspolitik der Spitzenkandidaten (außer Merkel) http://bit.ly/aUESF

  19. Die Entwicklungspolitik der Spitzenkandidaten (außer Merkel) http://bit.ly/aUESF

  20. Piratenpartei kämpft für Bärtewandel (BILDblog) http://bit.ly/zYHtB

  21. RT @spreeblick: Der Sonntagstipp für Unentschlossene: Vielleichtathletik.

  22. Afrika? Merkel hat andere Prioritäten http://bit.ly/HAeSh

  23. @Doener: Bei den Episoden kannst du auch “watch in english” einstellen…

  24. Merkel hat Prioritäten?

  25. Spitzenkandidaten beantworten Fragen zu Afrika und Entwicklungspolitik, aber Merkel hat “andere Prioritäten” http://bit.ly/xLR6R

  26. @martinhaase: Hm, falscher Link (Welt)?

  27. BA weiß selbst nicht einmal, wieviel Geld der Staat durch Sanktionen gegen Arbeitslose einspart http://bit.ly/GI9rT workfare halt…

  28. @Doener: http://daserste.ndr.de/pano…

  29. Guttenbergs geheime Agenda: neoliberale Märchenstunde http://ur1.ca/9917

  30. 1. Trierer #BlogBier -Treffen (ein kurzes Resümee) http://bit.ly/I6Rwt

  31. @frakturfreak: Was sind denn Grumpeln?

  32. Männer sind, und Frauen auch, überleg dir das mal!

  33. Deutsche Post wil bis Ende 2011 bundesweit alle noch selbst betriebenen 475 Filialen aufgeben. http://bit.ly/1PWQlv

  34. Kaufland #Trier Irgendson Abziehbild von nem BWLer-Schnösel will mir nen Volksfreund andrehen. Der yellowstrom-Typ versucht’s erst gar nicht

  35. RT: @fidepus: Die Twitter-Frühstück-Umfrage. http://twtpoll.com/d5xv6t

  36. Guttenbergs neoliberaler Geheimplan http://bit.ly/c5hSJ http://bit.ly/S3tXr

  37. @Doener: Nur: bei ntv hätte man es nicht anders erwartet …

  38. RT @tauss: Abendblatt verliert völlig die Fassung http://u.nu/6vfv #zensursula

  39. RT @bevision: RT @futurezone_ Bayrischer Innenminister und BpB-Präsident fordern Ausweitung von Netzsperren http://awe.sm/16g6 #zensursula

  40. Beim #Stern geht der schwarz-gelbe Wahlkampf in die nächste Runde: “Das Obamameter: Merkel gegen Steinmeier 5:1” http://bit.ly/iNBgf

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Bachelor und Master – bildungspolitischer Ausdruck des neuen gesellschaftlichen Leitbildes

Bachelor/ Master – Wo sind die Gewinner?

„Mitten im Treffen hat uns die Ministerin schon vorgelesen, was sie später verkünden wird.” So eine studentische Teilnehmerin an dem „Runden Tisch“ mit Bundesbildungsministerin Annette Schavan, dass diese mit u. a. mit Vertretern der Studierenden führte (vgl. http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/studenten-enttaeuscht-von-schavan/).  So also möchte die Bundesregierung dem massiven Unmut, der sich in den verschiedenen Protestformen rund um den Bildungsstreik geäußert hat, begegnen. Die Kritik der Betroffenen an einer der weit reichendsten bildungspolitischen Entscheidungen der letzten Jahrzehnte scheint auf taube Ohren zu stoßen.

„Vielleicht hat es seit dem Ende der platonischen Akademie in Athen ein so einschneidendes Datum in der Geschichte der menschlichen Bildung nicht mehr gegeben“ schreibt die Süddeutsche Zeitung (http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/219/336068/text/print.html).

Dabei erscheint die Situation rund um die Bachelor-/ Master- Studiengänge in der Tat skurril. Studierende und Lehrende beschweren sich gleichermaßen über eine Verschulung der Universität, gestiegenen Leistungsdruck und ein bloßes Hinterherjagen hinter den „credit points“ . Und selbst die Wirtschaft scheint die neuen Bachelor-Absolventen in den allermeisten Berufen nicht gerade mit Kusshand entgegen zu nehmen. Es ist offensichtlich eine Lage in der deutschen Bildungspolitik entstanden, die kaum jemanden zufrieden stellt und die überwiegend Verlierer kennt.

Und auch bei anderen bildungspolitischen Maßnahmen sind sich die Experten selten einig: das dreigliedrige Schulsystem selektiert sozial, Studiengebühren schrecken vom Studium ab und verhindern den Zugang sozial schwacher Schichten an die Hochschulen.

Welche Interessen, welche Ideen und Ideologien, welches Leitbild steckt also hinter der aktuellen Bildungspolitik, das stärker ist als die Interessen der Betroffenen und die Meinungen der Wissenschaft?

Kürzeres Studium, billigere Arbeitskräfte

Das unmittelbare Interesse am Anfang der Entstehung des Bologna-Prozesses zunächst scheint gegen alle Bekundungen nicht eine stärkere Vergleichbarkeit der europäischen Studiengänge und leichtere Wechsel zwischen diesen (etwa durch Auslandsaufenthalte) gewesen zu sein. In diesem Bereich ist in der Tat im Vergleich zu den vorigen Studiengängen erstaunlich wenig geschehen. Meist ist es sogar schwerer als vorher, für sein Studium ins Ausland zu wechseln, u. a. durch die massive Mehrbelastung in kürzerer Zeit, die einen Auslandsaufenthalt unattraktiver erscheinen lässt, und immer noch nicht verschwundene bürokratische Hürden. Auch eine stärkere Vergleichbarkeit der Studiengänge oder eine erleichterte Anerkennungen von Studienleistungen ist selten erfolgt.

Vielmehr, so eine oft geäußerte Meinung, scheint das wirkliche Interesse hinter dem Bologna-Prozess die „Produktion“ von „Schmalspur-Studium“-Absolventen mit einem kürzeren Studium und daraus folgenden niedrigeren Lohnansprüchen zu sein. Besonders drastisch offenbare sich dieses Interesse in der vieler Orten anzutreffenden Regelung, dass nicht alle Bachelor-Absolventen den Master machen dürfen. Die kürzere Studiendauer dient also, wenn sie jemandem dient, den Interessen der Privatwirtschaft.

In deren Folge wir der zu vermittelnde Stoff komprimiert und „überarbeitet“, dadurch und durch Einschränkung der bisher realtiv freien Kombinationsmöglichkeiten mit dem neuen Studiensystem soll in erster Linie leicht und schnell wirtschaftlich verwertbares Wissen, frei von kritischem oder moralischem Balast, in den Vordergrund der Universitätsbildung gerückt werden. So schrieb etwa die Süddeutsche Zeitung:

„Diese drei Strukturprozesse – Verschulung des Studiums, Separierung von Forschung und Lehre, Außensteuerung statt Innensteuerung – haben alle Mächte des durchrationalisierten, auf anwendbares Wissen basierten Wirtschaftssystems auf ihrer Seite.“

Unkritische Stoffvermittlung, Disziplinierung, Entdemokratisierung

Die mit Bachelor/ Master einsetzende starke Verschulung des Studiums könnte als Motivation eine Verhinderung einer eventuellen Hinterfragung des und kritischen Auseinandersetzung mit dem Lehrstoff haben. Die Studenten sollen durch Anwesenheitspflichten, häufigere und strengere Leistungskontrollen diszipliniert werden.  (Schon das Schulsystem möchte ja die Prinzipien, Autoritäten, in diesem Fall die Lehrer, nicht in Frage zu stellen, sondern sich diesen gegenüber gehorsam und diszipliniert unterzuordnen, vermitteln.)

Denn das System von Modulen, Leistungspunkten, Studienzeiten, Prüfungen und praktischen Studienfächern, die Hierarchisierung und Bürokratisierung der Abläufe, das Zielgerichtete und Arbeitsmarktorientierte der neuen Studienmuster – all das bricht hier so radikal wie nirgendwo sonst mit den bisherigen Formen des Studiums … Studienzeiten und Studienkonten, Studienpunkte und Creditpoints, berufspraktische Übungen, Kontrollen und Vergleichbarkeitskriterien sorgen planmäßig dafür, dass Ungezwungenheit und Absichtslosigkeit aus dem Studium verbannt werden.“, so die Süddeutsche Zeitung.

Durch den gestiegenen Leistungsdruck entfällt die Zeit für außeruniversitäre Aktivitäten zu einem beträchtlichen Teil. Neben dem Studium zu arbeiten, um dieses zu finanzieren, wird schwerer möglich, die soziale Selektion des Bildungssystems wird verstärkt. Auch der Zeitraum für etwa politische oder soziale Aktivitäten oder die Tätigkeit in der studentischen Selbstverwaltung und den Gremien der Universität, wird knapper.

Zusammen mit der Bildungspolitik der konservativ/ liberal regierten Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg, in der es keine Verfasste Studierendenschaft gibt, und Hessens, in der die Gelder für die Verfasste Studierendenschaft nur bei dem Erreichen einer Wahlbeteiligung von 25% gezahlt werden, könnte dies also (wiewohl möglicherweise auch als unbeabsichtigtes Nebenprodukt) eine weitere Maßnahme gegen eine grundlegende Demokratisierung des Hochschulbereichs darstellen, hinter der die Idee einer kompletten Demokratisierung der Gesellschaft  steht (und im Endeffekt auch der Wirtschaft,  was Konservative und Wirtschaftsliberale fürchten).

Bachelor/ Master, Studiengebühren, dreigliedriges Schulsystem – bildungspolitische Manifestation sozialer Ungleichheit

Die Umstellung auf die Bachelor/ Masterstudiengänge ist aber nur im Zusammenhang mit anderen bildungspolitischen Maßnahmen der letzten Jahre sinnvoll zu betrachten. Das dreigliedriges Schulsystem, die Einführung von Studiengebühren und die Schaffung von Eliteuniversitäten stellen eine institutionalisierte Manifestation von sozialer Ungleichheit dar.

Heute ist es eine kaum bestrittene Erkenntnis der Bildungsforschung, dass das dreigliedrige Schulsystem Entscheidungen über die Zukunft der Schüler oft nicht aufgrund ihrer Leistungen, sondern aufgrund ihrer sozio-ökonomischen Herkunft trifft, dass es die soziale Schwächeren auch in der Bildung schwächt.

Eine neue Untersuchung zu Studiengebühren kommt zu dem Ergebnis, dass sich zwei Drittel der Abiturienten vor den Kosten eines Studiums fürchten. Geldsorgen führten oft zu der Erwägung eines Studienverzichts beziehungsweise eines -abbruchs (vgl: http://www.heise.de/newsticker/Zwei-Drittel-der-Abiturienten-fuerchten-sich-vor-den-Kosten-eines-Studiums–/meldung/141298).

Als Erklärung, dass diese Bildungspolitik dennoch betrieben wird, kann man die These aufstellen, dass die Struktur der sozialen Unterschiede dadurch bewahrt bleiben und so das Herrschafts- und gesellschaftliche und soziale Hierarchiesystem des Kapitalismus perpetuiert werden soll.

Interpretation: Umfunktionierung der Bildung zur Reproduktion des neoliberales Leitbildes

All diese Maßnahmen erscheinen sich zu manifestieren als Ausdruck des im Laufe der letzten 25 Jahre immer stärker werdenden Leitbildes der „Leistungsgesellschaft“, in der eine breite Entsolidarisierung gefördert und gefordert wird. Im Bereich der Reproduktion dieses Leitbildes kommt der Bildung eine bedeutende Rolle zu. In der Schule, in der Ausbildung, in der Universität wird systematisch gelehrt, dass der Mensch für seine Arbeit lebt, dass es darauf ankommt, sich selbst so gut wie möglich zu vermarkten und zu verkaufen , um für sich selbst möglichst viel Geld zu verdienen.

In der Hochschulausbildung will man eine wissenschaftliche Elite schaffen, die leistungsbereit, aber zugleich unkritisch und entpolitisiert ist. Das Leitbild des neutralen Wissenschaftlers, der frei von jeglichem moralischem Urteil handelt und die Ergebnisse seiner Forschung per Marktmechanismen dem Höchstbietenden verkauft, stellt dabei das Idealbild dar.

Ausbreitung des Neoliberalismus verlangt Gegenbewegung – herrschaftsfreier Diskurs bei sozialer Gleichheit

Die neoliberale Gedankenlehre hat es geschafft, nach Wirtschaft, Medien und Politik sich auch auf den Bereich der Bildung auszuweiten. Dabei entsteht im Zuge dieser immer stärker werdenden Aneignung der Gedanken, der als „alternativlos“ dargestellten Logik immer währender Konkurrenz, laut der jeder Mensch ausschließlich nach seiner persönlichen Nutzenmaximierung trachtet und in der der Einzelne nur das wert ist, was er wirtschaftlich zu leisten vermag, gerade um so mehr der Bedarf nach einer Gegenbewegung, die sich eines umfassendenden und demokratischen Bildungsbegriffes bedienen muss.

Eine solche Bildung, die der Befreiung der Menschen dienen soll, darf keine sozialen Barrieren aufweisen, sie muss kritisches Denken fördern und auf einem herrschaftsfreien Diskurs beruhen. Zudem ist es unerlässlich, dass sie auch ethische und moralische Werte vertritt und übermittelt.

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