Wahlempfehlung?

Ich habe überlegt, ob ich in diesem Blog eine Wahlempfehlung aussprechen soll. Reichlich spät, aber nun habe ich mich entschieden. Letztlich möchte ich das hier an dieser Stelle nicht für eine bestimmte Partei tun. Nicht, weil ich denke, dass dies nicht legitim wäre.

Selbstverständlich habe ich klare Präferenzen für bestimmte Parteien (das es sich dabei nicht um CDU oder FDP handelt, dürfte klar sein). Diese vertreten natürlich jeweils nicht alle meine Positionen (deckungsgleich), und in verschiedenen Gebieten stehe ich verschiedenen Parteien näher. Und ich denke, dass dies nicht wenigen so gehen wird.  Ich werde bei meiner Entscheidungsfindung der Partei meine Stimme geben, die in den für mich wichtigsten politischen Fragen die Positionen vertritt, die mir am nächsten liegen, und von der ich das meiste erwarten kann.

Wovon ich aber fest überzeugt bin: auch das vielleicht nach Meinung eines Wählers, wenn dieser das so sehen sollte, “geringere Übel” zu wählen ist eine rationale Entscheidung. Rationaler, als nicht wählen zu gehen, und dann vielleicht das “größere Übel” vorgesetzt zu bekommen.

Also sage ich nur: Geht wählen! Wählt die Partei, die euch am meisten überzeugt – oder wählt andernfalls auch das kleinere Übel. Durch Nichtwählen verändert man gar nichts.

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Wen wählen? – der bessere Wahlomat?

Der Wahlomat der Bundeszentrale für politische Bildung zur Bundestagswahl 2009 hat ja einige Schwachstellen. Ein Team um Alvar Freude hat einen Versuch gestartet, es besser zu machen. Auf http://www.wen-waehlen.de/ kann man seine poliischen Positionen nicht nur mit denen der Parteien , sondern auch mit denen der Bundestagsdirektkandidaten vergleichen.

Man kann sehen, wie die Bundestagskandidaten zu politischen Thesen stehen. Außerdem kann man (auf einer Skala von -5 bis +5) entscheiden, ob man bestimmte Kandidaten wählen würde (wodurch sich auch eine „Top oder Flop“-Liste als „Wählbar?“ oder „Nichtwählbar?“ ergibt). Weiterhin gibt es die Möglichkeit zu vergleichen, wieviele Kandidaten einer bestimmten Partei wie zu den jeweiligen Thesen geantwortet haben.

Beim Vergleich mit Parteien und Kandidaten kann man zunächst gewichten, wie wichtig einem bestimmte Werte und Ziele sind und im zweiten Teil bestimmte Thesen bewerten.

Bei den Werten und Zielen gibt es ingesamt eine recht gute Auswahl. Es handelt sich dabei um eher längerfristige und übergeordnete politische Konzepte und Ideen, z.B. „wirtschaftliche Freiheit“ oder „Solidarität und soziale Absicherung“. Die Punkte „Bildung“ und „Forschung und Förderung moderner Technologien“ hätte vielleicht zusammengefasst werden können. Man vermisst aber Punkte z.B. zum Themenbereich „Krieg und Frieden“. Und eher konservative Werte/ Einstellungen fehlen hier (Nation, Familie, Religion), die man vielleicht zu einer besseren politischen Zuordnung doch hätte aufnehmen sollen. Bei den Sternen wäre noch hilfreich, wenn da geschrieben wäre, wie viele es sind.

Beim nachflgenden 2. Abschnitt mit den politischen Thesen hat man die Möglichkeit, 56 politische Thesen mit „Nein!“, „Eher nicht“, „Unentschieden“, „Eher Ja“ oder „Ja“ beantworten. Diese Möglichkeit ist schon einmal deutlich besser als beim Wahlomaten „stimme zu“, „stimme nicht zu“ oder „neutral“. Außerdem kann man Thesen als „besonders wichtig“ kennzeichnen.

Die Thesen umfassen dabei fast alle politischen Bereiche. So gibt es 3 Thesen zum Bereich Außenpolitik, 4 zum Bereich Inneres/ Innere Sicherheit, 4 zum Bereich Steuern/ Finanzen, 5 mal wirtschaftspolitische Thesen, 7 zu Arbeit/ Soziales, 4 zu Umwelt und Energie, 3 zu Landwirtschaft, 2 mal Verbraucherschutz, 5 zur Netzpolitik, 3 mal im Bereich Medien/ Kultur, 3 zu rechtspolitischen Themen, 2 zu Verteidigung, 4 zur Familienpoliik, 2 mal Bildung und je 1 mal Forschung, Verkehr, direkte Demokratie, Förderalismus und Drogenpolitik.

Einzig der Bereich der Entwicklungspolitik wurde leider weggelassen. Etwas zu viel Gewichtung wurde vielleicht auf den Bereich Netzpolitik und Medien, etwas zu wenig auf Außenpolitik gelegt. Aber insgesamt ist eine sehr gute Auswahl gelungen.

Die Thesen sind meistens recht gut, verständlich und eindeutig formuliert und kurz erläutert. Nur bei These 9 sehe ich vielleicht einen gewissen Widerspruch „Die Gehälter von Managern sollen begrenzt werden. Hier sind verschiedene Arten denkbar, u.a. durch steuerliche Modelle, die extrem hohe Einkommen, Bonuszahlungen oder Abfindungen unattraktiv machen“: begrenzen ist nicht gleich unattraktiv machen. Bei These 32 hätte man vielleicht noch eine eventuelle Steuerfinanzierung ansprechen können. Aber im Vergleich zu der Fragestellung zum Wahlomaten wurde hier deutlich mehr Sorgfalt walten lassen.

Schade ist noch, dass von den Parteien nur CDU/ CSU, SPD, FDP, Grüne, LINKE, PIRATEN, ödp und BüSo und auch nicht alle Direktkandidaten die Thesen beantwortet haben (was man aber natürlich nicht den Machern vorwerfen kann).

Das innovative an “Wen Wählen?” ist, dass man die Meinungen der einzelnen Kandidaten und nicht nur der Parteien vergleichen kann. Die Vorteile für eine Entscheidung, wem man seine Erststimme gibt, sind offensichtlich. Auch nach der Wahl kann man hier gut Positionen von vor und nach der Wahl vergleichen. Demokratisierende Möglichkeiten des Netzes werden hier gut genutzt. Es gibt hier deutlich mehr Thesen als beim Wahlomaten und es werden mehr Themenbereiche angesprochen. Es gibt weniger absolute Formulierungen, eine klarere Zuordnung ist besser möglich als beim Wahlomaten.

Insgesamt scheint Wen Wählen? ein deutlich besseres Mittel als Hilfe zur politischen Entscheidungsfindung als der Wahlomat.

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Die TV-Spots zur Bundestagswahl – welche Partei blamiert sich am meisten?

Wenn man ohne Fernseher ist, verpasst man ja ganz die besten Seiten des Wahlkampfes: die TV-Spots. Naja, mittels dieses „Internets“ werde ich mir die dann doch mal ankucken. Also, dann mal los!

CDU: Der erste Spot… Boah, ist das ekelhaft pathetisch! Und die Inhalte??? Fällt schwer, das schon beim ersten Spot zu sagen, aber so etwas hat nicht mal die CDU verdient! Der zweiten Spot der CDU dreht sich auch nicht um Inhalte, sondern ausschließlich um die Bundes-Angie. Man wirbt mit der Einheit. Auch schon etwas her. „Bildung und Forschung voranbringen“? Bitte, liebe CDU, ihr könnt ja gerne mit aus eurer Sicht Erfolgen werben. Aber damit? Ist das Zynismus? Wenigstens wissen wir etwas, was Merkel gerlernt hat, nämlich: „wie wichtig eine Frisur sein kann“. Und jetzt Merkels Jubelbilder von der WM 2006? Das muss doch Satire sein! Spot lässt einen ratlos. Echt? Oder doch ne Verarschung der Titanic?

SPD: Zum Deutschlandplan. Recht professionell gemacht. Gut, blaue Schrift auf blauem Hintergrund muss nicht sein. Neben der Süddeutschen werden Zitate von Spon, Handelsblatt, Financial Times Deutschland und Focus Online gebracht. Kann mir ein Schmunzeln nicht vergreifen, wenn ich mir vorstelle, wie die sich ärgern werden, dass die SPD mit ihnen Werbung macht.

FDP: Inhaltsleer wie der erste CDU-Spot. Nur alles in gelb. „Deutschland kann anpacken“: Yuppie kann Blätterstapel kleiner machen, indem er auf ihn zeigt. Magie im Spiel? „Manager-Typen“ spielen offensichtlich während der Arbeitszeit im Büro Basketball. So wird es mit Deutschland nicht vorangehen! „Deutschland kann stolz sein“. Oh Mann. Dann sagt es doch, wie ihr es sagen wollt. wenn ihr auf Stimmenfang gehen wollt! Naja, wenigstens wird während des Spots nicht gesprochen. Oh, ne, jetzt doch! Und wer wohl? Na?

Bündnis 90/ Die Grünen: Gehe aufgrund der letzten Grünen-Wahlspots mit hohen Erwartungen in diesen Clip… Hm… Zusammengeschnittene Statements. Sieht aus wie ein Zurschaulaufen der Özdemirs und Co.s, die bei Jamaika an was anderes als die klassischen Grünen denken. Spot in der Form nicht mehr von anderen Parteien unterscheidbar. Das konntet ihr mal besser!

Die LINKE.: Stimmen aus dem Hintergrund zu Aufnahmen von Hochhäusern und Die Linke-Fahnen… Wer spricht da? Jetzt sieht man ein paar… Wer ist das? Und bei der Musik geht aber auch noch ein bisschen was…

CSU: (Vermutlich echter) Biergarten mit gestellten Gesprächen zwischen Seehofer und n paar Leuten. Jetzt ist man in Berlin. Und wieder in Bayern. Was ist denn überhaupt „unser Land“ ständig? Verwirrung vorherrschend. Wenn das Deutschland ist, warum kann man Euch dann nur in Bayern wählen? Achso, „was unser Land jetzt braucht, ist ein starkes Bayern in Berlin“. Jetzt auch noch Expansionsgelüste?

Piratenpartei: Der erste Spot ist zu gestellt. Der hier und der hier (eine Variante von “Du bist Terrorist”) sind die besten Spots bisher. Wirklich gut gemacht!

Freie Wähler Deutschland: Wütende Hausfrau aus der Laien-Theater-Truppe. Vorsicht mit dem Bügeleisen! Huch! Was ist denn das jetzt? Naja, schon vorbei.

ödp: Erstaunlich professionell im Vergleich zu den anderen Kleinparteien. Dass diese sich v. a. über die Abgrenzung zu den „etablierten Parteien“ definieren, ist ja bekannt. Naja, aber orange sind doch heute einige Parteien, wenn ich das richtig sehe.

Tierschutzpartei: Die da oben! Die versprechen alles und halten sich nie daran! „Die noch keine Stimme haben“? So wird es wohl bei dieser Partei auch nach der Wahl sein. „Bitte wach werden“. Ok, der Spot ist ja gleich rum.

NPD: Fremdenhass und schlechter Populismus. Solche Menschen wie Voigt können offensichtlich sich nicht mal für so einen Spot auf freundlich verstellen. Nur das hassverzerrtes Gesicht des Rechtsextremismus. „Heimreise statt Einreise“ wird sich auch der normale NPD-Pöbel noch merken können. Aber die Rechtsextremen treten ja zur Bundestagswahl wieder getrennt an…

DVU: „Vor 60 Jahren haben unsere Großmütter dieses Land aus den Trümmern wieder aufgebaut“? Wer hat denn die Trümmer verursacht? „Unser Großväter waren keine Verbrecher!“ Und dann zeigt man ein total übertriebenes Idealbild der Nachkriegszeit? Wenn ihr jetzt einen auf bürgerlich macht, nimmt euch das eh keiner ab. Ah, jetzt kommt der Ausländer- und Islamhass. Anti-Gloablisierung, „Abtreibung ist Mord“, „Rückkehrpremie“. „All dies sind ganz normale Forderungen“. Zum Glück seit nun 64 Jahren nicht mehr.

MLPD: Professionelle, nicht-lispelnde Sprecher sind doch gar nicht soo teuer! Jetzt kommen sie mit merkwürdigen Wirtschaftsdaten. „Die MLPD steht für die revolutionäre Alternative. Das ist der echte Sozialismus.“ Muhaha!

Partei für Soziale Gleichheit: Sektion der Vierten Internationale. Größter Feind ist für sie die Linkspartei? Und man will eine „unabhängige Mobilisierung der Arbeiter“ unter der Abhängigkeit von der PSG? Ein bisschen widersprüchlich alles. Aber merkt ihr selber, ne?

Rentnerinnen- und Rentner-Partei: Uh, die hat so ein lustiges Fahrgerät wie Kevin James in diesem Film da. Der Kaufhaus-Cop oder so. Will ich auch! Wie heißt das? Wo gibt’s das? … Hm, war sonst noch was außer Phrasen und Sprichwörtern?

Rentner-Partei-Deutschland: Baha! Die haben echt wieder den Europawahl-Spot ausgepackt mit der 90er-Elektro-Trash-Konserve (was die alten Leute sich heute unter „kuhler Techno-Musik“ oder so vorstellen) und der Rentner-Partei-Deutschland-Baseballkappe! Aufhören! Ich kann nicht mehr!

Allianz der Mitte: Nie gehört bisher. Wird man wohl auch nie wieder von hören. Kind fragt am Ende des Spots genervt „können wir jetzt endlich weiterfahren?!“ Ich glaube ja, das war echt und nicht so geplant.

Volksabstimmung: Mein Gott! Hat sich der alte Mann vor die Kamera verirrt? Kann ihm nicht jemand helfen? Und er beginnt ein Dutzend Sachen, die er machen will, mit „wir werden…“ Wahrscheinlich glaubt er echt dran.

Familienpartei: Ist das nicht wieder mal der selbe wie zur Europawahl? Was soll das sein? Debilität als Wahlprogramm? Zwitscher zwitscher.

Bayernpartei: Einer der besseren Kleinparteien-Spots. Was das aber alles mit Bayern zu tun haben soll, wird nicht klar.

Zentrum: „In diesem Land werden bald die Lichter ausgehen!“ Die älteste Partei Deutschland muss es wissen. War die nicht am Untergang der letzten deutschen Demokratie zumindest teilweise beteiligt?

Partei Bibeltreuer Christen: Kinder. Aha. Und sonst? Klimper klimper.

Christliche Mitte: Wieder ein recycleter Europawahl-Spot. Spießertum, „nein zur Abreibung“, Homosexuellen- und Islamhass, EU-Feindschaft und Nationalismus. Die christliche Rechte.

Bürgerrechtsbewegung Solidarität: Mein Gott! Das ist doch jetzt nicht wahr, oder? Was für ein Scheiß! Wir werden alle sterben! Jetzt zeigt sie Proteste gegen Obamas Gesundheitsreform und redet von ganz was anderem. “Die Unregierbarkeit droht!” Oh ne, jetzt nicht echt! „Das ist mein Patentrezept!“ Ist das nicht so ein Wort, das man sonst nur mit einem „kein“ davor benutzt?

Die Violetten: Für spirituelle Politik… So so. Was wollen die denn so? Bedingungsloses Grundeinkommen? Ich will Homöopathie und Wünschelruten, Geister und Außerirdische! So reißt ihr niemanden vom Hocker. Zweite Frau kuckt unsicher hilfesuchend, kriegt aber den auswendig gerlenten Text mit etwas Stocken dann doch noch hin. Oh, jetzt. Freie Wahl geben, zu “entscheiden zwischen Schulmedizin, alternativer Medizin, Naturmedizin und sogar Energiemedizin“? Warum nicht „entscheiden zwischen Medizin, Paramedizin, Scharlatanerie und sogar Quacksalverei“?

… Und schließlich? Was bleibt festzhalten? Gerade die Spots der kleinen Parteien wirken mit wenigen Ausnahmen oft so, als ob sie mit zwei Leuten an einem Nachmittag abgedreht wurden. Schlechte Texte, schlechte Sprecher, schlechte Musik, schlechte Bilder. Bei den großen Parteien fehlen oft inhaltliche Aussagen zu Gunsten des Aufbaus von bestimmten Gefühlen und Stimmungen. Die kleinen Parteien ziehen diese oft aus einer Ablehung von “denen da oben”, die ja eh nur machen, was sie wollen etc.

Die besten Spots sind für mich die der Piratenpartei, der SPD und der ödp. Die schlechtesten? Schwer… So viele so unfassbar schlechte… Inhaltlich am schlechtesten sind sicher die von NPD und DVU. Von der Machart her würde ich sagen die der Christlichen Mitte und der Rentner-Partei-Deutschland (und vielleicht noch der PBC).

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Illners TV- Dreikampf – Fairness sieht anders aus

Mit TV-Duellen von Politikern vor Wahlen ist es ja immer so eine Sache. Themen werden vereinfacht, wichtige Aspekte weggelassen, was von den Aussagen hinterher übrig bleibt, ist gelinde gesagt zweifelhaft usw. Alles berechtigt. Trotzdem habe ich mir mal den “TVdreikampf” zwischen Westerwelle (FDP), Künast (Grüne) und Gysi (Linke) am Donnerstag mal angeschaut, die Sendung, mit der die in den Bundestag gewählten Oppositionsparteien (oder “die Kleinen”) quasi für das Duell der zwei “Großen” entschädigt werden sollen (worüber es auch während der Sendung bei den dreien merkbaren Unmut gab – Westerwelle hat schon Recht: “Zur Demokratie gehört auch die Opposition”). Themen waren Afghanistan, Opel, Arbeitsplätze, Steuern und die Sozialversicherungen (Rente und Gesundheit).

Polit-Talk à la Illner: Gysi wird ausgelacht, Westerwelle muss sich als Sozialrevolutionär üben

Auch wenn ich die Positionen von Westerwelle nicht teile, muss man doch zugestehen, dass er diese recht gut vertreten hat. Er gab sich dabei sogar, durchaus überraschend, relativ gemäßigt. Zumindest gemäßigter als Illner. Aber der Reihe nach.

Spätestens als es um die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik ging, ab Minute 36 der Sendung, stichelte Frau Illner immer wieder in einer bei sich neutral gebenden Journalisten so kaum gesehen arrogant-herablassenden Weise dazwischen, sei es auch nur mit kurzen abfälligen Bemerkungen. Derart abfällig, dass es wirklich eine Farce wäre, hier von Ausgewogenheit, Neutralität oder auch nur Fairness seitens der Moderation zu sprechen.

Ein Zuschauer, der wirkte wie ein beliebiger JU-Vorsitzender, stellte Gregor Gysi die obligatorische Frage nach der Finanzierbarkeit der Pläne der Linken. Er zitierte dabei auch die Zahl von 300 Milliarden Euro (laut der Rheinischen Post, nach dem Zuschauer aber laut der Linken), die die Pläne der Linken angeblich kosten würden. Nun haben die NachDenkseiten ausgeführt, dass diese Zahl nicht stimmt und viel zu hoch gegriffen ist. Und Gysi führte aus, dass die Zahlen nicht stimmen (und laut Schätzungen von Ökonomen die Pläne sogar kostendeckend wären). Spätestens da zeigte sich, dass Die Linke eben nicht wie jede andere Partei behandelt wird und schon gar nicht versucht wird, sie fair zu behandeln. Frau Illner konnte sich scheinbar nicht zurückhalten, über poliische Aussagen Gysis tatsächlich zu lachen, nahm ich sichtbar nicht ernst und führte ihre Kaskade höhnisch-sarkastischer Bemerkungen und Frotzeleien (“Sie machen heute nur tolle Bemerkungen!”) immer wieder, wenn Gysi sprach, fort. Und Gysi, der ja im TV durchaus fast immer recht locker wirkt, war sichtbar irritiert.

Als der Zuschauer darauf kam, was die Linke tue, um die “Leistungsträger” zu entlasten (übersetzt: Senkung der Steuern für Spitzenverdiener, weitere Nichtbesteuerung von Vermögen), machte Gysi darauf aufmerksam, dass auch Arbeitnehmer Leistungsträger für die Gesellschaft sind. Künast griff dass ein wenig später auf und sagte, dass auch jeder Facharbeiter oder jede Altenpflegerinnen  “Leistungsträger” sei. Illner warf  dort ein abfälliges “Die empfindet sich als…” ein. Woraufhin Westerwelle einspringen musste (!) und Künast unterstützte.

Ein paar von Illners Nebentätigkeiten: Initiative Neue Soziale Markwirtschaft, Konrad-Adenauer-Stiftung und der Vatikan

In der Vergangenheit moderierte Illner Veranstaltungen der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Die INSM ist eine von Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbänden gegründete und finanzierte Lobbyorganisation, die für den Abbau des Sozialstaates, Privatisierungen von öffentlichen Betrieben und Sozialsystemen, Senkung der Unternehmenssteuern oder die Einführung von Studiengebühren eintritt. Nach Ansicht des Politikwissenschaftlers Claus Leggewie will die INSM weniger soziale Marktwirtschaft, sondern viel mehr kapitalistische freie Marktwirtschaft.  Für sie arbeiten solche Sympathieträger wie Arnulf Baring, Oswald Metzger, Martin Kannegiesser oder Bernd Raffelhüschen.

Die INSM unterhält “Medienpartnerschaften” zu der Financial Times Deutschland, der Wirtschaftswoche, der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, dem Focus, dem Handelsblatt und der Fuldaer Zeitung. Dabei kann das Verhältnis der INSM zu den Medien durchaus kritisch betrachtet werden. Die Kritiker erheben den Vorwurf, dass die Grenzen zwischen Journalismus und PR dabei zusehends verschwimmen. Die INSM habe es geschafft, einen “neoliberalen Mainstram in den Medien durchzusetzen”, so der Medienwissenschaftler Siegrfried Weischenberg. Eine Studie der Universität Münster kommt zu dem Ergebnis, dass die Medienberichterstattung weitgehend die INSM-Perspektive übernehme und nicht deutlich mache, dass diese strategisch Arbeitgeberinteressen vertritt. Auch die “Botschafter” der INSM sind bekannt dafür, diese Rolle nicht unbedingt transparent zu machen. Doch die INSM greift noch zu ganz anderen Mitteln. 2002 hatte sie per Schleichwerbung in der ARD-Serie Marienhof von ihr geschriebene Szenen und Dialoge platziert, die ihre neoliberale Ansichten verbreiten sollten. Auch direkter Druck auf Medien und Verunglimpfung von Journalisten, die andere Positionen vertreten werden ihr vorgeworfen.

Auch für die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung sprach sie, oder moderierte für den Vatikan (dort mit Sympathisanten von Opus Dei) sowie u. a. für McKinsey, wie CARTA recherchiert hat. Die Höhe der Honorare blieb dabei immer unklar.

Illners Sendungen – Teil der Medienkampagnen gegen links?

Schon in der Sendung “Illner Intensiv” bediente man alte Kommunististen-Klischees und übte sich in Suggestivfragen oder warf ihr mal wieder Demokratiefeindlichkeit vor. In der Folge von Lafontaines Kritik an einer hohen Medienkonzentration war in der Presse sogar von Verschwörungstheorien die Rede.

Man muss es so festhalten: Illner gehört zu der Reihe von Journalisten, die dazu beigetragen haben und daran mitarbeiten, dass der Neoliberalismus und die Interessen der Arbeitgeberlobby die Mainstream-Medien dominieren, dass der Sozialabbau als alternativlos dargestellt wird und Gegner dessen (etwa als “Populisten”) diskreditiert werden. Deshalb ist es kein Wunder, dass Illners Sendungen als einen Teil der Medienkampagnen gegen die politisch linke Richtung ansehen werden. Wie Kampagnenjournalismus funktioniert, kann man in ihren Sendungen auch so sehen. Illner muss Gysi nicht auslachen, damit dies klar wird.

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Der neue Wahlomat – schlecht gemacht und tendenziös

Der Wahlomat zur Bundestagswahl 2009 der Bundeszentrale für politische Bildung ist nun endlich online. Ich habe den Wahlomaten schon seit Jahren jedesmal ausprobiert. Bisher fand ihn zwar auf keinen Fall ein ausreichendes Mittel zur politischen Entscheidungsfindung. Jedoch schien er immer relativ gut gemacht, die Fragen deckten wichtige Bereiche ab und waren recht gut formuliert und die Ergebnisse vielen erwartungsgemäß aus (es sei hier gesagt – Lesern dieses Blogs wird es sowieso kein Geheimnis sein – mit der Linken, der SPD, den Grünen und bei den letzten Wahlen der Piratenpartei auf den vorderen Plätzen, gefolgt von Union und FDP, und den rechten Parteien weit abgeschlagen auf den untersten).

So ist es diesmal nicht. Diesmal fallen bei mir die Ergebnisse etwas anders aus als bei allen anderen Wahlomaten zuvor. Die NPD etwa landete noch vor CDU/CDU und FDP. Und auch bei anderen Leuten, die dem “linken Lager” angehören, sah es ähnlich aus. Sind wir alle seit der Europawahl plötzlich zu Nazis geworden? Oder nur so einfach unglaublich dumm? Schwer vorstellbar. Ich habe diesmal vielmehr stark den Eindruck, dass politisch linke und grüne Positionen zu extrem dargestellt werden. Es lohnt dabei zur Verifizierung sich ein genauerer Blick auf einige “Thesen” des Wahlomaten:

These 3: “Die Bundeswehr soll sofort aus Afghanistan abgezogen werden.”

Würde es nicht reichen, dass “sofort” wegzulassen? Denn dies wäre ein durchaus überhastetes Manöver, dass ja auch die neue US-Regierung unter Präsident Obama nicht gutheißt. Ein Zeitplan zum Abzug könnte deulich sinnvoller erscheinen (was z.B. die Grünen fordern, die aber bei dieser Fragestellung keinen Punkt erhalten würden, wenn man nicht für einen sofortigen Abzug ist).

These 5: “Unternehmen sollen über die Höhe von Managergehältern frei entscheiden können.”

Natürlich sollen sie das. Das bestreitet auch Die Linke z.B. nicht. Sie will eine Verringerung steuerlicher Vergüstigungsmöglichkeiten. Ihre Antwort wird hier trotzdem als “nein” gewertet. Die SPD will eine stärkere Orientierung am langfrsitigen Erfolg des Unternehmens und eine Begrenzung der steuerlichen Absetzbarkeit von Managergehältern. Ihre Antwort wird als “ja” gewertet. Ähnliche Positionen werden entgegengesetzt gewertet.

These 9: “Ausnahmsloses Verbot von Tierversuchen.”

In erster Linie stehen doch die Tierversuche aus kosmetischen (nicht medizinischen) Gründen in der Kritik. Die Position der Grünen “Tierversuche sollen nur noch dann durchgeführt werden dürfen, wenn sie unerlässlich sind und es keine Alternative gibt, um die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt zu schützen. Und wenn dabei keine Tiere gequält werden.” (ähnlich bei der Linken – beide Positionen werden als “ja” gewertet”) erscheint mit dabei unterstützenswert. Falls Tierversuche als letztes Mittel zur Therapie schwerer Krankheiten anzusehen sind, sind sie für mich zu befürworten. Das sagen ja auch die Grünen ähnlich, die SPD sagt es so: “Wir wollen Tierversuche deutlich reduzieren und auf das wirklich unerlässliche Maß beschränken” , und ihre Antwort wird als “nein” gewertet.

These 11: “Handelsbeziehungen mit Staaten, die Menschenrechte missachten, sollen eingestellt werden.”

Keine Partei (!) stimmt dieser Frage in dieser Formulierung laut dem Wahlomaten zu. Weil sie viel zu drastisch ist. Ich habe in diesem Blog schon öfter geschrieben, dass eine stärkere Orientierung an Good Governance-Kriterien in vielen Fällen sinnoll sein kann. Aber ein kompletter Abbruch des Handels? Etwa auch zu China z.B.? Unter Bush jr. hätte das (spätestens seit 2002) ja auch für die USA gelten müssen. Außerdem werden Chancen für die Entwicklung von Fortschritt und Demokratie durch Beteiligung am internationalen Handel und Integration in die Weltwirtschaft und dadurch immer mehr in die Weltgemeinschaft, wie sie etwa für China beobachtet werden, durch diese Frage ignoriert.

These 18: “Die Türkei soll die Vollmitgliedschaft in der EU erhalten.”

Die obligatorische Frage für die Nationalkonservativen übersieht Antworten wie “sobald sie die Kopenhagener Kriterien im Hinblick auf eine demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, auf die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten in vollem Umfang erfüllt.” (bei der Linken, ähnlich bei der SPD, deren Antworten also pauschal als “ja” gewertet werden).

These 23: “Christliche Werte sollen das Leitbild deutscher Politik sein!”

Welche christlichen Werte? Die ursprünglichen wie Nächstenliebe? Oder das, was die Kirchen daraus gemacht haben? Mit vielen Aussagen könnten sich auch bestimmt Wähler von anderen Parteien außer Union und Republikanern (Antworten als “Ja” gewertet) anfreunden.

These 33: “Generelles Verbot von Rüstungsexporten deutscher Firmen.”

Hier wäre diese Forderung ja nun wohl v.a. für Staaten, die die Menschenrechte missachten, zu unterstützen. Jedoch wird so eine Meinung (wie bei der SPD: “Wir stehen zu einer restriktiven Rüstungskontrollpolitik. Rüstungsexporte in Krisengebiete und eine Aufweichung der rüstungsexportpolitischen Grundsätze lehnen wir ab.”) als “nein” gewertet und daher genauso wie die der gewissenlosen Rüstungslobbyisten á la “Lord of war”, um es überspitzt auszudrücken.

These 38: “Die Demokratie, die wir in der Bundesrepublik haben, ist die beste Staatsform.”

Was ist z.B., wenn man die Form in der Schweiz besser findet? Wird man bei dem Wahlomaten mit den Republikanern (!) in einen Topf geworden? Oder muss man gar genauso wie  die Rechtsextremen der NPD antworten mit “nein”?

Auch andere Fragen sind zu absolut formuliert oder einfach Schwachsinn, dem nur radikale Randgruppen zustimmen würden (wie These 4: Austritt aus der EU, oder These 21: Wiedereinführung der D-Mark). Und der Wahlomat deckt auch nicht die relevantesten Fragen ab. Fragen zur Innenpolitik, zu den Themen Überwachung und Freiheit des Internets sind unterrepräsentiert, das Gebiet Entwicklungspolitik z.B. wird gar nicht behandelt.

Fazit: Dieser Wahlomat ist schlechter gemacht als alle bisherigen. Und er ist tendenziös ausgerichtet. Die Fragenauswahl bevorzugt Parteien des rechten Randes überproportional, die Fragenstellung benachteiligt SPD, Grüne (und schwächer Die Linke). Woran das liegen mag, soll der Meinung des Lesers überlassen bleiben.

UPDATE: Dieser Beitrag wird im Artikel “Ich will kein Nazi sein” beim Standard zitiert. 🙂

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Angie in Trier

Eigentlich wollte ich ja hier etwas über die Wahlkampfveranstaltung der Perle der Uckermark gestern hier bei uns an der wunderschönen Mosel, die sie auch laut eigener Aussage von ihrem Hubschrauber aus bewundern konnte, schreiben.

Das fällt jetzt aber zusehends schwer. Einfach, weil es nichts gab. Nicht, dass einen Unionswähler hätte mitreißen können, nichts, was den unbedarften Bürger überzeugen könnte. Und noch nicht mal etwas, über das man sich aufregen konnte. Keine strittigen Themen, nur Allgemeinplätze und so unklar gehaltene politische Aussagen, dass diesen fast jeder zustimmen würde (nach dem Schema “Wir müssen die Familien stärken!” “Die Finanzmärkte dürfen auch nicht ganz unreguliert sein!”). Und was an CDU-Politik gelobt wurde, war v. a. in der Zeit Adenauer bis Mauerfall zu verorten. Substanz- und Inhaltslosigkeit in einer selbst im Wahlkampf kaum gekannten Form.

Wie man eine Wahlkampfrede halten konnte, hatte Schröder beim Wahlkampf 2005 in Trier gezeigt. Ob man jetzt seine politischen Inhalte gut oder schlecht findet, er konnte zweifelslos die Zuschauer mitreißen. Als Reaktion auf den Auftritt der sich selbst als “Staatsoberhaupt” bezeichnenden Kanzlerin (nicht, dass das etwa der Bundespräsident wäre…)bleibt nur ein ratloses Schulterzucken.

Das einzige, was ich gern gesehen hätte (ich kam etwas zu spät – aber wo beginnt denn so eine Veranstaltung auch bitte pünktlich?), war die Rede des Premierministers unsere Lieblings-Nachbar-Großherzogtums. Schon merkwürdig genug, dass ein ausländischer Regierungschef Wahlkampf für unsere Bundes-Angie macht. Obwohl, Berlusconi z.B. wär mal ziemlich lustig gewesen. Während ihrer Rede stand der Juncker jedenfalls mit nem Bier da. Wenigstens er hatte wohl Spaß.

Ach, und auch unser örtliches Lokalblatt, der Trierische Volksfreund (für die Nicht-Trierer: ja, der heißt wirklich so!) scheint sich jetzt in die CDU-Jubelpresse-Front einzureihen:

Was für ein Kontrast-Programm: Am Montag in Danzig noch ganz Staatsfrau beim 70. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen, war Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch in Trier und Ludwigshafen wieder ganz die CDU-Bundesvorsitzende und als solche mitten im Wahlkampf. (…)

Am Mittwochabend wurde die CDU-Bundesvorsitzende vom christsozialen Nachbarn Jean-Claude Juncker begleitet. Ein gutes Duo: Juncker gab sich gewohnt locker (“Mein Privileg als Ehrenbürger ist es, hier gratis bestattet zu werden”), Merkel dagegen etwas ernsthafter. (…)

Obwohl, aus dem nachfolgenden Bericht im Volksfreund könnte man fast den Eindruck haben, “Angie” sei eine gefährliche Sozialistin und Umverteilerin. Vielleicht hält das ja doch noch CDU-Sympatisanten vom CDU-wählen ab. Dieter Lintz hingegen hat zu Angies Auftritt einen (mal wieder) ziemlich guten Kommentar beim Volksfreund geschrieben.

Auf 16 vor wird unterdessen nur die Rede Merkels nachgebetet wie im Monats-Käseblatt vom CDU-Ortsverein. Da hat man auf dieser Seite schon deutlich besseres gelesen.

UPDATE: Bessere Berichte gibt es dagegen hier und hier.

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Die Entwicklungspolitik der Parteien – Ignoranz bei der CDU, Desinteresse bei der FDP

Die Studie Sie haben die Wahl! Entwicklungspolitische Positionen der Parteien zur Bundestagswahl 2oo9 von VENRO und Deine Stimme gegen Armut untersucht die entwicklungspoltischen Positionen von CDU/CSU, SPD, Grüne, FDP und Die Linke.

In relativ vielen Punkte stimmen die Parteien dabei sogar überein. Angesichts sehr vieler sinnvoller Konzepte und Ideen scheint es sinnvoll, sich ein paar problematische oder sogar schädliche anzusehen:

Die CDU lehnt die Agrarsubventionen der Industrieländer für ihre Landwirtschaft nicht ab und betont sogar, dass sie „verstärkt Exportmärkte für die deutsche Land- und Ernährungswirtschaft erschließen und die Exportoffensive fortsetzen“ will.

Jährlich geben die Industrieländer  für Importzölle und Exportsubventionen auf Agrar- und Textilprodukte mit 350 Milliarden Dollar das Siebenfache ihrer Entwicklungshilfe aus. Durch Exportsubventionen werden die hohen Preise auf oder unter das Weltmarktpreisniveau gesenkt, sogar bis um mehr als ein Drittel unter den Produktionskosten. Die  Zollschranken der Industrieländer  für Exporte aus Entwicklungsländern sind 4 mal höher als für Exporte aus anderen Industrieländern. Der Protektionismus der Industrieländer kostet die Entwicklungsländer nach IWF- und Weltbankschätzungen mit 100 Milliarden Euro doppelt so viel, wie sie an Entwicklungshilfe von ihnen erhalten.

Die CDU setzt sich ebenfalls für weiterhin strenge Patentregelung ein.

Die Entwicklungshilfe will die CDU an Good Governance-Kriterien und die Einhaltung der Menschenrechte knüpfen. Dies erscheint v.a. im Bereich der Budgethilfe sinnvoll, aber: CDU und FDP sind eher gegen die Budgethilfe.

CDU und SPD wollen eine starke Rolle der G-8 bei der Steuerung der Globalisierung behalten.

Die Zusage, 0,7 Prozent des BNE für Entwicklungszusammenarbeit bereitzustellen, findet sich überall, bei CDU, FDP und Linke fehlt jedoch das (bereits zugesagte) Zieljahr 2015. Besonders bei der FDP wird mit der Aussage, die „Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit stärker in den Mittelpunkt stellen zu wollen als die Höhe der Gelder“ deutlich, dass eine Erhöhung der Entwicklungshilfe wohl nicht zu erwarten wäre.

Die FDP lehnt innovative Finanzierungsinstrumente für Entwicklungshilfe ab, die CDU äußert sich dazu nicht.

Die Erlöse aus dem Emissionshandel will die FDP nicht in den Klimaschutz und die Entwicklungszusammenarbeit investieren, sondern mit ihnen die Senkung der Stromsteuer finanzieren.

Außerdem ist die FDP als einzige Partei für die Abschaffung des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Die Linke will regionale Märkte in Entwicklungsländer stärken. Für einige Länder kann dies der richtige Weg sein. Empirische Untersuchungen zeigen jedoch, dass offene und weltmarktorientierte Entwicklungsländer höhere Wachstumsraten des Pro-Kopf-Einkommens haben als geschlossene.

Vergleicht man die Positionen der Parteien zu denen, die seitens der Wissenschaft und seitens der Zivilgesellschaft, wie etwa durch Nichtregierungsorganisiationen wie VENRO zum Ausdruck gebracht werden, so ergibt sich, dass die CDU aus entwicklungspolitischer Sicht nicht wählbar ist. Gerade die Existenz hoher Agrarsubventionen des Nordens ist zweifelsohne ein gravierende Entwicklungshemmnis für den Süden, und nur die CDU besteht aus Klientelinteressen darauf.

Die FDP unterstreicht dadurch, dass sie das BMZ abschaffen und nicht mehr Gelder bereitstellen will, dass die Entwicklungspolitik keine ihrer Prioritäten darstellt, auch sie erscheint hinsichtlich ihrer entwicklungspolitischen Vorstellungen kaum wählbar.

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Entwicklungspolitik bei der Bundestagswahl

Welche Forderungen kann man aus entwicklungspolitischer Sicht an die zur Bundestagswahl antretenden Parteien stellen? Und wie sehen die Positionen der Parteien zur Entwicklungspolitick aus?

Der Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen (VENRO) hat 10 Forderungen zur Bundestagswahl gestellt. Der Kampf gegen Hunger und Armut, für demokratische Teilhabe, soziale Gerechtigkeit und den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen gehöre  ganz oben auf die politische Agenda einer auf eine demokratische, soziale und ökologische Gestaltung der Globalisierung ausgerichteten Politik, so VENRO. Die Forderungen (die auch näher spezifiziert und konkretisiert werden) sind:

  1. Die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise für die Armen mindern
  2. Die Millenniumsentwicklungsziele voranbringen
  3. Versprechen halten – Mehr und bessere Entwicklungszusammenarbeit
  4. Hunger bekämpfen – Welternährung sichern
  5. Klimawandel stoppen
  6. Gerechtigkeit im Welthandel
  7. Gesundheit und Bildung für alle
  8. Frieden und Sicherheit schaffen, Krisenprävention ausbauen, die Unabhängigkeit der humanitären Hilfe sichern
  9. Rolle der Frauen stärken und Geschlechtergerechtigkeit schaffen
  10. Solidarität und Kompetenzen im Umgang mit der Globalisierung stärken

In der Studie Sie haben die Wahl! Entwicklungspolitische Positionen der Parteien zur Bundestagswahl 2oo9 von VENRO und der Aktion ” Deine Stimme gegen Armut” wird untersucht, welchen Stellenwert und welche Rolle die Parteien der Entwicklungspolitik geben. Schwerpunkte der Untersuchung sind: Ziele der Entwicklungspolitik, mehr und bessere Entwicklungszusammenarbeit, globale Wirtschafts- und Finanzkrise, gerechter Welthandel und der Klimawandel. Betrachtet werden CDU/CSU, SPD, Grüne, FDP und Die Linke.

Die dafür analyierten Wahlprogramme der Parteien zur Entwicklungspolitik und die Antworten der Parteien auf einen Fragenkatalog finden sich auf dieser Seite, und dort gibt es auch Vorschläge, was man zur Bundestaggswahl gegen Armut tun kann, sowie verschiedene Materialien und Links zum Thema.

Bei Deine Stimme gegen Armut gibt es ebenfalls einen Entwicklungspolitischen Wahlhelfer, ähnlich dem bekannten Wahlomaten, bei dem man Aussagen zur Entwicklungspolitik zustimmen, ablehnen oder auch überspringen kann. Die Antworten werden mit den Programmen der Parteien verglichen und die Übereinstimmung festgestellt. Jedoch werden dort nur 10 Fragen gestellt, und es kann auch gefragt werden, ob diese die wichtigsten Punkte abdecken. Eine Kritik zu dem Wahlhelfer gibt es auch im Blog der Rheinzeitung.

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BRD – Bananenrepublik Deutschland?

Die OSZE will erstmals Wahlbeobachter nach Deutschland schicken. Grund ist die umstrittene Ablehnung mehrerer Kleinparteien – der Partei Die PARTEI, der Freien Union und der Grauen – durch den Bundeswahlleiter (vgl.: Warum die Premiere des Wahlleiters zur Farce geriet). Der Staatsrechtler Martin Morlok warnt gar davor, dass durch diese Entscheidungen des Bundeswahlausschusses eine Wiederholung der Bundestagswahl folgen könnte – vor der Bundestagswahl können die drei Parteien keine Rechtsmittel mehr einlegen.

In der Tat ist das beschriebene Vorgehen durch den Wahlleiter äußerst zweifelhaft zu betrachten und verschiedene Vorgänge erscheinen sehr ominös – ein angebliches Schreiben der PARTEI, welches diese bestreitet, verschiedene Rechtsauffassungen, wann eine Beschwerde formal möglich ist oder dass eine Unterschrift der Freie Union-Vorsitzenden Pauli, die laut Wahlordnung erfolgen soll (und dies auch noch nach Fristablauf kann), auf einmal zum Fristablauf erfolgen muss – und diese Partei deshalb nicht zugelassen wird.

Auch spielte es etwa keine Rolle, das Die PARTEI eine Satire der Titanic ist – und es schien auch in der Tat die Wirklichkeit mehr Satire – denn um die Frage der Ernsthaftigkeit ging es bei den Kritikpunkten des Wahlleiters gar nicht. In diesem Fall müssen aber für alle Parteien die gleichen Regeln gelten – wenn wir nicht zu einer “Bananenrepublik” werden wollen. Überwachungsstaat reicht ja auch.

Banane
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bananen_Frucht_%28rotated%29.jpg (http://commons.wikimedia.org/wiki/User:Darkone)/ http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5/deed.en

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