Zensur beim ZDF? (UPDATE 4)

Die “heute show” im ZDF wurde heute abend plötzlich abgebrochen. Michael Mittermeier hatte in einem Gespräch mit Oliver Welke über Atomkraft einige – sagen wir – nicht ganz jugendfreie Bemerkungen zu “Atomkraftfetischisten” (eine Anspielung auf eine Aussage von Markus Söder) gemacht. Sie scherzten noch in der Richtung, ob das jetzt zu viele derartige Ausdrücke waren. Plötzlich brach die Sendung ab, es gab ein schwarzes Bild, und dann kam unvermittelt die nachfolgende Sendung “aspekte” – präsentiert ausgerechnet vom Atomkraftbefürworter Wolfgang Herles.

http://www.youtube.com/watch?v=fv-NZ1akLAk (more…)

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Fukushima-Ticker

  • 30.03.2011, 12:35 Uhr
    Wachsende Verseuchung des Meerwassers und Verschrottungspläne
    Die dritte Woche im Kampf gegen den drohenden Super-GAU in Fukushima scheint – neben manch kleinerer Hoffnung – auch neue Hiobsbotschaften bereitzuhalten: Nachdem gestern bereits bekannt wurde, dass inzwischen das Ultragift Plutonium in Bodenproben aus der Umgebung nachgewiesen werden kann (siehe unten), was deutlich für eine Beschädigung eines oder mehrerer Reaktordruckgefäße spricht, hat die Radioaktivität im Meer vor der Anlage nun erheblich zugenommen. Wurde von NHK World gegen 6:25 Uhr Ortszeit (Sommerzeit in Deutschland: minus 7 Stunden) noch ein Nachlassen der Strahlung im küstennahen Bereich gemeldet,  wurde dies nur Stunden später um 12:23 Uhr (Ortszeit) korrigiert. Ein neuer Rekordwert, der 3.355-fach über dem Normalwert liegt, wurde in der Nähe eines der Abflüsse gemessen. Aus der havarierten Anlage scheint also zunehmend radioaktives Material in die Umwelt freigesetzt zu werden.  Übersichtliche und zeitnahe Kurzberichte zum Zustand der Reaktoren in Fukushima finden sich beispielsweise bei der japanischen Agentur für Nuklear- und Industrieanlagensicherheit (NISA).
    Auch die teilweise Überschwemmung der Reaktorgebäude mit kontaminiertem Wasser scheint ein wachsendes Problem bei der Eindämmung der Katastrophe darzustellen, wie Asahi Shimbun berichtet. Die Arbeiter vor Ort haben damit (wie auch mit weiteren Problemen) zunehmend zu kämpfen und leisten etwas, das man von keinem Menschen verlangen dürfte, während es der Aufsichtsratsvorsitzende des Betreibers TEPCO bei einer Entschuldigung bewenden läßt.
    Eine wahre Absurdität zeigt sich auch bei den Absichtsbekundungen von Betreiber und Regierung: Während TEPCO verkündet, die ersten vier Reaktoren verschrotten zu wollen, fordert Regierungssprecher Edano die Stillegung aller sechs in der Anlage vorhandenen; dies im Angesicht einer immer noch nicht überstandenen Krise ohne historische Präzedenz.
    Lesenswerte Zusatzinformationen (zu Strahlung, ihren Auswirkungen auf Fauna und Flora, zu Schäden, Vorbeugungsmaßnahmen und zu Maßnahmen wie Statements der Verantwortlichen) finden sich u.a. übrigens beim japanischen Ministerium für Erziehung, Kultur, Sport, Wissenschaft und Technologie, kurz MEXT. [fb]
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“Größter anzunehmender Unfall”?

Von Frank Benedikt

Da momentan in Japan ein “Super-GAU” droht und auch wir in der einen oder anderen Art und Weise davon betroffen sein werden, bereiten wir für mehrere Blogs und “Social Networks” einen eigenen Ticker vor. Schon der Begriff des “GAU” findet in seiner Steigerung “Super-GAU” seine Widerlegung und die Sprache der “Mächtigen” ist wie stets sehr “schwurbelig”. Fakten zusammenzutragen, transparent und verständlich zu machen, ist dabei unser Ziel, denn derzeit ist die Berichterstattung zunehmend widersprüchlich. Sollten wir genug Freiwillige finden, die daran ernsthaft mitarbeiten wollen, werden wir versuchen, hier und anderswo einen kontinuierlichen, kritischen Überblick zu bieten.

Vorab schon die aktuellen Strahlenwerte in Bayern: http://inters.bayern.de/kfue/station2.htm. So schnell sind auch die Stratosphärenwinde nicht … Auch relevant ist die von “Ausgestrahlt” kurzfristig angesetzte Demo. Und wer jetzt gegen die Laufzeitverlängerung bei AKWs seine/ihre Stimme erheben mag: Nicolas Semak bietet eine bequeme Möglichkeit an, die zwar an den Regierungssprecher Seibert adressiert ist, aber natürlich die Regierung selbst meint.

Spätestens jetzt sollte “alles anders” werden …

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Boulevardborderliner

Von Marc Schanz

Ganz Deutschland wird von nie da gewesenen Phantomschmerzen geplagt. Der Rücktritt unseres zukünftigen Kanzlers, ach, was sage ich da, unseres boulevardgesalbten Kaisers Karl-Theodor Dr. Freiherr zu Guttenberg hat Deutschland über Nacht enthauptet. Kopf-, führer- und zielllos rennt das Volk seitdem umher und schreit lauthals seine Schmerzen heraus: Jetzt oder nie, Monarchie!

Ja, es wäre das vollkommene Glück des deutschen Michels, wieder an den Ruhm längst vergangener Zeiten anknüpfen zu können. Wir würden einfach einen riesigen Schritt zurück in die Vergangenheit machen, in jene glorreiche Epoche vor über 100 Jahren, in der das Leben noch ohne lästige Aufklärung oder gar Vernunft so herrlich einfach war und der deutscher Kaiser durch die Gnade der Inzucht das Reich regierte. Dieser zeitliche wie geistige Kurzschluss ließe so nebenbei die paar dunklen Kapitel deutscher Geschichte – zwei verpfuschte Weltkriege und ein bisschen Holocaust – im gnädigen Nichts des Vergessens verschwinden.
Warum musste dieser verheißungsvolle Traum nur platzen? Es wäre doch so schön gewesen. Jetzt ist alles kaputt und das auch nur wegen dieser zwei oder drei Fußnoten.
Die deutsche Tragödie nimmt ihren Lauf, wir schaffen uns ab! Nach fast 2.000 Jahren begehen wir den gleichen Fehler und kreuzigen den Gottgesandten. So etwas darf einfach nicht passieren! Guttenbergs Wiederauferstehung ist fest eingeplant. Wenn es soweit ist, darf nichts schief gehen, denn das nächste Himmelfahrtskommando sollte nicht versaut werden. (more…)

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Vermischtes: BILD, Sarrazin, deutsche Geschichte, Whistleblower, Anstalt

Ein paar aktuelle Lesetipps und Hinweise:

  • Eine großartige Antwort der Band “Wir sind Helden” auf eine Anfrage, bei einer Werbekampagne der BILD mitzumachen.
  • Thilo Sarrazins Sohn bezieht Hartz IV:  Das schwarze Schaf (taz.de) Normalerweise sollte man es vermeiden, bei Politikern Privates/ Persönliches mit Politischem zu vermischen. Meist hat dies nicht viel miteinander zu tun. Aber in diesem Fall ist es doch sehr aufschlussreich: Der Sohn von Thilo Sarrazin – der immer wieder mit Hetze gegen  Hartz-IV-Bezieher, Arme, Schwache aufgefallen ist und mit seinem sozialdarwinistischen Machwerk “Deutschland schafft sich ab” Millionen verdient hat – lebt von Hartz IV und leidet bis heute am Erziehungsstil seiner Eltern.
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Kampagnenjournalismus zur Wahl in Hamburg

In der Berichterstattung der Mainstream-Medien zur Bürgerschaftswahl in Hamburg kann man wieder einmal deutlich Elemente von neoliberalem Kampagnenjournalismus erkennen:

Jörg Schönenborn meint in den “Tagesthemen extra” zwar einerseits, dass für das Ergebnis der Wahl in Hamburg vor allem hamburg-spezifische Fragen und weniger bundespolitische ausschlaggebend waren (daran mag etwas dran sein: anders ist kaum zu erklären, dass die FDP erstmals seit 7 Jahren wieder die 5-Prozen-Hürde schaffte). Andererseits macht er den Wahlerfolg der SPD zum Sieg der politischen Mitte über die Linke. Auch in den Tagesthemen spricht er von “Politik für die Mitte” statt linker Politik, Wirtschafts- statt Sozialkompetenz. ZDF-Chefredakteur Peter Frey, der schön öfter durch Anti-Links-Kampagnenjounalismus aufgefallen ist, begrüßt es im “heute journal” mit einem Gewinnerlächeln, dass sich Scholz weder von Hartz IV noch der Agenda 2010 distanziert hat. Maybrit Illner will Scholz im heute journal gar nahelegen, nächster Kanzlerkandidat der SPD zu werden.

Auch in den Zeitungen wird die selbe Schine gefahren, etwa in der Springer-Presse (auch diese spricht von Scholz als Kanzlerkandidatem), im Focus oder auch in verschiedenen kleineren Blättern. Die Worte, die dabei von Medien wie auch von Scholz exzessiv verwendet werden, sind vor allem “Pragmatismus” und”Wirtschaftskompetenz”.

Die Speicherstadt in Hamburg

Was dazu genügt, auch als SPDler von den Medien geliebt zu werden, ist klar: die “richtige”, also wirtschaftsliberale Einstellung (siehe auch Schröder, Steinmeier, Steinbrück), möglichst ohne zu feste politische moralische Überzeugungen (“pragmatisch”). Auch die Ziele und Elemente dieser Kampagne sind klar, weil tagtäglich erlebt: die SPD mit allen Mitteln auf den “Neue Mitte”-/ Agenda-Kurs  (im Neusprech als “die MItte gewinnen” o.ä.) zu halten. Wetten, dass nach  eventuellen Wahlerfolgen der SPD in Rheinland-Pfalz oder Baden-Württemberg das Medienecho deutlich verhaltener ausfallen wird?

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Was können Blogs in Deutschland erreichen?

Ein Nachtrag zur Diskussion “Retten die Blogger die Demokratie?” auf dem Blogger-Kongress in Köln

Was können Blogs in Deutschland erreichen? Was ist ihre Aufgabe? Können sie wirklich die Demokratie retten, können sie gesellschaftlichen oder politischen Wandel verursachen – oder gar eine Revolution? Ich denke, hier ist erst mal ein gesundes Maß Bescheidenheit und Realitätssinn angebracht.

Bild: Fred Garland (weitere Bilder vom Kongress auch auf T-I-X – Weekly)

Zunächst einmal ist der oft gezogene Vergleich zu Bloggern beispielsweise in Tunesien oder in China kaum angebracht. Dort herrschten bzw. herrschen – wohl kaum bestreitbar – deutlich repressivere Zustände als in Deutschland. Die politischen Blogs sind in vielen Ländern oft die letzten Refugien der Meinungsfreiheit. In Deutschland gibt es diese Meinungsfreiheit – nur wird sie kaum genutzt. Was wir hier brauchen, ist mehr Meinungsvielfalt. Und das ist das, was die politische Blogosphäre in Deutschland kann: eine Plattform für alternative Meinungen darzustellen, für Positionen abseits des gegenwärtigen Mainstreams. Nicht weniger. Aber auch nicht mehr. (more…)

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Nuhr noch zum Abschalten

Die Sozialausgaben in Deutschland sind zu hoch, die Bankenrettung war alternativlos, die Deutschen sollten nicht so viel meckern, schließlich geht es ihnen doch besser als je zuvor – nein, wir sind hier nicht beim letzten CDU-Parteitag, sondern bei der gestrigen Ausgabe des “Satiregipfels” (Video), erstmals moderiert von Dieter Nuhr.

Als Comedian hat Dieter Nuhr sicher einige gute Nummern und Sendungen. Als “Kabarettist” kann man ihn aber kaum ernstnehmen, vor allem seit dieser Sendung nicht. Nuhr stand ja noch nie im Verdacht, politisch irgendwo links zu stehen. Gestern jedoch machte er aus einer ehemals kritischen Kabarett-Sendung ein weiteres Propagandainstrument für konservativ-liberale Anschauungen. Neben ein paar oberflächlichen Witzen zu aktuellen politischen Ereignissen, die aber nie ein Thema weiter ausführten, gab es  auch ganz klare politische Aussagen: Etwa, dass diie Sozialausgaben in Deutschland viel zu hoch seien – dadurch sei, so Nuhrs These, schon die DDR pleite gegangen. Natürlich gab es auch etwas zur “Kommunismus-Debatte”: Die Linken, so sollte suggeriert werden, wollten alle den Stalinismus inklusiver Millionen Toter wieder. Über Stammtischparolen gingen diese Nummern meist nicht hinaus.

Erste ehrliche Zustimmung vom Publium erntete Nuhr erst, als er es eigentlich gar nicht wollte: Statt die Banken zu retten, meinte er, hätte man besser mehr Kindergärten bauen sollen – worauf das Publikum applaudierte. Dabei wollte Nuhr in Wirklichkeit darauf hinaus, dass, wenn man die Banken nicht gerettet hätte, man ja auch gar keine Kindergärten hätte bauen können (Anmerkung: es ist wohl nicht der Mühe wert, auf so etwas auch noch  inhaltlich einzugehen). Daher sei, so schließlich sein dann – wirklich ernsthaft gemeintes, nicht etwa sarkastisches Statement, die Bankenrettung, Zitat, “natürlich alternativlos” gewesen. Das war Nuhrs Beitrag zum Unwort des Jahres “alternativlos”. So ziemlich das Gegenteil dessen, wofür das politische Kabarett einmal angetreten ist. Angela Merkel hätte es nicht besser sagen können. (more…)

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