Sozialdarwinistische Partei Deutschlands?

Thilo Sarrazin darf also Mitglied der SPD bleiben. Alle Anträge auf einen Parteiausschluss, auch der des Vorstands, wurden zurückgezogen, Sarrazin hat eine Erklärung unterschrieben. Wenn man sich diese jedoch genauer anschaut, sieht man, dass Sarrazin darin keineswegs die Inhalte seiner zahlreichen rassistischen und sozialdarwinistischen Äußerungen zurücknimmt. Es ist eine absolut wachsweiche Erklärung ohne jede adäquate Distanzierung. Er nimmt nur ein paar Wortverdrehungen vor, stellt sich als falsch verstanden dar oder bedauert, wenn sich jemand beleidigt fühlt – die übliche Taktik, wenn man nichts zurücknehmen und die “Schuld” auf die Betroffenen selbst schieben will. Teilweise belegt auch noch die Wortwahl dieser Erklärung, dass er nach wie vor sozialdarwinistische Ansichten vertritt. Man muss so wohl zu dem Ergebnis kommen, dass seine Aussagen, auch die seines Buches “Deutschland schafft sich ab”, an denen er weiter festhält, von nun an als mit sozialdemokratischen Grundsätzen vereinbar gelten. Aussagen Sarrazins wie:

Das Muster des generativen Verhaltens in Deutschland seit Mitte der sechziger Jahre ist nicht nur keine Darwinsche natürliche Zuchtwahl im Sinne von “survival of the fittest”, sondern eine kulturell bedingte, vom Menschen selbst gesteuerte negative Selektion, die den einzigen nachwachsenden Rohstoff, den Deutschland hat, nämlich Intelligenz, relativ und absolut in hohem Tempo vermindert.

So wurde viel zu lange übersehen, dass die Alterung und Schrumpfung der deutschen Bevölkerung einhergeht mit qualitativen Veränderungen in deren Zusammensetzung. Über die schiere Abnahme der Bevölkerung hinaus gefährdet vor allem die kontinuierliche Zunahme der weniger Stabilen, weniger Intelligenten und weniger Tüchtigen die Zukunft Deutschlands.

Es ist nämlich zu befürchten, dass sie zur überdurchschnittlichen Vermehrung jener bildungsfernen und von Transfers abhängigen Unterschicht beitragen, welche die Entwicklungsaussichten Deutschlands verdüstert.

So spielen bei Migranten aus dem Nahen Osten auch genetische Belastungen, bedingt durch die dort übliche Heirat zwischen Verwandten, eine erhebliche Rolle und sorgen für den überdurchschnittlich hohen Anteil an angeborenem Schwachsinn und anderen Erbkrankheiten.

Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert. Das gilt für 70 Prozent der türkischen und 90 Prozent der arabischen Bevölkerung in Berlin.

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Die Integrationsdebatte als Ablenkungsmanöver

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In Deutschland haben wir viel weniger ein Integrations-, denn ein soziales Problem. Nicht Herkunft oder Religion, vielmehr ist die soziale Spaltung die Ursache der meisten gesellschaftlichen Missstände. Die derzeitige Integrationsdebatte ist in erster Linie eine reine Show, die von diesen realen Problemen ablenken soll. Auch die derzeit stark ins öffentliche Interesse geratenen Fehler der Bundesregierung stehen auf diese Weise nicht mehr im Mittelpunkt. Doch indem immer stärker Politiker aus bürgerlichen Parteien auf rechte Parolen setzen, werden ausländerfeindliche Einstellungen in der Bevölkerung noch weiter gefördert – und sie sind schon jetzt erschreckend verbreitet. Dadurch könnten vielleicht auch Kräfte des rechten Randes einen Aufschwung erfahren.

Ein paar Fakten zu “deutschenfeindlicher Gewalt” und kriminellen Muslimen

Sind integrationsunwillige Ausländer, ist deutschenfeindliche Gewalt tatsächlich das dringendste Problem in Deutschland? Gerne, aber dabei unvollständig bis falsch zitiert wurde in den vergangenen Wochen eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN). Angeblich, so die mediale Darstellung, besage diese, dass zwischen Religiosität und Gewaltbereitschaft ein signifikanter Zusammenhang bestünde – eine falsche Darstellung. Auch eine deutlich genauere und wissenschaftlich sauberere Studie der EU stellt fest, dass zwischen Religiösität und Jugendgewalt kein Zusammenhang besteht. Eher verantworlich seien persönlich erfahrene Diskriminierung, gesellschaftliche Ausgrenzung sowie das engere persönliche Umfeld. Die KFN-Studie besagt außerdem, so Direktor Christian Pfeiffer, dass es keine generelle Deutschenfeindlichkeit gebe und dass die vermeintliche Deutschenfeindlichkeit vermutlich vor allem mit Enttäuschung über mangelnde Integration zu tun habe.

Die Bundesregierung aber gibt sich alle Mühe, Linksextremismus, Islamismus und “deutschenfeindliche Gewalt” durch muslimische Jugendliche als größte und konkreteste Bedrohung Deutschlands darzustellen. Dazu zunächst ein paar aktuelle Fakten: Die Bundesregierung, speziell Familienministerin Schröder, will nicht nur Opfer rechtsextremistischer, sondern auch linksextremistischer oder islamistischer Gewalt unterstützen und hat ihre Programme entsprechend ausgeweitet. Wie sieht es bisher aus? Nun, von Opfern rechtsextremer Straftaten liegen bisher 71 Anträge vor – von Opfern linksextremistischer oder islamistischer Gewalt kein Einziger. Dieselbe Kristina Schröder erzählt ja nun gerne an jeder Ecke, dass sie schon mal als “deutsche Schlampe” beschimpft worden sei. Was – laut Schröders eigenen Angaben – wirklich hinter dieser Geschichte steckt, kann man beim Politblogger lesen, der auch alles Nötige dazu sagt. (more…)

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Schweineherbst

Im Herbst 2010 trauen sie sich also wieder aus ihren Löchern. Sie haben die Zeichen der Zeit erkannt: Man darf in Deutschland wieder hassen, man darf endlich die Schuld an echten und vermeintlichen gesellschaftlichen Problemen wieder einer einzigen Gruppe zuschieben. Sie wollen einer angeblich schweigenden Mehrheit eine Stimme verleihen, die in Deutschland längst keine schweigende Mehrheit mehr ist: Den empörten Spießbürgern, den Stammtischen.

Diese kennen integrationsunwillige und kriminelle Ausländer zwar meist nur aus dem Fernsehen und aus der Bild-Zeitung, “wissen” aber dennoch, dass  diese die absolute Mehrheit ausmachen, nahezu alle Türken und Araber Islamisten sind und “Multi-Kulti” gescheitert ist. Die Ausländer nehmen UNS “richtigen” Deutschen die Arbeitsplätze weg und schnorren gleichzeitig das Arbeitslosengeld, verprügeln täglich ihre Frau und mindestens einen Deutschen, wenn sie nicht grade mit der Vorbereitung des Dschihad beschäftigt sind. (more…)

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“Das wird man doch wohl noch sagen dürfen!”

In einer “Diskussion” genannten, aber eher den Charakter einer Propaganda-Veranstaltung besizenden Sendung des Deutschlandfunks (MP 3) regen sich unter dem schon alles sagenden Titel “Man wird doch wohl noch sagen dürfen – Meinungsfreiheit zwischen Tabubruch und politischer Korrektheit” zwei nur zu bekannte Talkshowstammtgäste, Henryk Marvin Broder und Norbert Bolz, über angebliche Sprech- und Denkverbote in Deutschland auf. Ihre Thesen sind altbekannt, sie wiederholen sie schließlich ständig und allerorts in den deutschen Medien (was ihren Thesen natürlich schon Hohn spricht): Es gebe in Deutschland einer linke Meinungsdiktatur der 68er, die in den entscheidenden Positionen von Medien und Wissenschaft säßen. Die Medien seien fast alle links orientiert. Aufgrund der politcal correctnes könne man bestimmte Meinungen nicht öffentlich äußern. Und so weiter.

Lief im Deutschlandfunk vor der Sendung einmal ein Kommentar (MP3) in den deutschen Mainstream-Medien, der den niederländischen Rechtspopulisten und Islamhasser Geert Wilders als das charakterisiert, was er ist, wird dieser eine Kommentar von den Broder gleich als Beweis für eine linke Indoktrination der gesamten deutschen Medien genommen. An den Rassisten und Sozialdarwinisten (als den bezeichnet er ihn natürlich nicht) Sarrazin werde man sich vielleicht mal erinnern, da er die 68er-Vorherrschaft in Deutschland durchbrochen habe, so Bolz an anderer Stelle. Die “Moderatorin” tut wenig mehr, als die Thesen der beiden von der linken Meinungsführerschaft zu unterstützen und zu bekräftigen und ein paar Stichworte zu liefern. Von den beiden anderen Gästen ist auch keine Gegenmeinung zu hören: Der teilnehmende Journalist sagt zu dem Thema bewusst nichts (außer, dass die 68er ja auch nicht überall wären) und verliert sich in Nebenschauplätzen, die eingeladene ältere Autorin ist offensichtlich nicht mehr auf voller geistiger Höhe (“ich hab grad mal abgeschaltet”). Insgesamt war im öffentlich-rechtlichen Rundfunk lange keine derart einseitige Sendung zu sehen und hören – und das will was heißen.

BILD-Titel vom 4.9.2010 (1)

Was ich aber nicht verstehe:  Selbst wenn ich versuche, mich in deren Lage hineinzuversetzen – über welche “Denkverbote” in Deutschland regen sich die, sagen wir eher Rechtsorientierten eigentlich auf? Wo gibt es die denn bitte? Dass die deutschen Medien in wirtschafts- und sozialpolitischer Hinsicht ganz überwiegend neoliberal eingestellt sind, werden auch sie wohl kaum bestreiten (auch wenn sie dafür vielleicht andere Bezeichnungen verwenden). Und wie sieht es in den anderen Bereichen heute in der veröffentlichten Meinung in Deutschland aus? Sind dort etwa nur Ansichten der von den rechten Bösmenschen so verhassten “Gutmenschen” zu finden? Gibt es etwas, das man “nicht sagen darf”?

(1) Quelle: Carta

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Sarrazins Tabubruch

Von Marc Schanz

Es war einmal ein Land namens Schland, in dem ein Volk unter der brutalen Knechtschaft der Gutmenschen lebte. Doch eines Tages, als die Menschen schon längst der Mut verlassen hatte, kam auf einem blendend weißen Schimmel der Bösmensch Sarrazin angeritten und zog aus seiner Scheide das sagenumwobene Schwert mit dem in Schland allseits bekannten Namen “Tabubruch”. Allein der gleißende Schein des güldenen Schwertes vertrieb die Dunkelheit im Nu, die gutmenschlichen Dämonen flohen vor dem Licht der Wahrheit, und das geknechtete Volk erlangte seine sehnlichst erwartete Freiheit wieder!

Hach, wie ist das schön, in den Gazetten Land auf, Land ab, endlich einmal wieder gutgermanische Heldensagen lesen zu dürfen! Mir wird dabei so wohlig warm ums Herz, denn es erinnert mich an meine Kindheit. Doch im Gegensatz zu unserer Journaille bin ich erwachsen geworden. Wichtige Debatten, wie es die Integration zweifelsfrei eine ist, möchte ich nicht auf der Basis irgendwelcher märchenhaften Erzählungen führen. Es ist leider dennoch wichtig, sich diesen medialen Mythos genauer anzuschauen. Die vielen Lügen, die er enthält, verhindern jede sinnvolle Diskussion. (more…)

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Sarrazin, mein Held!

Thilo Sarrazin und seine rassistischen und sozialdarwinistischen Äußerungen bleiben nicht wirkungslos auf die öffentliche Meinungsbildung. Er hat es bereits geschafft, dass einige (rechts-)konservative Journalisten und Rechtsintellektuelle sich nun aus ihren Löchern trauen, um ihrer ganzen Menschenverachtung endlich freien Lauf zu lassen. Verteidiger Sarrazins finden sich etwa bei der Springerpresse, der Rheinischen Post, der Süddeutschen oder bei Deutschlandradio Kultur.

Dort gibt es im “Politischen Feuilleton” einen Kommentar von Cora Stephan (Text, MP3), der glatt als  Liebeserklärung an Thilo Sarrazin durchgehen, dabei aber auch mit den Hetztiraden von Fox News oder Politically Incorrect mithalten könnte. Jede Zeile trieft vom Hass auf (folgendes bitte in Anführungszeichen denken) das linke Gutmenschenpack, die schmarotzenden Ausländer, Multikulti und die political correctness – und von der Verachtung von Menschlichkeit. Sarrazin mit seiner Sammlung unwissenschaftlichen Blödsinns wird konsequent als Darsteller von objektiven Zahlen und Statistiken, gar von Fakten stilisiert. Es ließe sich nicht leugnen, dass, so im besten Rechtsaußenjargon, sich ein Teil der Ausländer nicht integrieren wollte und die deutsche Kultur verachte. Und der Türke sei nun beleidigt, weil man diese “Wahrheiten” ausspreche. (more…)

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Sarrassismus

Zu Sarrazin wurde dieser Tage schon sehr viel gesagt und geschrieben. Ich möchte aber hier dieses nicht wiederholen, sondern nur kurz ein paar Punkte ansprechen, die mir zusätzlich noch erwähnenswert erscheinen. Dabei geht es insbesondere um die Wirkung Sarrazins auf die öffentliche Meinungsbildung und um die Nähe seiner Auffassungen zum Sozialdarwinismus und zur Eugenik.

Sarrazin sage doch nur das, was der kleine Mann auf der Straße denke, hört man oft. Wie so oft wird “der kleine Mann” bemüht, wird von “Denkverboten” gesprochen, wenn man eine Ansicht verbreiten will, für die es keine Belege gibt (“Gefühlt hat er doch Recht!”). Der hier vorgestellte “kleine Mann” aber ist extrem anfällig für politische und mediale Meinungsmache, wie die NachDenkSeiten Tag für Tag eindringlich demonstrieren. Die Presselandschaft in Deutschland ist zweifelsohne neoliberal und eher konservativ geprägt, doch in Fragen der Ausländer- und Intergrationspolitik konnte man, bis auf einige Gossenpostillen, in den letzten Jahrzehnten doch eine eher liberalere, tolerantere Linie erkennen. Doch diese bröckelt immer mehr. Erstmals seit 65 Jahren gibt es dieser Tage auch in der deutschen Presse wieder Veröffentlichungen (wenn auch eher wenige), die offenen Rassismus und Sozialdarwinismus (denn offener, als es Sarrazin macht, geht es in der Tat kaum) beschwichtigen und beschönigen (etwa: der Stil sei nicht angemessen, aber inhaltlich stimme da doch vieles), wenn nicht gar teilweise wieder salonfähig machen wollen. Wenigstens zeigen nun einige ihr wahres Gesicht: Die deutschen Rechtsintellektuellen, wie etwa Broder oder Baring zeigen, dass sie keinesfalls nur, wie sie immer betonen, konservative, liberale oder gar linke Werte verkörpern. In den letzten Tage wurde dann der Öffentlichkeit von vielen Medien eingeredet, dass etwa die Bundesbank Sarrazin nicht rausschmeißen könne – oder solle, und es gab gar die abenteuerliche Behauptung, dass  angeblich große Teile der SPD-Basis auf Sarrazins Seite stünden. Aber selbst wenn sich die Bundesbank doch von Sarrazin trennen sollte, selbst wenn er aus der SPD ausgeschlossen wird: Das Gift, dass er in die Welt gesetzt hat, wird bleiben. (more…)

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Thilos willfährige Apologeten

Von Frank Benedikt

“Unangenehme Wahrheiten …”, “Die Linke vermeidet eine notwendige Diskussion …”, “… aber er hat doch recht!” Nicht der Sozialrassist und Populist Thilo Sarrazin ist das eigentlich Entsetzliche an der momentanen Debatte, sondern die Masse der Apologeten, die seine “Argumente” unkritisch aufgreifen und ihn gegen Kritik zu verteidigen suchen.

Egal, welche Ausfälle sich Sarrazin leistet, ob er nun von “Kopftuchmädchen” oder einem Judengen schwadroniert, ob er ALG-II-Empfängern Ernährungs- und Energiespartips erteilt oder Horrorszenarien von der drohenden Verdummung Deutschlands durch Migration und Demographie entwirft – stets findet sich eine buntscheckige Posse von Claqueuren. Die Spannbreite reicht dabei von den üblichen Verdächtigen wie der NPD und pro Deutschland, über Teile der Presse wie bspw. der Spiegel und BILD, die sich nicht genierten, via Vorabdrucken für Sarrazins Buch die Werbetrommel zu rühren, bis hin zum Mann auf der Straße, dessen Vorurteile bestens bedient werden. (more…)

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Muss man Sarrazin wahrnehmen?

Von Frank Benedikt

Thilo Sarrazin hat ein Buch geschrieben. Das ist nichts Besonderes, das machen abgehalfterte Politiker nach dem Ende ihrer Karriere schon mal gern, so eben auch “Pöbel-Thilo”. Tagtäglich kommen in Deutschland über 200 Neuerscheinungen auf den Markt und Sarrazins Buch “Deutschland schafft sich ab” ist nur eine davon – muß man es und ihn also wahrnehmen? Ich meine ja.

In seinem aktuellen Beitrag “Der Wahnsinnige am Bohrer” schreibt Michael Spreng beim Sprengsatz, man solle Sarrazin doch die Aufmerksamkeit – und somit den medialen Boden – entziehen, eine Meinung, die ich dieser Tage auch  von verschiedenen Kolleginnen und Kollegen vertreten fand. Schließlich nähre diese Aufmerksamkeit nur seinen zweifelhaften Erfolg als Populist und befördere nun sein Buch bereits vorab zu einem Bestseller, der schon jetzt bei Amazon auf Platz 1 der Sachbuch-Bestsellerliste steht. Die “Lösung” könnte zielführend sein, wenn es sich bei Sarrazin um ein isoliertes Phänomen handeln würde, jedoch ist der Sachverhalt durchaus komplexer.

Der vormalige Berliner Finanzsenator und jetzige Bundesbanker versteht es hervorragend, die Ressentiments und Xenophobien von Millionen Bundesbürgern zu bedienen, ist dabei aber nicht alleine, sondern Teil eines Trends. Auch andere Personen des öffentlichen Lebens wie bspw. die Herren Buschkowsky, Heinsohn oder Sloterdijk haben diesen Trend wohl erkannt und greifen ihn – ähnlich einem Geert Wilders in den Niederlanden – zunehmend auf. Insofern ist “Pöbel-Thilo” nicht ein Einzelfall, sondern eher als symptomatisch anzusehen für eine Gesellschaft, die immer weiter nach rechts rückt und wachsend Vorurteile wie auch soziale Kälte entwickelt. (more…)

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Ein paar Gedanken zur WM

Wenn mehrere Sport-Berichterstatter Politik-Talkshows moderieren, kann man auch, wenn man sich sonst eher den politischen Themen zuwendet, mal ein paar Betrachtungen zur Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika anstellen. Und wie erstere, um komplizierte politische und wirtschaftliche Zusammenhänge für das Publikum (und sich selbst) verständlich zu machen und die aufgetragene Botschaft rüberzubringen, oft Vereinfachungen aus der Welt des Sport benutzen (“Wir brauchen wieder einen Führungsspieler”, “Hauptsache wir gewinnen, egal wie!”), so werden auch hier neben den fußballerischen Betrachtungen einige politische und gesellschaftliche Zusammenhänge Erwähnung finden.

Nervige Tröten, nervige Übertragung, nervige Schiedsrichter

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Die WM ist bisher eine überwiegende Enttäuschung. Natürlich, man kann es nicht oft genug wiederholen, trägt die Hauptschuld der unerträgliche laute und monotone allgegenwertige Vuvuzela-Pegel. Völlig egal ob das “dort” nun mal dazugehört – so macht Fußballkucken, und, wie fast alle Mannschaften beklagen, auch Fußballspielen keinen Spaß. Blasmusik ist auch Kultur und muss dennoch nicht von allen geliebt werden – und wenigstens besteht sie aus mehr als nur einem einzigen Ton! Ja, dieser eine einzige Ton, 90 Minuten lang, ohne jegliche Variation!!! Es gibt keine Stimmung, keinen Jubel, Gesänge gehen sowieso unter, nichts. Jedes Spiel, jede Spielsituation ist akustisch genau die gleiche.

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Die Kommentatoren wollen diese nervige Geräuschkulisse noch überbieten. Neben Platitüden treten oft Vorurteile und andere fragwürdige Botschaften (näheres siehe unten). Die Analyse-Teams schwanken in ihrer Qualität. Sind Jauch/Klopp und Netzer/Delling wenigstens noch relativ unterhaltsam und liefert Scholl (mit Beckmann) noch etwas fußballerischen Sachverstand, gibt Kahn bei Müller-Hohenstein meist nur Binsenweisheiten von sich. Die anderen Teams sind so farblos, dass sie einem kaum einfallen mögen.

Dier übertragenen Bilder sind grausig. Man sieht kaum Bilder aus den Stadien. Eine WM ohne Fans ist aber nur eine halbe. Während die Regie bei der letzten WM meist die richtige Balance fand zwischen dem Spiel, Wiederholung von wichtigen Momenten und Bildern des Publikums und von der Trainerbank (und es dabei manchmal eher bei den beiden letzteren übertrieb), sind jetzt pro Spiel höchstens mal zwei kurze Einblendungen von den Zuschauern im Stadion zu sehen. Dazu kommen ständige extreme Zeitlupen, aber ausgerechnet wichtige Situationen werden dann nicht wiederholt. Die Werbung kommt natürlich nirgends zu knapp (wenigstens im RTL-Livestream sieht man stattdessen Trailer und ein bisschen Werbung für Seiten mit Videoclips).

Die Schiedsrichter machen bei dieser WM viele Spiele kaputt. Der Maßstab, wie Karten vergeben werden, ist völlig verrutscht, wenn jede Berührung zu jeder Karte führen kann. Oft werden die Mannschaften doppelt oder dreifach bestraft, wenn ein Spieler wegen einer geringfügigen Aktion im Strafraum vom Platz gestellt wird, die Mannschaft also einen Spieler weniger hat, einen Elfmeter gegen sich erhält und, wenn es der Torwart war, der Ersatztorwart eingewechselt werden muss. Hier müssen unbedingt andere Regeln her, soll der Fußball nicht zu reinen Glücksspiel verkommen.

Schöner Fußball? Da ist man meist fehl am Platz

Ohne die ganzen Fehlentscheidungen der Schiedsrichter, Handspiele im 16er und Torwartfehler hätte diese WM aber andererseits ihren Tornegativrekord noch einmal drastisch unterboten. Die kleinen Mannschaften scheinen aber auch deshalb diesmal erfolgreicher, weil sie sich auf die Defensivarbeit konzentrieren.

Viele Favoriten haben bisher enttäuscht. Wenn doch mal einer ganz gut spielt, wie Brasilien oder die Niederlande, sind die Kommentatoren aber dennoch die meiste Zeit damit beschäftigt, zu erzählen, wie schlecht der Favorit eigentlich spiele. Das wäre natürlich zu verkraften, wenn die anderen Mannschaften schönen Fußball bieten würden. Aber meist sieht man den “erfolgsorientierten Ergebnisfußball”, den die deutschen Kommentatoren energisch uunterstützen. “Es kommt nicht darauf an, ob man schön spielt, sondern darauf, dass man gewinnt!” Für das einzelne Spiel mag das ja wahr sein – aber der Fußball lebt nun mal ganz allein von den Zuschauern, und wenn die weg bleiben, brechen auch die Einnahmen weg.

Natürlich kann man diese Ansicht auch als eine Parallele oder Verstärkung derer ansehen, die die herrschenden Kräfte in der Gesellschaft durchsetzen wollen: Hauptsache, man setzt sich gegen den anderen durch, egal wie man das erreicht. Jedes Mittel ist recht für den Erfolg, wie im Fußball, so im Leben. Und das ist nicht die einzige auch gesellschaftliche zu verstehende Botschaft, die die Medien rund um den Fußball zu transportieren versuchen.

Nationalismus, rassistische Vorurteile, Führersehnsucht – muss das sein?

WIR haben ein Tor geschossen, die Nationalspieler haben ein Gegentor kassiert. WIR haben gut verteidigt, der Sturm war schwach. WIR kriegen einen Elfmeter zugesprochen, Podolski verschießt ihn. Wenn die deutsche Nationalmannschaft gewinnt, hat Deutschland gewonnen, haben WIR gewonnen. Verliert sie, haben die Spieler auf dem Platz das Spiel verloren.

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WIR, die Deutschen an sich, sind natürlich diszipliniert, ordentlich und fleißige Arbeiter, auch auf dem Fußballplatz. Die Engländer schlagen die Bälle nach vorne und das Land kann keine guten Torhüter gebären. Die Südamerikaner können nun einmal Fußball spielen, das haben sie “im Blut”. Das kann dabei auch beliebig ausgeweitet werden, Hauptsache im Süden. Da können sie halt schönen Fußball, wenn auch sonst wenig. Auch die in Deutschland aufgewachsenen Mesut Özil und Sami Khedira haben wegen ihrer südländischen Herkunft technische Fähigkeiten, kriegt man dann tatsächlich zu hören. Allerdings neigt der Südländer auch zu Nickligkeiten und versteckten fiesen Fouls, während der Südosteuropäer einfach hart rumbolzt und foult. Dem Afrikaner wird man niemals beibringen können, finanzielle Angelegenheiten nicht kurz vor dem Spiel regeln zu wollen, das geht einfach nicht. Keine Chance! “Der Neger” kann nun mal nicht anders!

Hier wird Alltagsrassismus nicht nur wiedergegeben, hier wird er verstärkt und oft auch erzeugt. Und wenn ein Spieler ein ganz tolles Gefühl haben muss, fällt einem dazu kein anderer Vergleich mit einer anderen ganz tollen Situation ein als mit einem – Reichsparteitag??? Doch nein, Deutschland ist ja gar nicht rassistisch, es schiebt zwar Flüchtlinge ab, bürgert aber die guten Ausländer ein, wenn man sie gebrauchen kann, z.B. im Fußball. Alles in Ordnung also.

Und das ZDF heute journal “berichtet” tatsächlich, dass mit dem Aus der französischen Nationalmannschaft dort auch das “Multi-Kulti”-Modell  (dass weiße und schwarze Spieler in der Mannschaft spielen) gescheitert sei. Gerade das ZDF scheint wirklich unaufhaltsam auf dem Weg nach rechts außen.

Und immer wieder, immer wieder hört man die Botschaft, man brauche wieder Führerungsspieler. Philipp Lahm wird in einem Interview mit fünf Fragen dreimal befragt zum Thema Führungsspieler, Führungsaufgaben, Führungsstil und reagiert eher irritiert. Ist er der richtige Mann dafür, bringt er die richtigen Führungsqualitäten mit oder ist nicht eher ein anderer der Chef auf dem Platz, fragen demzufolge auch die Kommentatoren immer wieder, wenn Deutschland spielt. Nahtlos geht dies dann natürlich weiter in den Politik-Talkshow-Simulationen, wo man sich endlich ein Machtwort der Kanzlerin wünscht, starke Führungskräfte für das Land braucht und die deutsche Jugend nicht genug Disziplin zeigt.

Die deutsche Mannschaft und ihr Trainer

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Bei den Spielern muss zuallererst Disziplin herrschen, die Autorität des Trainers darf in keiner Weise in Frage gestellt werden, seinen Befehlen ist Folge zu leisten. Tut man das nicht, kann man auch als vielleicht bester Stürmer der Saison zu Hause bleiben müssen. Und auch wenn im defensiven Mittelfeld, wenn Schweinsteiger und/oder Khedira ausfallen sollten, nur noch Spieler da sind, die dort höchstens äußerst selten gespielt haben (am ehesten noch Boateng oder Aogo), wird Thorsten Frings auch nach einer überragenden Saison nicht nominiert, weil er sich mal beschwert hat, dass er bei einem Spiel nicht dabei war.

Ist man dagegen Spieler des FC Bayern, muss man sich wie Holger Badstuber auch nach einer äußerst schwachen Partie keine Sorgen machen, auch wenn mit Jansen und Aogo (oder auch Boateng, dann wäre auch Lahm auf links möglich) durchaus gute Alternativen bereitstünden. Natürlich sollte man gerade junge Spieler nicht allzu schnell herunterputzen. Allerdings kann man auch anderen jungen Spielern Chancen vesperren,  was es auch nicht besser macht. Und Miroslav Klose zehrt immer noch von vergangenem Ruhm und einzeln aufblitzenden guten Momenten. Apropos Sturm: Gegen Serbien kriegte es Löw tatsächlich fertig, 30 Minuten ohne Sturmspitze spielen zu lassen. Anstatt z.B. Podolski in den Sturm zu stellen und Özil über links kommen zu lassen, und natürlich am besten in der Halbzeit Cacau einzuwecheln, lässt er Özil als vordersten Spieler allein, auch wenn er auf dieser Position deutlich schlechter spielt.

Löw scheint sowieso eine geradezu pathologische Angst vor Positionswecheln zu haben. Nicht mal wenn der einzige Stürmer ausfällt, stellt er um. Andere Besipiele: Nachdem er Badstuber rausnimmt, verteidigt Friedrich in der Dreier-Kette auf links, was er noch nie getan hat, anstatt ihn nach rechts und Lahm nach links zu stellen. Und es gibt noch viele solcher Beispiele. Am krassesten war wohl aber die Aufstellung im Testspiel gegen Ungarn, als er Jansen einwechselte und nicht etwa Jansen als linken Verteidiger (wo er sehr oft spielt und wohl auch in der Nationalmannschaft Chancen hat, auch wenn er im linken Mittelfeld stärker sein mag), Podolski im linkem Mittelfeld (wo er in der Nationalmannschaft inzwischen meist spielt) und Westermann im defensiven Mittelfeld (wo er gelegentlich spielt) spielen lässt, sondern Jansen als linken Mittelfeldspieler einsetzt (so weit so gut), Westermann als linken Verteidiger (was er selten spielt) und Podolski tatsächlich ins linke defensive Mittelfeld stellt, wo dieser noch nie gespielt hat, weil dort seine Fähigkeiten überhaupt nicht zur Geltung kommen – und er auch ziemlich untergeht.

Und noch etwas ist merkwürdig bei Löws Spielerauswahl: man kann noch in einem Spiel Stammspieler sein, wird man einmal für ein Testspiel nicht nominiert, kann man sicher sein, dass man nie wieder spielen wird, egal, wie gut man auch ist (einige Beispiele: Frings, Metzelder, Ernst, zukünftig vielleicht ja auch Hitzlsperger). All diese Entscheidungen des Trainers sind schwer nachvollziehbar, sind eher unrationale Entscheidungen, die aber nicht kritisiert werden (dürfen), da der Trainer nicht kitisiert wird (werden darf). Anders natürlich der Franzose, so die deutsche Presse, der streikt ja auch beim Fußball. Auch wenn das angesichts dieses Trainers durchaus nachvollziehbar erscheinen kann (auch wenn man ihn ja nicht gleich so übel beleidigen muss wie Anelka).

Dennoch hat die deutsche Nationalmannschaft ihre zahlreichen Ausfälle gut kompensiert und bisher mit den attaktivsten Fußball gespielt. Mal sehen, was sie und die WM insgesamt noch bringen werden.

Bilder

(1) Wikipedia (Berndt Meyer) / http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5/deed.en

(2) Flickr (Madebyr.de) / http://creativecommons.org/licenses/by-nd/2.0/deed.de

(3) Kamelopedia / GNUFDL (basierend auf Wikipedia / http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)

(4) Wikipedia (Florian K) / http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/

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