Der UNO-Sicherheitsrat hat eine Resolution beschlossen, die die Mitgliedsstaaten beauftragt, alle notwendigen Schritte zu unternehmen, um Zivilisten in Libyen zu schützen. Er hat sie auch ermächtigt, notfalls auch mit militärischen Mitteln (außer dem Einsatz von Bodentruppen) eine Flugverbotszone über Libyen einzurichten. 10 Länder stimmten für die Resolution. Russland, China, Indien, Brasilien und Deutschland enthielten sich.
Die Positionen in Deutschland sind nun zweigeteilt – und auf beiden Seiten von ziemlich starken Emotionen geprägt: Die einen sprechen von kriegslüsternen Bellizisten, die anderen von realitätsfremden Radikalpazifisten. Dabei ist die Sache längst nicht so einfach: Weder scheint es angemessen, die Morde und Verbrechen von Gaddafi und seinen Schergen als “in der Souveränität eines Staates liegend” zu verharmlosen, noch ist jedes Vorgehen und jedes Opfer recht, um “den da endlich wegzukriegen”. Die beiden möglichen Vorgehensweisen – ein militärisches Eingreifen oder das Verbleiben bei anderen Sanktionsmöglichkeiten – beide bieten
Chancen und Risiken, beide haben moralische Rechtfertigungen.
Ich halte es auf jeden Fall für gerechtfertigt, dass man versucht, den Widerstand in Libyen zu unterstützen: Das ständige Pochen mancher Seiten auf die „Souveränität“ auch der Staaten, die ihre Bevölkerung unterdrücken, die Zivilisten foltern und ermorden, ist für mich äußerst zynisch. Eine unterdrückte Bevölkerung besitzt de facto keine Souveränität, die Souveränität liegt in der Hand der Diktatoren – und diese zu schützen ist wohl kaum ein ethisch irgendwie zu rechtfertigendes Ziel. Auch wenn man immer versuchen sollte, so weit es nur irgendwie geht friedlich und nicht-militärisch vorzugehen, halte ich in den Fällen schlimmster Menschenrechtsverletzungen aber ein auch notfalls militärisches Vorgehen für moralisch nicht nur gerechtfertigt, sondern auch notwendig. Das rechtliche Fundament eines auch militärischen Eingreifens in Libyen ist mit der Entscheidung der UN nun gelegt.
Die Frage sollten lauten: Welche Vorgehensweise ist zielführender, welche kann die Lage in Libyen in Richtung Demokratie und Frieden verändern, ohne unnötige Opfer zu verursachen oder zu tolerieren? Ist das Einrichten einer Flugverbotszone angemessen und zielführend – oder wird es nicht, wie manche befürchten, zu noch mehr Toten und zu einer Unruhe in der gesamten Region führen?
Die aktuellen Ereignisse scheinen nun zu zeigen, dass das Vorgehen der UN richtig war und in kurzer Zeit mehr bewirkte, als (immer nur halbherzig gebliebene) politische und wirtschaftliche Sanktionen: Die libysche Regierung hat eine sofortige Waffenruhe und das Einstellen aller Kampfhandlungen erklärt. Man akzeptiere den Beschluss der UN und sei bereit zum Dialog. Gaddafi, der ja oft als “der Verrückte” verspottet wird, scheint hier, wie schon 2003, als er dem Terror abschwor und zum Verbündeten der westlichen Staaten wurde, politisch wieder recht klug zu handeln. Er weiß, dass er militärisch wenig Chancen hätte.
Vielleicht sollte Gaddafi sich, in alter Manier gestürzter Diktatoren, einfach schnell als Privatmann ins Ausland zurückziehen. Das wäre gewiss für die Opfer seiner Diktatur schwer zu ertragen – würde aber wenigstens weiteres Blutvergießen verhindern. Gut möglich ist aber auch, dass sich das Vorgehen Gaddafis wieder einmal als eine seiner Finten herausstellen wird.
So oder so sollte in der jetzigen Situation, in der die Entscheidung der internationalen Staatengemeinschaft gefallen ist, die Solidarität nicht einem Diktator gelten, der eine Demokratiebewegung seiner Bevölkerung blutig unterdrückt.
(1) Bildquelle: Wikipedia (Bernd Untiedt) / CC-BY-SA 3.0
Sollte man nicht nachdenklich werden, wenn die US- und die EU-Regierungen sich “im Schulterschluss gegen einen Despoten” wenden, wie es eine SPD-Abgeordnete (ich glaube, es war die Wieczorek-Zeul) auszudrücken beliebte? Mir graut jedenfalls bei dem Gedanken, mich im “Schulterschluss” mit den “guten” Despoten der Arabischen Liga gegen den “bösen” Despoten Gaddhafi zu befinden; wobei die “guten” Despoten gerade die günstge Gelegenheit nutzen, in ihren Ländern die – wahrscheinlich mit größerem Recht als in Libyen sich demokratisch nennende – Bewegungen zu beseitigen. Und in Libyen wird die Begeisterung für die westliche Form des Eintretens für Demokratie und Menschenrechte keine Grenzen kennen, wenn die mit “chirurgischer Präzision” vorgetragenen Luftschläge der “Allianz der Guten” die ersten Kollateralschäden zeitigen.
Es sind ja nicht alle im Schulterschluss – Deutschland ist nicht dabei.
Und: auch wenn woanders auch ein Grund zum Eingreifen ist, ist das ja kein Grund, nirgendwo einzugreifen.
Der Angriffskrieg gegen Lybien ist illegal, selbst nach den eigenen Statuten der UN. Der Art. 42 der UN-Charta besagt, dass Interventionen NUR erlaubt sind, wenn der Weltfrieden bedroht wurde, und die internationale Sicherheit gefährdet ist. Dabei gibt es keine Interpretationsspielräume. Die Gewalt findet ausschliesslich in Lybien statt, und wäre sicher bald beendet. Auch wenn uns das nicht gefällt, die Statuten der UN Charta sind da eindeutig. Damit ist der Beschluss der UN zur Intervention gegen Lybien durch seine eigenen Statuten illegal, und damit nichtig. Die UN müsste also gegen alle intervenierende Staaten wie USA, GB, Frankreich etc. wirtschaftlich und strafrechtlich vorgehen.
Mit diesem Angriffskrieg stellt man sich auf die selbe Stufe wie Gadaffi selbst, oder noch schlimmer wie alle Despoten von Hitler bis nach Obama die glauben das Recht zu haben souveräne Staaten anzugreifen um Ihnen ihren Lebestil und Wirtschaftsdoktrin aufzuhalsen. Pfui.
Wenn der Sicherheitsrat eine solche Maßsnahme beschließt, dann ist sie qua definitionem Völkerrecht.
Aber neben der legalistischen Sichtweise geht es für mich vor allem um die moralische Angemessenheit.
Sicher, wenn die Opposition besiegt ist. Wenn man also Ruhe um jeden Preis will …
Oh, Godwins’s law hat wieder zugeschlagen.
Hört sich irgendwie nach Tea Party an, oder? Durch so etwas disqualifiziert man sich schon selbst und es lohnt sich eigentlich weiter nicht, drauf einzugehen. Aber zur Information eine ganz exklusive Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Despotie
Was soll denn das sein? Wenn Demokratie und Menschenrechte (die offenbar auch die Mehrheit der Bevölkerung will) durchgesetzt werden,, kann man das doch nur begrüßen.
Kommen wir zur Wirtschaftsdoktrin: “Der Westen” profitierte sowieso schon ungemein von Gadaffis Regime, vor allem von den Öllieferungen. Daran musste man aus dieser Sicht nichts ändern. Und dass man einen Krieg beginnt, um innerhalb Libyens den Neoliberalismus zu etablieren o.ä., wäre (selbst für die USA) dann doch etwas sehr unwahrscheinlich.