Die größten Gefahren für Deutschland: Islamismus, Linksextremismus und Google

Wenn die Bundesregierung die Programme gegen Rechtsextremismus auf Linksextremismus und Islamismus ausweitet, geht sie dabei Hand in Hand mit den Vereinfachungen der Vertreter der kruden “Extremismustheorie”, und sie verharmlost nach Meinung der Opposition damit den Rechtsextremismus mit seiner Rekordzahl an Gewalttaten.

Manche Medien sind da aber schon deutlich weiter, etwa der Deutschlandfunk in einem Interview mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (ja, so wird er natürlich geschrieben, aber ich hab unten die falsche Schreibweise von der Homepage des DLF belassen, weil ich von dort zitiere). Nicht nur eine Gleichsetzung – der Linksextremismus und der Islamismus sind dort eine so große Gefahr, dass der Rechtsextremismus nicht mal einer Erwähnung bedarf:

Spengler: Jetzt sind wir schon bei der Bedrohungslage in der Bundesrepublik. Geht eigentlich noch die größte Gefahr von islamistischen Zirkeln aus, oder richten Sie Ihr Augenmerk nach vielen Anschlägen insbesondere in Berlin und Hamburg wieder verstärkt auf die linksextremistische Szene?

Ja, genau, das fragen wir uns doch alle täglich, ist denn nun die ganz konkrete, unmittelbare und allseitige Bedrohung durch den  Islamismus immer noch die größte Gefahr für unser aller Leib und Leben, oder brauchen wir etwas Neues, vor dem wir uns fürchten müssen, etwa den linken Linksextremismus von links? Man kann nirgends mehr um eine Straßenecke gehen, ohne dass einen ein Muslim oder ein Linksautonomer – ja was denn eigentlich? Der Rechtsextremismus mit mit seinen rassistischen, anti-semitischen, menschenverachtenden Ansichten, mit seinen Gewalttaten, mit seinen Morden? Ach was! Die Autos! Kann denn nicht einer mal an die Autos denken?! Auch wenn dabei nach Polizei-Angaben zu 50% gar kein politisches Motiv zu erkennen ist – egal! Die tatsächliche Bedrohung spielt keine Rolle. Wichtig ist die, die eingeredet und vielleicht irgendwann, wenn man Erfolg hat, dann auch empfunden wird.

Allem Anschein nach wurde dann aber die Richtung, in die dieser Qualitätsjournalist offensichtlich gehen wollte, selbst für unseren Innenminister etwas zu dubios, und er bringt wenigstens ein bisschen mehr Nüchternheit hinein:

Spengler: Der Verfassungsschutz sollte bis Mitte des Monats eine Bewertung des Linksextremismus vorlegen. Ist das geschehen und zu welchem Ergebnis ist er gekommen?

de Maiziére: Bis Februar, Herr Spengler, habe ich eine solche Analyse erbeten. Wir haben noch nicht Februar und dann werden wir die Konsequenzen ziehen. Wir haben es hier auch damit zu tun, dass wir es regional sehr unterschiedlich haben. Wir haben diese Phänomene insbesondere in Berlin und Hamburg. Deswegen wird mit den beiden Ländern natürlich dort in besonderer Weise zu untersuchen sein, was zu tun ist. Das ist ein langer Weg. Wir haben es auch gesehen bei der politischen Gewalt, die von Rechtsextremen ausgeht. Insgesamt ist die Anwendung von Gewalt nicht gestiegen, aber bei denen, die Gewalt anwenden, ist die Hemmschwelle, intensiv Gewalt auszuüben, gesunken und das macht mir Sorgen.

Und schließlich kommt noch eine dem kritischen Journalismus würdige Frage zur Netzpolitik:

Spengler: Herr de Maiziére, letztes Stichwort: das Internet, von dessen Sicherheit wir ja alle zunehmend abhängen. Die Regierung will eine eigene Kommission zur künftigen Netzpolitik berufen. Für wie groß halten Sie die Bedrohung durch die beherrschende Stellung von privaten Unternehmen, etwa von Google, die mehr über den Bürger wissen zu scheinen als die über sich selbst?

de Maiziére: (…)  Aber immer ist mit Freiheit auch Gefährdung verbunden und Verantwortung, und deswegen ist es wichtig und richtig, dass wir diejenigen, die große Datenbanken ansammeln – und das sind mehr die Privaten als der Staat -, auch in die Verantwortung nehmen, mit diesen Daten sorgsam umzugehen, und wir müssen erwarten, dass auch die Bürger mit ihren eigenen Daten vorsichtiger umgehen als in der Vergangenheit. (…)

Nun, das ist die bekannte Masche der Politik seit einiger Zeit: Google ist böse. Und die staatliche Vorratsdatenspeicherung, die Online-Durchsuchungen, die Internetzensur (die im Moment nur ausgesetzt ist), das alles wird verschwiegen. Aber dass nicht einmal dieser “Journalist” sie erwähnt und stattdessen so eine Frage stellt, zeugt einmal natürlich von kompletter Ahnungslosigkeit auf diesem Gebiet, aber auch wiedermal vom Niedergang der ehemaligen “vierten Gewalt”.

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Twitter – mehr als nur ein Kaffeekränzchen

Nun sind also auch die Blogger-Kollegen Jens Berger und Frank Benedikt bei Twitter gelandet. Ich bin dort unter dem Account @H0MERSIMPS0N auch seit Mai letzten Jahres vertreten – etwas länger, als es dieses Blog gibt. Doch wozu das Ganze?

Twitter, oder andere Mikroblogging-Dienste wie Identi.ca, bieten – im Gegensatz zu dem Eindruck, der durch die meisten Erwähnungen in der Mainstream-Presse erweckt wird – in der Tat mehr Möglichkeiten, als solche weltbewegenden Meldungen wie “Ich trinke Kaffee.” oder “Ich trinke Tee.” an die Öffentlichkeit zu bringen. Und auch politische Tweets (so nennt man die Statusmeldungen bei Twitter) müssen nicht so aussehen wie “Auf dem Weg zur FDP-Ortvereinsvorstandssitzung Wanne-Eickel” und “Zurück von der FDP-Ortvereinsvorstandssitzung Wanne-Eickel”. Man kann Mikroblogging so nutzen (da ist ja auch nichts gegen einzuwenden) – muss man aber nicht.

Denn: das, was man bei Twitter liest, ist von den Nutzern abhängig, denen man folgt, die Gestaltung der Inhalte, für die diese neuen Technik das Medium bietet, kommt von den Usern selbst. Und so kann man Twitter durchaus sehr gewinnbringend nutzen.

Ich verwende Twitter v.a. zum Austausch von Links und Hinweisen auf z.B. interessante Zeitungsartikel oder Blogbeiträge. Die Hinweise sind bei Twitter gebündelter, aktueller und leichter weiterzuverbreiten, als wenn man sie z.B. über Verlinkungen in verschiedenen Blogs bezieht – und, nutzt man Mikroblogging zusätzlich zum eigenen Blog, kann man dieses besser für eigenene inhatliche Beiträge nutzen. Das Mikroblogging bietet die technische Ausstattung für extrem schnelle und zeitnahe Meldungen über Ereignisse, meist schneller als Webseiten, Blogs oder Feeds. Außerdem nutzen ich Twitter auch, um kurze Kommentare, zu diesen Artikeln, zu politischen Vorgängen usw., zu lesen und natürlich auch selbst zu geben. Möglich ist zudem die direkte Kommunikation der Twitterer untereinander. All dies sind für mich Faktoren, die Mikroblogging zu mehr als eine bloßen Spielerei mit banalen Inhalten zum Zeitvertreib machen können.

Die gerne als “Web 2.0” bezeichneten Möglichkeiten der neuen Technologien wie Blogs und wie Twitter bieten die Möglichkeit, politische, wirtschaftliche und wissenschaftliche Autoritäten und Hierarchien immer besser zu hinterfragen und zum Einsturz zu bringen und zu einer Demokatisierung der gesellschaftlichen Kommikation beizutragen – und das sollte doch jede Skepsis gegenüber “neumodischer Technik” übertrumpfen. 😉

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Auf dem rechten Auge blind

Die BILD behauptet, dass die Zahl der Gewalttaten mit rechtsextremem Hintergrund im Jahr 2009 deutlich zurückgegangen sei. Und diese Meldung wurde natürlich mal wieder von mehreren Nachrichtenagenturen übernommen, ohne sie zu überprüfen. Sie beruft sich dabei auf das BKA – in Wirklichkeit stammen die angeblichen Zahlen gar nicht von diesem. Die endgültigen Zahlen über rechtsextreme Gewalttaten liegen tatsächlich noch gar nicht vor, sind aber nach vorläufigen BKA-Schätzungen nahezu ebenso hoch wie 2008 – die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten insgesamt lag nach diesen Schätzungen mit 20.000 im Jahr 2009 auf Rekordniveau (Quelle). Doch das stört BILD-Chefkorrespondent Einar Koch nicht besonders, der die Zahlen wieder einmal – nach 2006, wo sie im Gegensatz zur BILD-Berichterstattung (deutlicher Rückgang) drastisch gewachsen waren – systematisch kleinrechnet: Einar hat aufm rechten Auge ein Milchmädchen (BILDBlog). Vergleicht man dies einmal mit der “Berichterstattung” der BILD über “Linksextremisten” (siehe z.B. hier oder hier), kann einem wirklich schlecht werden.

Wer versucht, rechte Gewalt – also regelmäßig beschädigte Menschen – durch den Verweis auf linke Gewalt – also regelmäßig beschädigte Sachen – zu relativieren, muss sich der Prämisse bedienen, dass der Wert beispielsweise eines totgeschlagenen Menschen dem Wert beispielsweise eines abgebrannten PKW entspricht, dass Opfer rechter Gewalt also eher Sachen sind und nicht Menschen. Wie kann man sich denn bitteschön ernsthaft eine solche Denkweise zueigen machen? (Holgi)

NACHTRAG: Lesenswert dazu ist auch der Kommentar von Stefan Niggemeier: Malen nach Zahlen.

Man kann natürlich fragen, welches Interesse die „Bild”-Zeitung und ihr Chefkorrespondent Einar Koch daran haben, das Ausmaß rechtsextremistischer Gewalt in diesem Land kleinzureden. Ich vermute, es ist ein alter, aus ideologischeren Zeiten übrig gebliebener, rechter Reflex, der in doppelter Hinsicht gegen die Linke zielt: Man versucht ihren Generalverdacht, dass Deutschland immer noch und wieder voller Nazis sei, zu widerlegen. Und man behauptet, dass die Gewalt von links ohnehin das viel drängendere Problem ist. (Die mutmaßlich linken Brandstifter, die in Hamburg und Berlin seit Monaten Autos anzünden, nennt „Bild” nicht zufällig „Terroristen”.)

Aber der Grund, warum ich mich über die Falschmeldung über den Rückgang rechter Gewalt besonders geärgert habe, hat weniger mit „Bild” zu tun. Sondern mit allen anderen. In dieser Geschichte steckt fast das ganze Elend des Journalismus von heute.  (…)

Währenddessen behält sich die Springer AG das Recht vor, im Wahlkampf einseitig und irreführend über die Parteien und ihre Programme zu berichten, wie es BILDBlog ausdrückt: Linke Wahlkampf-Berichterstattung. Die BILD am Sonntag hatte im Vorfeld der Bundestagswahl 2009 bei einer Übersicht über die Steuerpläne der Parteien bei der Partei Die Linke ausschließlich Vorhaben für Steuererhöhungen aufgeführt, versehen mit dem Kommentar “Die Linkspartei denkt nur ans Erhöhen”. In Wirklichkeit fanden sich in den Forderungen der Linken Steuersenkungen für viele gesellschaftliche Gruppen – doch diese waren v. a. Menschen mit kleineren und mittleren Einkommen. Auch der Presserat erkannte dies und erteilte der BILD einen “Hinweis”. Na dann.

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Zwei Buchtipps (nicht nur) zu Weihnachten

Suchtihr noch ein Geschenk für Weihnachten und wollt nicht schon wieder Pralinen, Schnaps oder Krawatten verschenken? Vielleicht ein Buch? Dann aber nicht den neuesten “Ratgeber” oder die Auslegeware aus der Bücherkommerzkette?

Na, da ist doch z.B. das erste Buch des geschätzten Blogger-Kollegen Roberto de Lapuente (ad sinistram) “Unzugehörig – Skizzen, Polemiken & Grotesken” wird Anfang der Woche beim Renneritz-Verlag erscheinen und eine überarbeitete Auswahl seiner besten Texte enthalten. (via binsenbrenner.de) Wir dürfen also ein Buch mit äußerst intelligent geschriebenen gesellschaftskritische Texten erwarten. Sobald mehr Informationen dazu da sind, gibt’s die natürlich auch hier.

UPDATE: Das Buch ist erschienen und hier zu beziehen, und dort gibt es auch eine Leseprobe.

Oder wie wäre es mit “Meinungsmache: Wie Wirtschaft, Politik und Medien uns das Denken abgewöhnen wollen” von Albrecht Müller von den NachDenkSeiten ?

“An vielen praktischen Beispielen wird gezeigt, dass wichtige politische Entscheidungen in strategisch geplanten Kampagnen der Meinungsbeeinflussung vorbereitet werden. Meinung macht Politik. Meinungsmache bestimmt auch wirtschaftliche Entscheidungen von Unternehmen. Meinungsmache bereitet Kriege vor und prägt oft die Geschichtsschreibung. Die Theorie der demokratischen Willensbildung ist weit von dieser Realität entfernt. Wer über publizistische Macht und unbegrenzte finanzielle Mittel verfügt, bestimmt weitgehend die relevanten Entscheidungen und kann so seine Interessen durchsetzen. Wichtige Voraussetzungen für das Gedeihen demokratischer Willensbildungs-prozesse sind nicht mehr gegeben.”

Über das Buch

Inhaltsverzeichnis

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Happy Birthday, Simpsons!

Happy Birthday! Vor 20 Jahren lief die Serie “Die Simpsons” zum ersten mal im amerikanischen Fernsehen. Dazu die Tagesschau: 20 Jahre “Die Simpsons”: Gelb, chaotisch und erfolgreich

Sehr schön daraus:

Henry Keazor: “Die Simpsons sind Weltliteratur.”
George Bush: “”Wir brauchen mehr Familien wie die Waltons und weniger wie die Simpsons”

Stimmt, da war ja was …

http://www.youtube.com/watch?v=l3nQ6DbGWvw

Dann doch lieber:

http://www.youtube.com/watch?v=1aBaX9GPSaQ

Ach, und noch einer:  heute vor genau 100 Jahren, am 19. Dezember 1909, wurde der Ballspielverein Borussia 09 e. V. Dortmund gegründet. Herzlichen Glückwunsch!

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Bye Bye ZDF!

Das ZDF hat durch die Entscheidung gegen eine Vertragsverlängerung von Nikolaus Brender nun endgültig jeden Anschein von journalistischer Unabhängigkeit verloren. Roland Koch hat es geschafft, dass sieben der vierzehn Mitglieder des Verwaltungsrates des ZDF (von denen neun Mitglied in der Union sind oder ihr nahe stehen) gegen den parteipolitisch neutralen Brender, der den Parteipolitikern noch um so negativer durch seinen kritischen Journalismus und eine nicht gerne gesehene fehlende Korrumpierbarkeit auffiel, gestimmt haben. Ein schwarzer Tag für die Presse- und Rundfunkfreiheit, ein schwarzer Tag für die Meinungsfreiheit.

Auch die Proteste von vielen (dabei durchaus auch CDU-nahen) ZDF-Journalisten und die Warnungen von 35 führenden Staatsrechtlern, die von einem “Prüfstein für die Rundfunkfreiheit” sprachen, nützten nichts. Einzig eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die parteipolitische Einflussnahme könnte helfen – doch dazu muss sich erst mal ein Kläger finden. Das Zweite Deutsche Fernsehen wird seine Regierungshofberichterstattung nun also für alle ganz offensichtlich betreiben. Die parteipolitische Einflussnahme erfolgt nicht mehr nur “in den Köpfen” oder hinter verschlossenen Türen – sie erfolgt ganz direkt, für alle sichtbar. Man muss es der CDU lassen – sie verfügt damit über einen derart umfangreichen Propaganda-Apparat, wie ihn in Europa wohl nur noch ein Berlusconi hat.

Ich würde auch gerne glauben, dass wenigstens Roland Koch tatsächlich angeschlagen als Verlierer aus diesen Machenschaften hervorgehen wird. Aber schon die CDU-Spendenaffäre, ausländerfeindliche Ressentiments führende Wahlkämpfe, die Steuerfahnder-Affäre und mehr hat er überstanden und wurde doch wiedergewählt. Und wer sagt, dass nicht bald wieder eine andere Sau durchs Mediendorf getrieben wird und bei der nächsten Wahl der Wähler alles vergessen hat? Noch dazu, wenn tatsächlich Peter Frey neuer Chefredakteur des ZDF werden sollte und wir dort eine Regierungspropaganda sondergleichen zu erwarten hätten. Wieviele Zuschauer würden dessen Berichte kritisch hinterfragen? Die sicheren Verlierer sind nur der unabhängige Journalismus und die Meinungsfreiheit.

Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Roland_Koch_08.jpg. Bildautor: Armin Kübelbeck. Lizenz: http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/ (In short: you are free to share and make derivative works of the file under the conditions that you appropriately attribute it, and that you distribute it only under a license identical to this one.)

Demnächst wird man beim ZDF dann wohl eher vom “Zensierten Deutschen Fernsehen” sprechen können. Oder einfach direkt von CDU.TV. Meine Tipps für die Zukunft des ZDF: “heute” wird ersetzt durch “BILD-TV-News”, “Neues aus der Anstalt” durch den “Der Pofalla der Woche”.

Wie erwartet gibt es viele Kommentare zu dem Thema. Ein paar lesenswerte sind:

Spiegel online: Absetzung von ZDF-Chefredakteur Brender: Deutschland ist jetzt Berlusconi-Land

Der Spiegelfechter: Mit dem Zweiten sieht man schwärzer – Nikolaus Brender darf nicht mehr ZDF-Chefredakteur sein

Der Spiegelfechter: Politik vs. Pressefreiheit – Klarmachen zum Showdown

(UPDATE:) F!XMBR: Nikolaus Brender – die Geister, die sie riefen

Hintergrund: Der Fall Nikolaus Brender (NDR)

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