U2: Songs of Experience

U2 Songs of ExperienceIn den letzten Wochen erregten U2 vor allem dadurch Aufmerksamkeit, dass der Name des Sängers Bono in den Paradise Papers auftauchte. Solange die Sachverhalte dort aber nicht eindeutig geklärt sind, widmen wir uns lieber dem Eindeutigen, dem Musikalischen, genauer: dem neuen U2-Album Songs of Experience.

Dieses bietet soliden, eingängigen, melodischen, perfekt arrangierten Rock. Mancher mag die Originalität vermissen. Alledings: An den Stellen, an denen doch einmal ein wenig experimentiert wurde, funktionierte es meist nicht gut, wie beim Nutzen von Autotune beim Opener. Warum dann auch nicht beim Altbewährten bleiben?

Die Texte drehen sich oft um Liebe, viele sind als persönliche „Briefe” verfasst. Einige wirken aber etwas banal, in der Art von Mutmach-Sprüchen. Wird es mal politischer, geht es um Tend-Themen wie Flüchtlinge und Kritik an Trump. Kein mutiges Album. Aber es zeigt, warum U2 so groß wurden, wenn sie selbst mit einem durchschnittlichen Album eine solche Qualität liefern.

(Monatsmagazin printzip, Januar 2018)

CD | Island Records |  2017 | Pop-Rock | 13 Songs | 51 Minuten (Deluxe Edition: 17 Songs | 68 Minuten)

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Der Wein und der Wind

Vor zehn Jahren kehrte Jean (Pio Marmaï) seiner Heimat den Rücken und reiste um die Welt. Nun liegt sein Vater im Sterben und Jean kehrt zurück zu dem idyllischen Familienweingut im Burgund. Nach dem Tod des Vaters sehen sich er, seine Schwester Juliette (Ana Girardot) und sein jüngerer Bruder Jérémie (François Civil) vor die schwierige Entscheidung gestellt, ob sie den elterlichen Betrieb weiterführen sollen. Für Jean, der eine Familie in Australien hat, stellt sich Frage, was Heimat bedeutet und wo die seinige liegt. Jérémie hat Konflikte mit seinem autoritären Schwiegervater, ebenfalls Weingutsbesitzer, der Jérémie aber nicht viel zutraut und gleichzeitig ein Auge auf die großen Lagen des Weinguts geworfen hat. Juliette versteht Wein wie kaum jemand anderes, doch weiß sie nicht, ob sie sich für die Leitung eignet. Doch zunächst steht die Weinernte an. Bei dieser versuchen die drei, neue Wege zu gehen, außergewöhnlichere Weine entstehen zu lassen als ihr Vater, aber dennoch Traditionen zu bewahren.

Der Wein und der Wind unter der Regie von Cédric Klapisch handelt von Konflikten in der Familie, vom der Kindheit, familiärer Zusammengehörigkeit, aber auch vom Sich-Loslösen und von individueller Freiheit. Der Film schafft es, eine optimistische Stimmung zu verbreiten, ohne kitschig zu sein. Optisch liefert er wunderschöne Landschaftsaufnahmen. Und nicht zuletzt gibt er einen Einblick in die Entstehung von Wein mit allem, was dazu gehört.

Blu-ray | Drama | Frankreich | 2017 | Arthaus | 114 Minuten | FSK 6

(Monatsmagazin printzip, Januar 2018)

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Der Ostermann

Marc Uwe Kling Der Ostermann
Carlsen Verlag | Hamburg | 2017 | 48 Seiten | 12,99 Euro | ab 4 Jahren

Der Sohn des Weihnachtsmanns mag Ostern viel lieber als Weihnachten. Er mag den Frühling, kurze Hose, und Eier. Mit Winter, Schnee und Skifahren kann er nicht viel anfangen, er hat eine Orangen-Allergie und einfach kein Bartgesicht. Doch die Familientradition will, dass er einmal die Geschäfte seines Vaters weiterführt, erklärt ihm seine Mutter. Doch muss man blind etwas tun, nur weil es alle tun und weil es schon immer so war?
Der Ostermann, geschrieben von Marc-Uwe Kling, Autor der Känguruh-Trilogie und von QualityLand, und von Astrid Henn liebevoll illustriert, ist ein lustiges und einfallsreiches Bilderbuch für Kinder. Die Texte sind in Reimform geschrieben. Einige Gags auch für die Großen gedacht, wie die Zwerge, die Mindestlohn fordern, aber alles ist für Kinder verständlich, oder es kann ihnen erklärt werden.
Wer das Buch über marcuwekling.reimkultur-shop.de bestellt, unterstützt damit den Children’s Future Fund, der sich zum Ziel gesetzt hat, Projekte zu Gunsten von hilfsbedürftigen Kindern zu unterstützen, mit dem Fokus auf einer nachhaltigen Entwicklungshilfe.

erschienen im Monatsmagazin printzip, Ausgabe Dezember 2017

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Die Erfindung der Wahrheit

Elisabeth Sloane arbeitet als ebenso erfolgreiche wie skrupellose Lobbyistin in Washington. Die Waffenlobby sieht in ihr die Richtige, um ein geplantes strengeres Waffengesetz zu verhindern. Doch da überrascht Sloane alle: Sie wechselt die Seiten und beginnt mit ihrem Team für eine Agentur zu arbeiten, die die Befürworter des Gesetzes vertritt. Mit deutlich weniger Geld und Einflussmitteln ausgestattet, kann sie durch ihre Strategie, immer den Gegner zu überraschen und ihm einen Schritt voraus zu sein, immer mehr aufholen. Doch sie und ihr Team müssen sich immer öfter fragen: Welche Mittel legitimieren den guten Zweck?

Die Erfindung der Wahrheit ist ein Politthriller, der sicher nicht frei von Klischees ist. Die Korrumpiertheit der Washingtoner Politiker wird wohl etwas einseitig und übertrieben dargestellt. Schließlich stellt sich die Frage, ob eine Lobby-Agentur für das Gute, die ihre Fälle nach ethischen Kriterien auswählt, nicht doch etwas zu unglaubwürdig ist. Der Film funktioniert als ordentlicher Politthriller, doch er zeigt seine eigentliche Stärke als Charakterstudie einer (scheinbar) gewissenlosen und karrierebesessenen Frau, die ihr Gewissen entdeckt. Viel schauspielerisch zu tun für Hauptdarstellerin Jessica Chastain, die aber durchweg die hohen Anforderungen an die Rolle erfüllen kann und die weiteren Darsteller wie Mark Strong, Gugu Mbatha-Raw, Alison Pill, Michael Stuhlbarg und John Lithgow übertrumpft.

(Monatsmagazin printzip, Dezember 2017)

Blu-Ray | Politthriller | USA | 2017 | Universum Film | 132 Minuten | FSK 12

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Ich – Einfach unverbesserlich 3

Ich einfach unverbesslerich 3Erst verlieren “Grucy” – Gru und Lucy – ihren Job bei der Anti-Verbrecher-Liga. Dann erfährt Gru, dass er einen Zwillingsbruder hat, von dem er kurz nach der Geburt getrennt wurde: Dru. Dru ist zwar reich und hat im Gegensatz zu Gru Haare, ert wäre jedoch gerne ein Superschurke, wie es Gru und auch ihr Vater einst waren. Derweil hat Balthazar Bratt, ein ehemaliger Kinderstar, der seine TV-Rolle als Bösewicht irgendwann etwas zu ernst nahm, nicht nur einen riesigen rosafarbenen Diamanten gestohlen, sondern möchte auch Hollywood mit einer riesigen Kaugummiblase ins Weltall schicken. Um ihn aufzuhalten, arbeiten Gru und Dru zusammen – doch heißt das auch, Balthazar den Diamanten seinerseits zu stehlen. Währenddessen haben sich die Minions, enttäuscht von Grus Abkehr von der Schurkerei, von dannen gemacht und richten natürlich wieder allerhand Quatsch an, und die Mädchen begeben sich auf die Suche nach einem Einhorn. (more…)

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Marc-Uwe Kling: Quality Land

Mit QualityLand liefert Marc-Uwe Kling eine nicht allzu unrealistische Zukunftsperspektive: In einer hochtechnisierten Gesellschaft gibt es ein umfassenden Netz aus Überwachung des Konsumverhaltens und personalisierter Werbung. Algorithmen bestimmen fast alles, von Aufstiegschancen bis zur Partnerwahl. Menschen werden entsprechend ihrer “Nützlichkeit” in Level eingeteilt, die zahlreiche Privilegien ermöglichen. “Nutzlose” müssen etwa Drohnenlieferungen für Nachbarn annehmen, aber erhalten auch eine schlechtere Behandlung im Krankenhaus. Digitale Helfer sind den Menschen buchstäblich nahe über implantierte Ohrwürmer oder Netzhautbildschirme. Maschinen haben einen Großteil der Arbeit übernommen, Drohnen liefern Bestellungen, selbstfahrende Autos fahren durch die Straßen. Selbst einfachste Geräte wie Mülleimer sind mit künstlichen Intelligenzen ausgestattet und können sprechen. Jedoch ist das Wirtschaftssystem ein kapitalistisches, und daher werden der technische Fortschritt, Digitalisierung und Automatisierung kaum zum Wohle der Allgemeinheit benutzt, sondern dienen vor allem großen Konzernen. Die arbeitslos gewordenen Menschen werden durch personalisierte Nachrichten zum Hass auf Ausländer oder Maschinen angestachelt. (more…)

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Der junge Karl Marx

Der junge Karl MarxDer junge Karl Marx zeigt die Zeit von Marx ab 1844 in Paris und Brüssel und endet mit der Entstehung des Manifests der Kommunistischen Partei 1847.

“Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern.” Dieser Satz aus den Thesen über Feuerbach ist exemplarisch für den Film. Denn, was in der Betrachtung der Marxschen Ideengeschichte oft übersehen wurde, Marx war auch ein politischer Aktivist. August Diehl porträtiert ihn als streitbaren Menschen, der Konflikte sucht, der aber auch im intellektuellen Streit mit anderen Geistesgrößen seiner Zeit, wie Proudhon (Olivier Gourmet), intellektuell wächst und sie bald in der Schärfe und Kohärenz der Analyse übertrifft. (more…)

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In Extremo: 40 wahre Lieder

2 CDs (40 Songs)

Die Mittelalter-Rock-Band In Extremo liefert mit 40 wahre Lieder eine Zusammenstellung der Höhepunkte aus über 20 Jahren Bandgeschichte. Dabei wird es nie langweilig. Manchmal stehen die mittelalterlichen Instrumente wie Marktsackpfeife, Harfe, Cister oder Schalmei im Vordergrund. Manchmal geht die Musik in Richtung Metal oder Deutschrock. Mal singt der Sänger „Das Letzte Einhorn” mit seiner markanten Stimme neue Texte auf deutsch, dann werden mittelalterliche Gedichte, Balladen oder die Merseburger Zaubersprüche vertont mit Texten auf Latein, Althochdeutsch oder -norwegisch. Einzig durch die Aufteilung der beiden CDs nach den ersten und den letzten 10 Jahren sind die Höhepunkte eindeutig auf der ersten CD zu finden. Wer noch keine CD von In Extremo hat, sollte mit diesen einsteigen.

Limited Fanbox
mit 2 CDs (40 Songs)
+ 3 DVDs oder 2 BluRays (59 Songs plus Doku)

Die limitierte Fanbox-Edition enthält neben den CDs zwei Blu-Rays (bzw. drei DVDs) mit den beiden Konzerten des „Wahre Jahre-Jubiläums“ auf der beeindruckenden, von den Kameras toll eingefangenen Kulisse der Loreley-Bühne 2015, dazu die bisher unveröffentlichte Akustikshow einen Tag vorher. Die Band bezeichnet diese als ihre bisher aufwändigsten und spektakulärsten Liveshows. Außerdem gibt es noch die WDR-Rockpalast-Doku “Verehrt und angespien – IN EXTREMO – Die Doku“.
Einen Becher Wein oder ein Horn Met einschenken und genießen.

Vertigo / Universal Music | 2017 | Mittelalter-Rock  | FSK 0

(Monatsmagazin printzip,  Oktober 2017)

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Guardians

Schon einmal den Begriff “Mockbuster” gehört? Es handelt sich um billig (meist direkt für DVD) produzierte Filme, deren Namen und Aufmachung einem aktuellen Blockbuster ähneln. Schaut man nicht genau hin, hat man auf einmal “Transmorphers” in der Einkaufstasche oder einen Sherlock Holmes mit Dinosauriern. Manche Filme wie “Titanic 2” schaffen es ins Fernsehen – allerdings in die Reihe “Die schlechtesten Filme aller Zeiten” von Tele 5.

Der russische Film Guardians lehnt sich ganz offen an Avengers- und X-Men-Filme an. Ein böser mutierter Wissenschaftler will – was schon – die Welt beherrschen. Vier gute Mutanten ohne Eigenschaften und Motivationen sowie Agenten aus einem geheimen Programm sollen ihn stoppen. Sind die Actionssequenzen und die Effekte (vor allem Explosionen) noch einigermaßen passabel, so wirken die CGI-Animationen meist wie aus einem mindestens 15 Jahre alten Computerspiel. Der Plot ist ohne jegliche Spannung und Logik, die Dialoge aus plumpen Phrasen zusammengeklaut. Trotz gerade einmal 89 Minuten wirkt der Film an vielen Stellen bemüht in die Länge gezogen. Am schlimmsten aber sind die immer wieder völlig deplatziert eingestreuten “lustigen” Sprüche und flachen Pennäler- bis Altherren-Witze. Die deutsche Synchronisation war in der Tat insgesamt so schlecht, dass der Filmverleih Capelight Pictures inzwischen eine “Heroes Edition” herausgegeben hat mit einer neuen, weniger zotigen Synchronfassung.

Hat so ein Film irgendwo Erfolg? Nein. Die Produktionsfima ging im Juli bankrott, die Filmförderungsstiftung der russischen Regierung, die einen Teil des Budgets bereitgestellt hatte, verklagte die Firma und forderte ihre Investitionen zurück.

Wer sollte den Film schauen? Wer auf Trash oder Kuriositäten der Filmgeschicht steht.

Blu-Ray | Science Fiction / Action| Russland | 2017 | 89 Minuten | FSK 12

(Monatsmagazin printzip, Oktober 2017)

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Sherlock Holmes – Das Musical

Sherlock Holmes MusicalRudi Reschke spielt bei den Bad Hersfelder Festspielen im Musical “Titanic”. Doch nicht nur das: Er hat auch selber ein Musical über Sherlock Holmes entwickelt und mit weiteren Mitgliedern des Titanic-Ensembles eingeübt. Erstmals öffentlich aufgeführt wurde es am 17. August in einer konzertanten Lesung, am Klavier begleitet durch den Komponisten und Liedtexter Christian Heckelsmüller.

Etwa 100 Zuschauer*innen waren in die Festspiel-Factory gekommen. Bei ihnen kam das Stück gut an, vor allem die Gesangsnummern wurden mit Applaus bedacht. Die Handlung ist an klassische Holmes-Fälle und reale Ereignisse angelehnt, hat jedoch einige neue Ideen. Holmes und Watson haben hier Söhne, die sich einen Wettstreit mit ihren Vätern bei der Aufdeckung eines Mordes im London Anfang des 20. Jahrhunderts liefern.

Das Flair ist überwiegend nostalgisch, es gibt aber auch ein paar aktuelle Anknüpfungspunkte. Neben Gesang und Tanz könne ein Musical auch politische Anleihen aus der Gegenwart nehmen, erläutert Reschke gegenüber dem printzip. Für das Musical würde nun ein Produzent gesucht. “Wenn es Ihnen gefallen hat, schreiben Sie doch mal Herrn Wedel”, sagte er am Ende des Stücks dem Publikum.

Monatsmagazin printzip, September 2017

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