Angela Merkel hat heute ein Moratorium für die Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke um drei Monate angekündigt. Während dieser Auszeit sollen deren Sicherheitsstandards überprüft und dann eine Entscheidung getroffen werden.
Dies ist im Prinzip der kleinste erwartbare Schritt, den Schwarz-Gelb in der Hoffnung tun konnte, bei den kommenden Landtagswahlen nicht komplett abzusacken. Der Zeitraum von drei Monaten ist viel zu offensichtlich, um auch nur irgendjemandem andere Motive vorzutäuschen. Man erhofft sich, dass das Thema nach den Landtagswahlen aus der öffentlichen Aufmerksamkeit verschwunden ist. (more…)
30.03.2011, 12:35 Uhr Wachsende Verseuchung des Meerwassers und Verschrottungspläne
Die dritte Woche im Kampf gegen den drohenden Super-GAU in Fukushima scheint – neben manch kleinerer Hoffnung – auch neue Hiobsbotschaften bereitzuhalten: Nachdem gestern bereits bekannt wurde, dass inzwischen das Ultragift Plutonium in Bodenproben aus der Umgebung nachgewiesen werden kann (siehe unten), was deutlich für eine Beschädigung eines oder mehrerer Reaktordruckgefäße spricht, hat die Radioaktivität im Meer vor der Anlage nun erheblich zugenommen. Wurde von NHK World gegen 6:25 Uhr Ortszeit (Sommerzeit in Deutschland: minus 7 Stunden) noch ein Nachlassen der Strahlung im küstennahen Bereich gemeldet, wurde dies nur Stunden später um 12:23 Uhr (Ortszeit) korrigiert. Ein neuer Rekordwert, der 3.355-fach über dem Normalwert liegt, wurde in der Nähe eines der Abflüsse gemessen. Aus der havarierten Anlage scheint also zunehmend radioaktives Material in die Umwelt freigesetzt zu werden. Übersichtliche und zeitnahe Kurzberichte zum Zustand der Reaktoren in Fukushima finden sich beispielsweise bei der japanischen Agentur für Nuklear- und Industrieanlagensicherheit (NISA).
Auch die teilweise Überschwemmung der Reaktorgebäude mit kontaminiertem Wasser scheint ein wachsendes Problem bei der Eindämmung der Katastrophe darzustellen, wie Asahi Shimbunberichtet. Die Arbeiter vor Ort haben damit (wie auch mit weiteren Problemen) zunehmend zu kämpfen und leisten etwas, das man von keinem Menschen verlangen dürfte, während es der Aufsichtsratsvorsitzende des Betreibers TEPCO bei einer Entschuldigung bewenden läßt.
Eine wahre Absurdität zeigt sich auch bei den Absichtsbekundungen von Betreiber und Regierung: Während TEPCO verkündet, die ersten vier Reaktoren verschrotten zu wollen, fordert Regierungssprecher Edano die Stillegung aller sechs in der Anlage vorhandenen; dies im Angesicht einer immer noch nicht überstandenen Krise ohne historische Präzedenz.
Lesenswerte Zusatzinformationen (zu Strahlung, ihren Auswirkungen auf Fauna und Flora, zu Schäden, Vorbeugungsmaßnahmen und zu Maßnahmen wie Statements der Verantwortlichen) finden sich u.a. übrigens beim japanischen Ministerium für Erziehung, Kultur, Sport, Wissenschaft und Technologie, kurz MEXT. [fb]
Zunächst einmal: Don’t panic! Die Sicherheit bei Naturkatastrophen ist bei den deutschen Atomkraftwerken nicht das größte Problem. Und auch bei den schlimmsten denkbaren Katastrophen sollten bei weitreichenden politischen Entscheidungen Fakten die entscheidende Rolle spielen. Panikmache hilft niemandem. Dennoch ist es auch unter dieser Prämisse richtig, gerade jetzt entschieden den Ausstieg aus der Atomkraft auch für Deutschland zu fordern.
Fukushima zeigt, dass auch als äußerst unwahrscheinlich eingeschätzte Fälle eintreten können – und treten diese ein, sind die Folgen so hoch, dass auch das äußerst geringe Risiko diese nicht legitimieren kann. Und auch aus vielen anderen Gründen ist die Atomenergie abzulehnen – seien es das ungelöste Endlagerproblem, gehäuft auftretende Fälle von Krebserkrankungen in der Nähe von Atomkraftwerken bis hin zu ökonomischen Gründen.
Kommt von Seiten der Atomkraftbefürworter nun der Vorwurf, die Aktionen der Anti-AKW-Bewegung seien eine Instrumentalisierung der Opfer in Japan und unverantwortlich, so kann man nur entgegenhalten: unverantwortlich war es, auf eine so gefährliche Energie wie Atomkraft zu setzen. Es gilt, dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder vorkommen wird.
Der Castortransport hat erwartungsgemäß sein Ziel in Gorleben erreicht – trotz zahlreicher Versuche, ihn aufzuhalten. Es bleibt die Frage, was aus seiner strahlenden Fracht werden soll.
Vor dem Hintergrund der massenhaften Proteste gegen den neuerlichen Castor-Transport scheint die Frage “Wohin nur mit dem Zeug?” in den Hintergrund getreten, dabei sollte sie doch die Kernfrage überhaupt sein. Die Verbringung von Atommüll nach Gorleben, das zunehmend schon rein sicherheitstechnisch nicht den Anforderungen an ein Endlager zu genügen scheint, zu verhindern, löst ja nicht das Grundproblem der Entsorgung. Über 8.000 Kubikmeter hochradioaktiven Materials werden bereits heute in Europa zwischengelagert und jährlich wächst diese Menge um rund 280 Kubikmeter an.
Seit über einem halben Jahrhundert fällt in deutschen Kernkraftwerken hoch radioaktiver Abfall an und jährlich kommen etwa 450 Tonnen hinzu. Mit der jüngst von Schwarz-Gelb beschlossenen Laufzeitverlängerung um weitere 12 Jahre werden, wenn der letzte Reaktor abgeschaltet ist, rund 21.600 Tonnen stark strahlendes Material auf ihre Entsorgung warten. Entsorgung? Wie entsorgt man eine derartige Menge gefährlichen Atommülls, der bis zu einer Million Jahre sicher verwahrt werden muss? (more…)
Aktuelle Aktionen, Aufrufe und Hinweise: Gegen die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke und für die Förderung regenerativer Energien, Aktionen und Demonstrationen rund um den Castor-Transport, eine Initiative für die Einführung einer Vermögenssteuer und ein neues Online-Lexikon zum Lobbyismus in Deutschland. (more…)
Hermann Scheer ist gestern gestorben. Wie kaum ein anderer hatte er sich für eine nachhaltige Umgestaltung unserer Gesellschaft eingesetzt. Er hat sehr früh erkannt, dass die Menschheit nur eine Zukunft hat, wenn sie die Art ihrer Energiegewinnung konsequent verändert und trat für den Ausbau erneuerbarer Energien, vor allem der Solarenergie, ein. Dafür dafür er zu Recht den alternativen Nobelpreis.
Er engagierte sich für Klimaschutz und die Erhaltung für der Natur, und für eine friedliche Ausrichtung der deutschen Politik. Und er war einer der letzten Vertreter der Sozialdemokratie in der SPD, der sich nicht vom neoliberalen Ruck mitreißen ließ, sondern für eine sozial gerechte Gesellschaft und eine Wirtschaftspolitik, die sich nicht den Diktaten der Finanzmärkte und Großkonzerne beugte, kämpfte. Um eine solche, eine linke und ökologische Politik zu konzipieren, auch über Parteigrenzen hinaus, war er an der Gründung und der Arbeit des Instituts für solidarische Moderne beteiligt. (more…)
Mehrere Ereignisse der letzten Wochen haben verdeutlicht, dass es der Bundesregierung nicht darum geht, ein bestimmtes politisches Programm umzusetzen – auch kein konservatives oder liberales (etwa die Durchsetzung freier Märkte), sondern nur um die Bedienung der Klientelinteressen bestimmter Gruppen. Das sind freilich nicht nur die Hotelbesitzer. Und freilich ist es zu kurz gedacht, zu vermuten, mit einem entsprechenden Betrag könne jeder die Regierung kaufen.
Die Gruppierungen und Organisationen, für die CDU, CSU und FDP Politik machen, sind vielmehr solche, mit denen diese Parteien über viele verschiedene Konstellationen verbunden sind – seien es etwa Parteispenden oder andere finanzielle Verflechtungen, personelle Überschneidungen oder auch (dies aber seltenerr) inhaltlich deckungsgleiche Ziele. Quasi natürlicherweise sind und waren dies immer die Großindustrie, die Finanzwirtschaft sowie die Selbstständigen der Oberschicht (Ärzte, Apotheker, Anwälte). Ob es sich im Einzelfall dann um Korruption oder Vorgänge, die man in Deutschland im offiziellen Sprachgebrauch nicht als Korruption bezeichnet, aber jeder weiß, das sie es sind, um Erpressung, um einen freiwilligen Kotau der Politiker vor den wahren Machthabern oder eine der vielen möglichen Mischformen handelt, ist oft schwer nachzuvollziehen, im Endeffekt aber von eher geringer Bedeutung. Um transparente und um demokratische Vorgänge handelt es sich aber nicht. (more…)
Die großen deutschen Energieversorger, unter Federführung des RWE-Chefs Jürgen Großmann, bedienen sich des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), um die Regierung unter Druck zu setzen, einen atomfreundlicheren Kurs einzuschlagen. Dies kommt zwar nicht unerwartet, zumal im Sinne der Vertretung eigener Interessen, ungewöhnlich aber ist es allemal, denn der Ansatz ist neu: Eine massive mediale Kampagne, um öffentlich Druck auszuüben. (more…)
Öl ist unbestritten einer der wichtigsten Rohstoffe unserer Zeit, vielleicht sogar der wichtigste. Seitdem wir wissen, welche Möglichkeiten in diesem fossilen Energieträger stecken, stieg der jährliche globale Ölverbrauch immer weiter an. 2008 lag der gesamte Ölverbrauch bei 84 Millionen Barrel pro Tag, bzw. 3,9 Mrd. Tonnen im Jahr. Gleichzeitig jedoch wird das Auffinden neuer Ölvorkommen schwieriger und teurer und die Zahlen für die globalen Ölvorkommen werden kleiner.
Die heutigen wichtigsten Produzenten von Erdöl sind die Länder des Nahen Ostens und Teile Südamerikas. Doch gerade in diesen Gebieten werden kaum noch neue Erdölfelder entdeckt und die älteren Felder werden zusehends leerer. Da wundert es nicht, wenn Staaten und Energiefirmen versuchen, sich über langfristige Verträge für die Zukunft abzusichern; denn ohne Öl dürfte wohl keine Wirtschaft Bestand haben. Obgleich es bereits Ansätze gibt, auf alternative Energien zurückzugreifen, wird es noch eine Weile dauern, bis diese Technologien vollends ausgereift sind. Hinzu kommt, dass diese neuen Technologien aufgrund der hohen Startkosten vorerst nur in den großen Industrienationen, zur Anwendung kommen werden. Die neuen aufstrebenden Nationen werden noch längerfristig vom Öl abhängig sein.
Unter diesen Entwicklungsländern ist die Volksrepublik China das Land mit dem höchsten Ölverbrauch. Tatsächlich liegt es schon auf Platz zwei der Weltliste der Ölverbraucher – einzig die USA verbrauchen mehr. Und so geistert in der Presse seit einiger Zeit das Bild vom Drachen auf der Jagd nach Öl herum. An diesem Bild ist zumindest insofern was dran, dass China in den letzten beiden Jahrzehnten tatsächlich überall auf der Welt versuchte, Verträge über die Lieferung von Öl oder die Ausbeutung von Ölfeldern abzuschließen. Welche Risiken und Möglichkeiten ergeben sich aus der Suche nach neuen Ölquellen für China? (more…)
Kurz ein paar Hinweise auf einige recht interessante Vorgänge und Meldungen der letzten Tage:
Laut einer Studie des Umweltbundesamtes könnte der Strom für Deutschland im Jahr 2050 komplett aus erneuerbaren Energien kommen (via). Es sei möglich, die Treibhausgasemissionen auf nahezu Null zu senken. Die technischen Voraussetzungen seien dabei heute schon gegeben, das vorhandene Potential müsste nur voll ausgenutzt werden. Selbst bei heutigem Lebensstil und Konsum- und Verhaltensmuster sei dies möglich. Und die Kosten wären geringer als die Kosten, die ein ungebremster Klimawandel verursachen würde.
All das Gerede, Solar-, Wasser-, Windkraft und Erdwärme könnten nie den Strombedarf komplett decken, die von den Mietmäulern der Energiekonzerne und der Atomwirtschaft, oft mit dem Argument der angeblich unüberwindbaren Schwankungen, immer wieder in der Öffentlichkeit lanciert werden, sind falsch. Die Fluktuation kann jederzeit sicher ausgeglichen werden, da sich die unterschiedlichen Erzeugungsarten der erneuerbaren Energien, die Speicher und das Lastmanagement gut ergänzen können, so die Studie. (more…)