Es gibt Tage, da schreibe ich nur noch, damit die Nachwelt sieht, dass nicht alle so waren.

Mit der heute eilig eingeschobenen Pressemeldung über Lafontaines lange geplante Operation an diesem Donnerstag erhält der Schmierenjournalismus von SPIEGEL, Bunte, FAZ und taz einen besonders abstoßenden Beigeschmack. Ist es etwa verdächtig, dass ein Krebskranker sich beruflich ein wenig zurücknimmt? Dass er nicht auf jeder Sitzung anwesend war? Dass er sich erst nach der Operation Gedanken über die berufliche Zukunft machen will? Manchmal steckt im Privaten zwar in der Tat etwas Politisches – nur selten hingegen steckt im seichten Sumpf des Schmierenjournalismus etwas Wahres und fast nie etwas Politisches. (Der Spiegelfechter)

Und wie zu befürchen war nutzt die Schmierenjournaille selbst eine Krebserkrankung für eine besonders widerliche Variante ihrer Anti-Linken-Kampagne:

Die Süddeutsche macht Lafontaine seine Erkrankung fast zum Vorwurf.

Die Frankfurter Rundschau ist sich nicht zu schade, selbst bei einer Krebserkrankung die Gerüchte über eine angebliche Affäre Lafontaines noch einmal ausführlich zu schildern und sogar als glaubwürdig zu bezeichnen.

Aber, wie war es anders zu erwarten, die ekelhafteste Berichterstattung kommt natürlich von der Bild. Am Anfang des Artikels noch vordergründig neutral, offenbart sie wieder ihr wahres von Hass verzerrtes Gesicht, um alle bekannten Klischees gegen ihren Lieblingsfeind Lafontaine auszupacken. Wie er in der SPD  “die Macht an sich riss”, “putschte”, “wegwarf”, wie “kompromisslos, machthungrig, schlagfertig und populistisch” er sei, dass er seit dem “wegwerfen” “nur noch ein Ziel” gehabt habe: “die Zerstörung der SPD”, dieser “Napoleon von der Saar”.Man kann sich bildlich vorstellen, wie sie bei Springer und Co. die Korken knallen lassen in ihrer gewohneten morbid-menschenverachtenden Häme.

Mir geht es da manchmal auch wie flatter es so schön ausdrückt:

Es gibt Tage, da schreibe ich nur noch, damit die Nachwelt sieht, daß nicht alle so waren.

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Wir dürfen den rechten Apologeten nicht die Meinungshoheit überlassen

Deutschland im Oktober 2009: Rassistische und sozialdarwinistische Hetze ist Zivilcourage, Lügen “sprechen endlich lang verschwiegene Wahrheiten aus” und erfahren Unterstützung bis in Teile des “bürgerlichen Lagers”. Die Springer-Presse agiert mal wieder an vorderster Front: Araber und Türken, Multikulti, die politische Korrektheit, Sozialromantiker und natürlich die Gutmenschen sind unser aller Untergang, die “linksextremistischen Fratzen des Terrors” und “linke Chaoten” die größte Bedrohung für unser Land. Sie verbreitet homophobe Ressentiments und Diskriminierungen (siehe dazu auch den Kommentar von Stefan Niggemeier: Die Schwulen sollen wieder verschwinden). Günter Wallraff verdeutlicht, wie tief in unsere Gesellschaft immer noch rassistische Vorurteile und teils blanker Hass verbreitet sind.

Heute zeigt es sich um so mehr: wir dürfen nicht vergessen, dass unsere Freiheit immer verteidigt werden muss – gegen die Feinde der Freiheit. Denn die Feinde einer freien, offenen, toleranten Gesellschaft erfahren wieder mehr Aufwind. Einer Gesellschaft, die Menschen nicht wegen ihrer Ethnie, Herkunft, Religion, sozialen Schicht oder sexuellen Orientierung vorverurteilt und sie nicht diskriminiert. Die Generation der 68er hat für diese offene Gesellschaft, gegen den Muff des autoritären Spießbürgertums, gekämpft. Dass sie in diesem Gebiet Erfolg hatten, können die Rechten nicht ertragen. Diese Prediger des Hasses wollen die Diskriminierung. Sie hassen Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Gruppe, seien es Muslime, Ausländer, “Gutmenschen”, Linke oder Schwule.

Die Sache dabei ist, dass unsere Gesellschaft ihnen das zugesteht, was sie uns keinesfalls zugestehen würden: die Freiheit, auch eine Meinung, die man nicht teilt, zu äußern (wenn wir von den schlimmsten Ausartungen wie Volksverhetzung absehen). Die “Denkverbote”, die sie sich immer herbeistilisieren, existieren nicht. Deshalb muss unser Kampf ein argumentativer sein. Vielleicht ist es utopisch, alle Vertreter dieser Richtung überzeugen zu wollen, so wie es utopisch ist, einen überzeugten Nazi zum Menschenfreund zu machen. Aber wir müssen klar machen, dass diese Menschen sich mit ihrem Hass, ihrer Verachtung, ihrer Gewalt, an den Rand der Gesellschaft stellen. Und wir müssen gegen die immer noch in viel zu großen Teilen unserer Gesellschaft verwurzelten Vorurteile angehen. Vorurteile, die kontinuierlich und gezielt bestärkt werden, durch Berichte über Ausländer, die sich nicht integrieren wollen und alle faul und kriminell sind, über die Linken, die die DDR wieder aufbauen wollen, über die Gleichung Muslim = Terrorist. Dadurch entstehen Ängste, entsteht Ausgrenzung, entsteht Hass. Wir dürfen den rechten Apologeten nicht die Meinungshoheit überlassen.

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Irrelevant

[Dieser Post entspricht nicht den willkürlichen Relevanz-Kriterien von uns Blog-Administratoren-Trollen (so wie wir sie verstehen wollen! Auch wenn sie vielleicht anders gemeint sind) und wurde deshalb gelöscht. Alle Erwähnungen dieses Posts werden in Zukunft gelöscht. Hier stand nie etwas darüber, dass die paragraphenreiterisch-spießerische Mentalität der Wikipedia-Blogwarte und ihre Löschexzesse vielleicht der Ausdruck der in der deutschen Gesellschaft vorherrschenden auutoritären “Recht und Ordnung”-Gesinnung sind und auch nichts darüber, dass sich die deutsche Wikipedia dadurch irrelevant mache, indem sie mit ihrer kleingeistigen Borniertheit gegen die Informationsfreiheit arbeite. Nichts dergleichen stand hier! Weil wir das nicht wollen! Denn wir machen die Regeln! Und man braucht doch Regeln und Vorschriften und Disziplin und Ordnung! Sonst sieht das doch nicht aus! Und falls das die Mehrheit anders sieht: wir stehen über der Mehrheit! Wir haben die Macht! Und wir werden weiter machen!

Die Blockwarte.]

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Ein paar aktuelle Medien-Tipps

1.) Ein Podcast von Bayern 2 Zündfunk: Die Blog-Konfrontation. Über das Verhältnis der Blogosphäre zu den klassischen Medien, u.a. mit Jens Berger (Spiegelfechter), Jakob Augstein (Herausgeber des Freitag), Mario Sixtus (u.a. Elektrischer Reporter) und Stefan Niggemeier (u.a. BILDBlog).

Die Sendung (Dauer: ca. 40 Minuten) gibt es unter: Zündfunk Podcast oder direkt als MP3

11.10.2009: Die Blog-Konfrontation: Über das Verhältnis der Blogosphäre zu den klassischen Medien. Sendung von Christian Schiffer
Das Verhältnis der klassischen Medien zur Blogosphäre scheint kompliziert. Zwar werden Blogs durchaus als belebende Elemente in der Medienlandschaft wahrgenommen, oft werden sie aber auch misstrauisch beäugt – als unseriöse, besserwisserische und vor allem kostenlose Konkurrenz. Der Spiegel zum Beispiel urteilte im Juli 2008 über die Blogger Szene in Deutschland, diese sei irrelevant, unpolitisch und unprofessionell. Oft schweift der Blick dann in die USA, wo Blogs mit großem finanziellem Aufwand professionell geführt werden. Die hiesige Blogosphäre hält dagegen: In dutzenden von Watchblogs prangert sie ihrerseits die Fehler der etablierten Medien an und setzt sich kritisch mit deren Positionen auseinander. Was ist also dran am Bild des unpolitisch und wirkungslos vor sich hinschreibenden deutschen Blogger? Kratzt die Blogosphäre gar an der Position von  Leitmedien wie Spiegel, FAZ und Co.? Und wie reagieren diese auf die neue Konkurrenz? Was ist dran an dem Versprechen, dass durch das Internet die Medienwelt demokratisiert wird?

2.) 3sat neues mit dem Schwerpunkt Internetzensur:

Informationen zur Sendung und die komplette Sendung (3sat Mediathek)

u.a. mit den Beiträgen “Internetzensur: Ein Zukunftsszenario”

und “Netzsperren weltweit”

3.) Und auch aus dieser Sendung:

Sixtus vs. Lobo – Internet-Sperren sind a) toll, weil sie schon China vorangebracht haben oder b) toll, weil in dieses Internetz doch eh nur Schwachköpfe ‘reinbrechen.

Jetzt drehen sie endgültig durch 🙂

4.) In Trier leider schon ein alter Bekannter, jetzt endlich auch bei Extra 3:

Neueste Nationale Nachrichten: Der “Föhrer” über den Bosnier in Reihen der rechtsextremen NPD:

http://www.youtube.com/watch?v=Kho-Wj9hP_E

Auch unter: http://www3.ndr.de/sendungen/extra_3/media/extra1344.html

5.) Muse: Uprising

http://www.youtube.com/watch?v=w8KQmps-Sog

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Die Springer-Presse im Oktober 2009: Presserat, SPD und Sarrazin

BILDBlog zeigt, womit sich der Deutsche Presserat im Jahr 2008 bei der Bild beschäftigt hat – wie zu erwarten wieder jedesmal ohne faktische Konsequenzen. So geht es z.B. um einen Versuch, eine der wutschnaubenden Hasstiraden von Franz Josef Wagner zu verstehen.

Die NachDenkSeiten veranschaulichen, wie die Springer-Presse und außerdem Spiegel und Süddeutsche versuchen, die SPD auf den “rechten Weg” zu trimmen. So warnt Steinmeier in der Springer-Presse davor, sich nur um soziale Gerechtigkeit, also um die sozial Schwachen, um die „Resignierten und Abgehängten“, zu kümmern. Die SPD würde dann absinken zur „Klientelpartei“. Ein toller “Oppositionsführer”, nicht wahr …?

Besonders ekelhaft aber sind Versuche der Bild (kuckt euch mal den Artikel bis zum Ende an – der beginnt harmlos/ sich kritisch-ausgewogen gebend, um dann richtig loszulegen), aus den widerlichen Lügen des Thilo Sarrazin “lang geschönte Wahrheiten” zu machen, die Sarrazin endlich “offen ausspreche” (was auch 87% von 34.000 Teilnehmern einer Bild.de-Umfrage glauben). Da dürfen dann auch mal prominente Botschafter der Versöhnung wie Arnulf Baring, Hendryk M. Broder oder Ralph Giordano gegen “Zuwanderer aus der Türkei und dem arabischen Raum”, die “politische Korrektheit”, die “Gutmenschen”, “Multikulti-Illusionisten” oder “Umarmer vom Dienst, Sozialromantiker und Beschwichtigungsapostel” ätzen.

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Todesstrafe und Sozialdarwinismus

Bei SWR2 Leben gibt es einen interessanten Podcast: Der Tod als Strafe (MP3) (Alternativlink):

Was tut archaisches Recht in einer Demokratie des 21. Jahrhunderts?

Von Lotta Suter. SWR2Leben vom 01.10.2009.

Die USA haben den alttestamentarischen Rachegedanken “Auge um Auge” ins neue Jahrtausend hinübergenommen. Die öffentliche Meinung zum Thema Todesstrafe ist geteilt. Als 15. US-Bundesstaat hat New Mexico die Todesstrafe aufgehoben. Im Neuenglandstaat New Hampshire jedoch, wo die letzte Exekution 70 Jahre zurückliegt, wird gegenwärtig der Bau einer Exekutionskammer diskutiert, um die “ultimative Strafe” an einem einzigen Täter vollstrecken zu können. An der öffentlichen Anhörung debattieren Befürworter und Gegner die Todesstrafe nach allen Regeln der Demokratie.

Der Podcast dauert etwa 24 Minuten.

Das Manuskript der Sendung gibt es hier als pdf.

Besonders gut fand ich den folgenden Abschnitt:

Die meisten westlichen Demokratien betrachten die Abschaffung der Todesstrafe heute als einen der wichtigsten und wertvollsten Zivilisations- und Kulturalisierungsfortschritte. Die USA sind noch nicht ganz so weit.
Noch hält die Nation an der Idee einer absoluten Gerechtigkeit fest und ist überzeugt, dass man das Böse eindeutig identifizieren, vom Guten trennen und ein für allemal eliminieren kann. Der biblische Rat, man solle das schlechte Glied abhauen, um den gesunden Leib zu retten, bestimmt und korrumpiert die amerikanische Gesellschaft. Im Innern der USA führt diese Haltung zu einer gnadenlosen Sozialpolitik gegenüber den Armen und einer rekordverdächtigen Inhaftierungsrate von unerwünschten Menschen. In der Außenpolitik wird der Feind mit allen Mitteln, auch mit Krieg und Folter, unschädlich gemacht.
Die Todesstrafe dient der Elimination des Bösen. Wobei unverzüglich klar wird, dass dieses Böse stets das ganz Andere ist: Die andere Rasse, die andere soziale Klasse, der krankhafte Psychopath. Es ist kein Zufall, dass die Todesstrafe in Kriegszeiten heute sogar in der EU, im Lissabon Vertrag, wieder zur Debatte steht; denn im Krieg ist die Entmenschlichung des feindlichen Andern am weitesten fortgeschritten. Leider verstehen sich die USA ständig als eine Nation im Ausnahmezustand, wenn nicht gar im akuten Krieg. Die Abschaffung der Todesstrafe wäre in diesem Sinn eine friedenssichernde Maßnahme.

Und auch in Deutschland gibt es Versuche, sozialdarwinistische Auffassungen wieder zu verbreiten: Thilo Sarrazin und der Neuaufguss des Sozialdarwinismus.

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Haben die Mainstream-Medien Angst vor einer linken SPD?

Teile des Mainstream-Journalismus machen tatsächlich auch jetzt noch weiter mit ihren Kampagnen für ein wirtschaftsliberales Land und dafür, dass möglichst alle Parteien wirtschaftsliberal sein sollten.

Tagesschau.de propagiert TINA („There is no alternative“) zur Agenda-Politik:

tagesschau.de: Wofür ist die SPD bestraft worden?

Niedermayer: Sie hat seit längerer Zeit ein inhaltliches Glaubwürdigkeitsproblem. Das Stichwort in dieser Debatte lautet ja immer “Agenda 2010”. Aber meiner Ansicht nach hat das schon sehr viel früher angefangen, nämlich 1998: Damals hat die SPD den Leuten versprochen, den Sozialstaat umzubauen, ohne dass es den Bürgern wirklich weh tut. Das Versprechen konnte man in der Regierung nicht halten. Die SPD hat durch die Veränderung ihrer Position im Konflikt um den Sozialstaat einen Teil ihrer traditionellen Wähler verloren, ohne dass sie neue Wählerschichten dauerhaft an sich binden konnte.

Die Zeit redet wieder von einer „sozialdemokratischen CDU“ und identifiziert als Hauptursachen der Wahlniederlage der SPD, dass diese „programmatisch und personell ausgelaugt“, überaltert und zerstritten sei. Agenda 2010 oder Hartz IV werden nur am Rande erwähnt. Sie  singt gar einen Abgesang auf sozialdemokratische Politik per se, die durch die Globalisierung obsolet geworden sei. Außerdem finden sich klare Wertungen der Stömungen in der Partei: „moderne Reformpartei“ versus „alte Umverteilungs-SPD“.

„Will die SPD nicht noch tiefer in den Abwärtsstrudel hineingezogen werden, dann muss sie sich einerseits programmatisch von der Linken abgrenzen und andererseits machtstrategisch auf sie zugehen.“

ist schließlich einer der zynischsten Kommentare, die ich zu dem Thema gelesen habe. Eine Agenda-SPD, die nur aus Machgründen mit der Linken zusammenarbeitet, wäre sicher der Gipfel der Verlogenheit und des Verlustes von politischen Werten. Und wem noch nicht klar sein sollte, wo der Zeit-Artikel steht, dem sollte das folgende Zitat hilfreich sein:

„Wenn die SPD hingegen nun versucht, auf den Oppositionsbänken im Bundestag der Linkspartei in Sachen Populismus und haltlose Versprechen Konkurrenz zu machen, könnte sie am Ende endgültig in den Abgrund stürzen. Denn das können Lafontaine und Gysi allemal besser.“

Eine schwache, wirtschaftsliberale Neue Mitte – SPD ist vielen offensichtlich deutlich lieber als eine wirklich linke SPD, die sich auf sozialdemokratische Werte und Wurzeln besinnen und eine Gefahr für den wirtschaftsliberalen Sozialabbau-Einheitskonsens werden könnte.

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Liebe Mainstream-Medien!

Ihr habt nun die Regierung, die ihr euch gewünscht habt, für die ihr geworben habt, für die ihr Propaganda gemacht habt. Ihr habt es geschafft. Ich möchte Euch hier dafür nicht gratulieren, da ich Eure Mittel in vielen Fällen als unredlich erachte. Aber ich erkenne Euren Sieg an.

Ich möchte Euch nur um eines bitten: könnt ihr nun nicht auch mal wieder wenigstens einigermaßen fair und ausgewogen berichten? Der Aufgabe nachgehen, der der Journalismus einmal verpflichtet war?

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Die TV-Spots zur Bundestagswahl – welche Partei blamiert sich am meisten?

Wenn man ohne Fernseher ist, verpasst man ja ganz die besten Seiten des Wahlkampfes: die TV-Spots. Naja, mittels dieses „Internets“ werde ich mir die dann doch mal ankucken. Also, dann mal los!

CDU: Der erste Spot… Boah, ist das ekelhaft pathetisch! Und die Inhalte??? Fällt schwer, das schon beim ersten Spot zu sagen, aber so etwas hat nicht mal die CDU verdient! Der zweiten Spot der CDU dreht sich auch nicht um Inhalte, sondern ausschließlich um die Bundes-Angie. Man wirbt mit der Einheit. Auch schon etwas her. „Bildung und Forschung voranbringen“? Bitte, liebe CDU, ihr könnt ja gerne mit aus eurer Sicht Erfolgen werben. Aber damit? Ist das Zynismus? Wenigstens wissen wir etwas, was Merkel gerlernt hat, nämlich: „wie wichtig eine Frisur sein kann“. Und jetzt Merkels Jubelbilder von der WM 2006? Das muss doch Satire sein! Spot lässt einen ratlos. Echt? Oder doch ne Verarschung der Titanic?

SPD: Zum Deutschlandplan. Recht professionell gemacht. Gut, blaue Schrift auf blauem Hintergrund muss nicht sein. Neben der Süddeutschen werden Zitate von Spon, Handelsblatt, Financial Times Deutschland und Focus Online gebracht. Kann mir ein Schmunzeln nicht vergreifen, wenn ich mir vorstelle, wie die sich ärgern werden, dass die SPD mit ihnen Werbung macht.

FDP: Inhaltsleer wie der erste CDU-Spot. Nur alles in gelb. „Deutschland kann anpacken“: Yuppie kann Blätterstapel kleiner machen, indem er auf ihn zeigt. Magie im Spiel? „Manager-Typen“ spielen offensichtlich während der Arbeitszeit im Büro Basketball. So wird es mit Deutschland nicht vorangehen! „Deutschland kann stolz sein“. Oh Mann. Dann sagt es doch, wie ihr es sagen wollt. wenn ihr auf Stimmenfang gehen wollt! Naja, wenigstens wird während des Spots nicht gesprochen. Oh, ne, jetzt doch! Und wer wohl? Na?

Bündnis 90/ Die Grünen: Gehe aufgrund der letzten Grünen-Wahlspots mit hohen Erwartungen in diesen Clip… Hm… Zusammengeschnittene Statements. Sieht aus wie ein Zurschaulaufen der Özdemirs und Co.s, die bei Jamaika an was anderes als die klassischen Grünen denken. Spot in der Form nicht mehr von anderen Parteien unterscheidbar. Das konntet ihr mal besser!

Die LINKE.: Stimmen aus dem Hintergrund zu Aufnahmen von Hochhäusern und Die Linke-Fahnen… Wer spricht da? Jetzt sieht man ein paar… Wer ist das? Und bei der Musik geht aber auch noch ein bisschen was…

CSU: (Vermutlich echter) Biergarten mit gestellten Gesprächen zwischen Seehofer und n paar Leuten. Jetzt ist man in Berlin. Und wieder in Bayern. Was ist denn überhaupt „unser Land“ ständig? Verwirrung vorherrschend. Wenn das Deutschland ist, warum kann man Euch dann nur in Bayern wählen? Achso, „was unser Land jetzt braucht, ist ein starkes Bayern in Berlin“. Jetzt auch noch Expansionsgelüste?

Piratenpartei: Der erste Spot ist zu gestellt. Der hier und der hier (eine Variante von “Du bist Terrorist”) sind die besten Spots bisher. Wirklich gut gemacht!

Freie Wähler Deutschland: Wütende Hausfrau aus der Laien-Theater-Truppe. Vorsicht mit dem Bügeleisen! Huch! Was ist denn das jetzt? Naja, schon vorbei.

ödp: Erstaunlich professionell im Vergleich zu den anderen Kleinparteien. Dass diese sich v. a. über die Abgrenzung zu den „etablierten Parteien“ definieren, ist ja bekannt. Naja, aber orange sind doch heute einige Parteien, wenn ich das richtig sehe.

Tierschutzpartei: Die da oben! Die versprechen alles und halten sich nie daran! „Die noch keine Stimme haben“? So wird es wohl bei dieser Partei auch nach der Wahl sein. „Bitte wach werden“. Ok, der Spot ist ja gleich rum.

NPD: Fremdenhass und schlechter Populismus. Solche Menschen wie Voigt können offensichtlich sich nicht mal für so einen Spot auf freundlich verstellen. Nur das hassverzerrtes Gesicht des Rechtsextremismus. „Heimreise statt Einreise“ wird sich auch der normale NPD-Pöbel noch merken können. Aber die Rechtsextremen treten ja zur Bundestagswahl wieder getrennt an…

DVU: „Vor 60 Jahren haben unsere Großmütter dieses Land aus den Trümmern wieder aufgebaut“? Wer hat denn die Trümmer verursacht? „Unser Großväter waren keine Verbrecher!“ Und dann zeigt man ein total übertriebenes Idealbild der Nachkriegszeit? Wenn ihr jetzt einen auf bürgerlich macht, nimmt euch das eh keiner ab. Ah, jetzt kommt der Ausländer- und Islamhass. Anti-Gloablisierung, „Abtreibung ist Mord“, „Rückkehrpremie“. „All dies sind ganz normale Forderungen“. Zum Glück seit nun 64 Jahren nicht mehr.

MLPD: Professionelle, nicht-lispelnde Sprecher sind doch gar nicht soo teuer! Jetzt kommen sie mit merkwürdigen Wirtschaftsdaten. „Die MLPD steht für die revolutionäre Alternative. Das ist der echte Sozialismus.“ Muhaha!

Partei für Soziale Gleichheit: Sektion der Vierten Internationale. Größter Feind ist für sie die Linkspartei? Und man will eine „unabhängige Mobilisierung der Arbeiter“ unter der Abhängigkeit von der PSG? Ein bisschen widersprüchlich alles. Aber merkt ihr selber, ne?

Rentnerinnen- und Rentner-Partei: Uh, die hat so ein lustiges Fahrgerät wie Kevin James in diesem Film da. Der Kaufhaus-Cop oder so. Will ich auch! Wie heißt das? Wo gibt’s das? … Hm, war sonst noch was außer Phrasen und Sprichwörtern?

Rentner-Partei-Deutschland: Baha! Die haben echt wieder den Europawahl-Spot ausgepackt mit der 90er-Elektro-Trash-Konserve (was die alten Leute sich heute unter „kuhler Techno-Musik“ oder so vorstellen) und der Rentner-Partei-Deutschland-Baseballkappe! Aufhören! Ich kann nicht mehr!

Allianz der Mitte: Nie gehört bisher. Wird man wohl auch nie wieder von hören. Kind fragt am Ende des Spots genervt „können wir jetzt endlich weiterfahren?!“ Ich glaube ja, das war echt und nicht so geplant.

Volksabstimmung: Mein Gott! Hat sich der alte Mann vor die Kamera verirrt? Kann ihm nicht jemand helfen? Und er beginnt ein Dutzend Sachen, die er machen will, mit „wir werden…“ Wahrscheinlich glaubt er echt dran.

Familienpartei: Ist das nicht wieder mal der selbe wie zur Europawahl? Was soll das sein? Debilität als Wahlprogramm? Zwitscher zwitscher.

Bayernpartei: Einer der besseren Kleinparteien-Spots. Was das aber alles mit Bayern zu tun haben soll, wird nicht klar.

Zentrum: „In diesem Land werden bald die Lichter ausgehen!“ Die älteste Partei Deutschland muss es wissen. War die nicht am Untergang der letzten deutschen Demokratie zumindest teilweise beteiligt?

Partei Bibeltreuer Christen: Kinder. Aha. Und sonst? Klimper klimper.

Christliche Mitte: Wieder ein recycleter Europawahl-Spot. Spießertum, „nein zur Abreibung“, Homosexuellen- und Islamhass, EU-Feindschaft und Nationalismus. Die christliche Rechte.

Bürgerrechtsbewegung Solidarität: Mein Gott! Das ist doch jetzt nicht wahr, oder? Was für ein Scheiß! Wir werden alle sterben! Jetzt zeigt sie Proteste gegen Obamas Gesundheitsreform und redet von ganz was anderem. “Die Unregierbarkeit droht!” Oh ne, jetzt nicht echt! „Das ist mein Patentrezept!“ Ist das nicht so ein Wort, das man sonst nur mit einem „kein“ davor benutzt?

Die Violetten: Für spirituelle Politik… So so. Was wollen die denn so? Bedingungsloses Grundeinkommen? Ich will Homöopathie und Wünschelruten, Geister und Außerirdische! So reißt ihr niemanden vom Hocker. Zweite Frau kuckt unsicher hilfesuchend, kriegt aber den auswendig gerlenten Text mit etwas Stocken dann doch noch hin. Oh, jetzt. Freie Wahl geben, zu “entscheiden zwischen Schulmedizin, alternativer Medizin, Naturmedizin und sogar Energiemedizin“? Warum nicht „entscheiden zwischen Medizin, Paramedizin, Scharlatanerie und sogar Quacksalverei“?

… Und schließlich? Was bleibt festzhalten? Gerade die Spots der kleinen Parteien wirken mit wenigen Ausnahmen oft so, als ob sie mit zwei Leuten an einem Nachmittag abgedreht wurden. Schlechte Texte, schlechte Sprecher, schlechte Musik, schlechte Bilder. Bei den großen Parteien fehlen oft inhaltliche Aussagen zu Gunsten des Aufbaus von bestimmten Gefühlen und Stimmungen. Die kleinen Parteien ziehen diese oft aus einer Ablehung von “denen da oben”, die ja eh nur machen, was sie wollen etc.

Die besten Spots sind für mich die der Piratenpartei, der SPD und der ödp. Die schlechtesten? Schwer… So viele so unfassbar schlechte… Inhaltlich am schlechtesten sind sicher die von NPD und DVU. Von der Machart her würde ich sagen die der Christlichen Mitte und der Rentner-Partei-Deutschland (und vielleicht noch der PBC).

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Illners TV- Dreikampf – Fairness sieht anders aus

Mit TV-Duellen von Politikern vor Wahlen ist es ja immer so eine Sache. Themen werden vereinfacht, wichtige Aspekte weggelassen, was von den Aussagen hinterher übrig bleibt, ist gelinde gesagt zweifelhaft usw. Alles berechtigt. Trotzdem habe ich mir mal den “TVdreikampf” zwischen Westerwelle (FDP), Künast (Grüne) und Gysi (Linke) am Donnerstag mal angeschaut, die Sendung, mit der die in den Bundestag gewählten Oppositionsparteien (oder “die Kleinen”) quasi für das Duell der zwei “Großen” entschädigt werden sollen (worüber es auch während der Sendung bei den dreien merkbaren Unmut gab – Westerwelle hat schon Recht: “Zur Demokratie gehört auch die Opposition”). Themen waren Afghanistan, Opel, Arbeitsplätze, Steuern und die Sozialversicherungen (Rente und Gesundheit).

Polit-Talk à la Illner: Gysi wird ausgelacht, Westerwelle muss sich als Sozialrevolutionär üben

Auch wenn ich die Positionen von Westerwelle nicht teile, muss man doch zugestehen, dass er diese recht gut vertreten hat. Er gab sich dabei sogar, durchaus überraschend, relativ gemäßigt. Zumindest gemäßigter als Illner. Aber der Reihe nach.

Spätestens als es um die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik ging, ab Minute 36 der Sendung, stichelte Frau Illner immer wieder in einer bei sich neutral gebenden Journalisten so kaum gesehen arrogant-herablassenden Weise dazwischen, sei es auch nur mit kurzen abfälligen Bemerkungen. Derart abfällig, dass es wirklich eine Farce wäre, hier von Ausgewogenheit, Neutralität oder auch nur Fairness seitens der Moderation zu sprechen.

Ein Zuschauer, der wirkte wie ein beliebiger JU-Vorsitzender, stellte Gregor Gysi die obligatorische Frage nach der Finanzierbarkeit der Pläne der Linken. Er zitierte dabei auch die Zahl von 300 Milliarden Euro (laut der Rheinischen Post, nach dem Zuschauer aber laut der Linken), die die Pläne der Linken angeblich kosten würden. Nun haben die NachDenkseiten ausgeführt, dass diese Zahl nicht stimmt und viel zu hoch gegriffen ist. Und Gysi führte aus, dass die Zahlen nicht stimmen (und laut Schätzungen von Ökonomen die Pläne sogar kostendeckend wären). Spätestens da zeigte sich, dass Die Linke eben nicht wie jede andere Partei behandelt wird und schon gar nicht versucht wird, sie fair zu behandeln. Frau Illner konnte sich scheinbar nicht zurückhalten, über poliische Aussagen Gysis tatsächlich zu lachen, nahm ich sichtbar nicht ernst und führte ihre Kaskade höhnisch-sarkastischer Bemerkungen und Frotzeleien (“Sie machen heute nur tolle Bemerkungen!”) immer wieder, wenn Gysi sprach, fort. Und Gysi, der ja im TV durchaus fast immer recht locker wirkt, war sichtbar irritiert.

Als der Zuschauer darauf kam, was die Linke tue, um die “Leistungsträger” zu entlasten (übersetzt: Senkung der Steuern für Spitzenverdiener, weitere Nichtbesteuerung von Vermögen), machte Gysi darauf aufmerksam, dass auch Arbeitnehmer Leistungsträger für die Gesellschaft sind. Künast griff dass ein wenig später auf und sagte, dass auch jeder Facharbeiter oder jede Altenpflegerinnen  “Leistungsträger” sei. Illner warf  dort ein abfälliges “Die empfindet sich als…” ein. Woraufhin Westerwelle einspringen musste (!) und Künast unterstützte.

Ein paar von Illners Nebentätigkeiten: Initiative Neue Soziale Markwirtschaft, Konrad-Adenauer-Stiftung und der Vatikan

In der Vergangenheit moderierte Illner Veranstaltungen der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Die INSM ist eine von Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbänden gegründete und finanzierte Lobbyorganisation, die für den Abbau des Sozialstaates, Privatisierungen von öffentlichen Betrieben und Sozialsystemen, Senkung der Unternehmenssteuern oder die Einführung von Studiengebühren eintritt. Nach Ansicht des Politikwissenschaftlers Claus Leggewie will die INSM weniger soziale Marktwirtschaft, sondern viel mehr kapitalistische freie Marktwirtschaft.  Für sie arbeiten solche Sympathieträger wie Arnulf Baring, Oswald Metzger, Martin Kannegiesser oder Bernd Raffelhüschen.

Die INSM unterhält “Medienpartnerschaften” zu der Financial Times Deutschland, der Wirtschaftswoche, der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, dem Focus, dem Handelsblatt und der Fuldaer Zeitung. Dabei kann das Verhältnis der INSM zu den Medien durchaus kritisch betrachtet werden. Die Kritiker erheben den Vorwurf, dass die Grenzen zwischen Journalismus und PR dabei zusehends verschwimmen. Die INSM habe es geschafft, einen “neoliberalen Mainstram in den Medien durchzusetzen”, so der Medienwissenschaftler Siegrfried Weischenberg. Eine Studie der Universität Münster kommt zu dem Ergebnis, dass die Medienberichterstattung weitgehend die INSM-Perspektive übernehme und nicht deutlich mache, dass diese strategisch Arbeitgeberinteressen vertritt. Auch die “Botschafter” der INSM sind bekannt dafür, diese Rolle nicht unbedingt transparent zu machen. Doch die INSM greift noch zu ganz anderen Mitteln. 2002 hatte sie per Schleichwerbung in der ARD-Serie Marienhof von ihr geschriebene Szenen und Dialoge platziert, die ihre neoliberale Ansichten verbreiten sollten. Auch direkter Druck auf Medien und Verunglimpfung von Journalisten, die andere Positionen vertreten werden ihr vorgeworfen.

Auch für die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung sprach sie, oder moderierte für den Vatikan (dort mit Sympathisanten von Opus Dei) sowie u. a. für McKinsey, wie CARTA recherchiert hat. Die Höhe der Honorare blieb dabei immer unklar.

Illners Sendungen – Teil der Medienkampagnen gegen links?

Schon in der Sendung “Illner Intensiv” bediente man alte Kommunististen-Klischees und übte sich in Suggestivfragen oder warf ihr mal wieder Demokratiefeindlichkeit vor. In der Folge von Lafontaines Kritik an einer hohen Medienkonzentration war in der Presse sogar von Verschwörungstheorien die Rede.

Man muss es so festhalten: Illner gehört zu der Reihe von Journalisten, die dazu beigetragen haben und daran mitarbeiten, dass der Neoliberalismus und die Interessen der Arbeitgeberlobby die Mainstream-Medien dominieren, dass der Sozialabbau als alternativlos dargestellt wird und Gegner dessen (etwa als “Populisten”) diskreditiert werden. Deshalb ist es kein Wunder, dass Illners Sendungen als einen Teil der Medienkampagnen gegen die politisch linke Richtung ansehen werden. Wie Kampagnenjournalismus funktioniert, kann man in ihren Sendungen auch so sehen. Illner muss Gysi nicht auslachen, damit dies klar wird.

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