Eine kleine Sammlung aktueller Beiträge und Artikel zu folgenden Themen:
Tag: Kabarett
Aufgelesen
Eine kleine Sammlung aktueller Beiträge und Artikel zu folgenden Themen:
Vermischtes: BILD, Sarrazin, deutsche Geschichte, Whistleblower, Anstalt
Ein paar aktuelle Lesetipps und Hinweise:
- Eine großartige Antwort der Band “Wir sind Helden” auf eine Anfrage, bei einer Werbekampagne der BILD mitzumachen.
- Thilo Sarrazins Sohn bezieht Hartz IV: Das schwarze Schaf (taz.de) Normalerweise sollte man es vermeiden, bei Politikern Privates/ Persönliches mit Politischem zu vermischen. Meist hat dies nicht viel miteinander zu tun. Aber in diesem Fall ist es doch sehr aufschlussreich: Der Sohn von Thilo Sarrazin – der immer wieder mit Hetze gegen Hartz-IV-Bezieher, Arme, Schwache aufgefallen ist und mit seinem sozialdarwinistischen Machwerk “Deutschland schafft sich ab” Millionen verdient hat – lebt von Hartz IV und leidet bis heute am Erziehungsstil seiner Eltern.
- Erinnerung und Geschichtsbewusstsein der Deutschen (Geschichtsblog): Ein Artikel über den Umgang Deutschlands mit seiner Geschichte von 1871 bis heute. Es geht es dabei auch um immer wieder, und auch heute, aufkeimende verschiedene geschichtsverfälschende und -revisionistische Tendenzen.
- Mit der Bitte um Mitzeichnung: Eine Petition beim Deutschen Bundestag für gesetzliche Regelungen zum besseren Schutz von Whistleblowern (via Whistleblower-Netwerk)
- Und zum Schluss noch der Hinweis auf die sehr sehenswerte Ausgabe von Neues aus der Anstalt vom 22.2.2012 (ZDF Mediathek)
Nuhr noch zum Abschalten
Die Sozialausgaben in Deutschland sind zu hoch, die Bankenrettung war alternativlos, die Deutschen sollten nicht so viel meckern, schließlich geht es ihnen doch besser als je zuvor – nein, wir sind hier nicht beim letzten CDU-Parteitag, sondern bei der gestrigen Ausgabe des “Satiregipfels” (Video), erstmals moderiert von Dieter Nuhr.
Als Comedian hat Dieter Nuhr sicher einige gute Nummern und Sendungen. Als “Kabarettist” kann man ihn aber kaum ernstnehmen, vor allem seit dieser Sendung nicht. Nuhr stand ja noch nie im Verdacht, politisch irgendwo links zu stehen. Gestern jedoch machte er aus einer ehemals kritischen Kabarett-Sendung ein weiteres Propagandainstrument für konservativ-liberale Anschauungen. Neben ein paar oberflächlichen Witzen zu aktuellen politischen Ereignissen, die aber nie ein Thema weiter ausführten, gab es auch ganz klare politische Aussagen: Etwa, dass diie Sozialausgaben in Deutschland viel zu hoch seien – dadurch sei, so Nuhrs These, schon die DDR pleite gegangen. Natürlich gab es auch etwas zur “Kommunismus-Debatte”: Die Linken, so sollte suggeriert werden, wollten alle den Stalinismus inklusiver Millionen Toter wieder. Über Stammtischparolen gingen diese Nummern meist nicht hinaus.
Erste ehrliche Zustimmung vom Publium erntete Nuhr erst, als er es eigentlich gar nicht wollte: Statt die Banken zu retten, meinte er, hätte man besser mehr Kindergärten bauen sollen – worauf das Publikum applaudierte. Dabei wollte Nuhr in Wirklichkeit darauf hinaus, dass, wenn man die Banken nicht gerettet hätte, man ja auch gar keine Kindergärten hätte bauen können (Anmerkung: es ist wohl nicht der Mühe wert, auf so etwas auch noch inhaltlich einzugehen). Daher sei, so schließlich sein dann – wirklich ernsthaft gemeintes, nicht etwa sarkastisches Statement, die Bankenrettung, Zitat, “natürlich alternativlos” gewesen. Das war Nuhrs Beitrag zum Unwort des Jahres “alternativlos”. So ziemlich das Gegenteil dessen, wofür das politische Kabarett einmal angetreten ist. Angela Merkel hätte es nicht besser sagen können. (more…)
Tschüss, 2010!
2010!
Du hast uns ewig nörgelnden Schreiberlingen ebenso wie diesen nestbeschmutzenden politischen Kabarettisten zwar immer viel Stoff geboten. Dennoch müssen wir ehrlich sein, wir werden dich nicht unbedingt vermissen. Auch wenn man im Nachhinein über vieles lachen kann, erfreulich war es eigentlich nicht. Doch vielleicht sind Zynismus und Spott auch das Einizige, was dieser Gesellschaft noch adäquat ist.
Nachher also feiern wir, dass du endlich zuende bist, 2010, alter Pappkamerad. Und im nächsten Jahr, 2011, wird garantiert alles besser! Ach was, nur ein Scherz.
Na dann, auf ein neues Jahr!
Guardian of the Blind
Endlich wieder Neues aus der Anstalt!
Endlich gibt es wieder etwas Neues aus der Anstalt! Leider ja nun ohne Georg Schramm. Dafür ist jetzt – aufgemerkt! – Erwin Pelzig mit dabei. Der konnte in der Sendung meiner Meinung nach Schramm leider nicht ersetzen, war aber auch nicht gerade schlecht. Und richtig in Form kam er zum Ende der Sendung, als es um die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von (vermeintlichen) Rechtsstaaten und Diktaturen, inklusive der Themen Bundesregierung, Stuttgart 21, Finanzmarktkapitalisten (aka “Finanzgesindel”), Terrorismus und Sarrazin, ging:
Schramm for President!
http://www.youtube.com/watch?v=chBjNF9aBN8
http://www.youtube.com/watch?v=SlY6Gg5Riek
(Aus der aktuellen Folge von Neues aus der Anstalt)
Wen könnte man sich als besseren Bundespräsidenten vorstellen?
Wird sich denn nicht ein einziges Mitglied der Bundesversammlung finden, dass Georg Schramm als Bundespräsidenten nominiert?
MySchramm!
Bild:
Klassenjustiz
Die Innenminister der Länder wollen das Strafmaß für Angriffe auf Polizisten von zwei auf drei Jahre erhöhen. Einige Unions-Innenminister wollen diese Regelung zudem für andere staatliche Berufe wie Feuerwehrleute, Rettungskräfte oder Gerichtsvollzieher eingeführt sehen. Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger dagegen warnt, es dürfe “kein Zweiklassenstrafrecht geben, das die Unversehrtheit von Polizisten höher bewertet als die von Bauarbeitern oder Bankangestellten”.
Natürlich hat sie damit Recht. Gleiche Strafe für gleiche Rechtsverletzung ist einer der Grundpfeiler eines Rechtsstaates. Es darf nicht davon abhängen, an wem man eine Tat begeht, wie diese bestraft wird. Anderes würde einen Rückschritt von Jahrhunderten bedeuten. Sicher sind Polizisten größeren Gefahren ausgesetzt, aber ist das der Maßstab? Würde das nicht im Umkehrschluss bedeuten, dass man nicht so hart bestraft wird, wenn man jemanden angreift, der in seinem Beruf nicht so oft mit Gewalt konfrontiert ist? Nein, das kann wohl kaum gewollt sein. Und wie würden dann Feuerwehrleute oder Sanitäter da rein passen? Und die Ausweitung auf “staaliche Berufe”? Sind denn alle Rettungskräfte staatlich? Was ist mit anderen staatlichen Berufen als den genannten? Und wo liegt die Begündung für solch eine Richtschnur? Oder soll es danach gehen, wie der gesellschaftliche Nutzen der Tätigkeit einzuordnen ist? Dann würden also Angriffe auf Putzfrauen oder Müllmänner sehr viel drastischer bestraft werden müssen als solche auf Steuerberater oder Banker. Aber es wäre ganz sicher, dass das mit unserer gesetzgebenden Kaste nicht zu machen wäre, und es würde dem von Politik, Wirtschaft und Medien verbreiteten Märchen “Wer viel verdient, ist Leistungsträger” (und meist impliziert: besser) zuwiderlaufen. Nein, all dies taugt als objektiver und rationaler Rechtsmaßstab übehaupt nichts. Wenn nicht gleiches Recht für alle gilt, ist der Willkür Tür und Tor geöffnet.
Und Leutheusser-Schnarrenberger übersieht außerdem, wo die wahre Spaltung unseres Justizsystems liegt. Wie kommt es, dass man für Körperverletzung an Polizisten zwei Jahre ins Gefängnis kommen kann, für das Demolieren eines Polizeiautos aber für fünf? Warum werden bei uns Eigentumsdelikte schwerer bestraft als solche an Personen? Wie kommt es, dass man bei mehrfachem Einbruch oder schwerem Diebstahl oft härter bestraft wird als bei schwerer Körperverletzung? Liegt das etwa daran, dass unser Recht darauf ausgelegt ist, vor allem Eigentum zu schützen, und nicht Menschen? Und warum können sich immer wieder Manager, die Betrug, Veruntreuung oder ähnliches in Millionenhöhe begangen haben, mit einer für ihre Verhältnisse kleinen Geldsumme und einer Bewährungsstrafe herauskaufen? Warum sind solche “deals” möglich? Haben wir etwa bereits jetzt eine Klassenjustiz?
http://www.youtube.com/watch?v=xEqpzJZoQQg
Urban Priol über Merkels “alternativlose Politik” und Silvanas Rechenkünste
Aus der neuesten Folge von Neues aus der Anstalt: Urban Priol über die TINA-Politik von Angela Merkel, hinter der sich eigentlich eine völlige Konzeptionslosigkeit verbirgt, und über die Rechenkünste von Silvana Koch-Mehrin (FDP, INSM, “Praline”-Kolumnistin. Achso, und promoviert in Wirtschaftsgeschichte)
http://www.youtube.com/watch?v=8FuojlXaWoQ
Von der letzten Folge hatte das ZDF einen Clip auf Youtube gestellt (Kathedralen der spätkapitalistischen Dekandenz). Inwzischen hat es das Video aber entfernt. Hat das was mit diesem furchtbaren Rundfunkstaatsvertrag zu tun? Oder hat das die CDU verboten? Naja, egal, dann so:
Vom Töten und vom Sterben
In Afghanistan haben tapfere US-amerikanische Soldaten acht Kinder und Jugendliche im Schlaf erschossen. Verneigen wir uns vor dem Mut und der Tapferkeit! Und da man in Deutschland ja heutzutage offenbar nicht für das Töten von Zivilisten belangt wird (zumindest, wenn es Afghanen sind), dürfen wir vielleicht auch bald auf ähnliche Heldentaten unserer Jungs hoffen! Für die Brunnen und die Schulen! Und die Frauenrechte!!
Warum wird man in Deutschland eigentlich freigesprochen, wenn man in Afghanistan “142 Menschen, darunter auch viele Zivilisten” tötet? Warum gibt es in Deutschland eigentlich keine Trauerfeiern für getötete afghanische Zivilisten? Warum soll ich diese ignorieren? Warum soll ich aber um gefallene Soldaten trauern? Warum soll ich Respekt haben vor Menschen, die sich freiwillig gemeldet haben, Menschen auf Befehl zu töten?
Roberto von ad sinistram hat ein paar sehr treffende Worte gefunden:
Mit Ihnen trauert ein ganzes Land! (…) Ich weiß nicht, wie andere das wahrnehmen, aber ich, in diesem Lande lebend, trauere nicht; ich will damit nichts zu tun haben. Man spreche nicht an meiner Statt! Das verbitte ich mir! Man verstehe mich bitte nicht falsch: ich freue mich auch nicht, dass Blut geflossen ist. Aber dieses Blut, es hat nichts mit mir zu tun. (…)
Deutschland verneigt sich vor Ihnen! (…) Ich aber nicht! Ich weiß, das mag für manchen starker Tobak sein. Zurückhaltung!, wollen sie mir belehrend zurufen. Über Tote nichts Schlechtes!, lehren sie mich. Ich weiß, ich weiß! Pietät und Ehrfurcht und so. Aber bitte, ich will doch den Toten gar nichts Böses nachsagen. Ich weigere mich ja auch ausdrücklich, sie zu verurteilen, weil sie Soldaten waren, weil sie an einem Angriffskrieg teilnahmen, der verfassungswidrig ist. Und dass es denen recht geschähe, wird man hier nicht lesen, wenngleich man natürlich festhalten muß, dass derjenige, der seiner Arbeit im Kriegsgebiet nachkommt, auch wissen muß, wie traurig das alles enden kann. Aber recht geschieht ihnen der Tod nicht! Gegen solche kraftmeierische Verächtlichkeiten wehre ich mich. Doch verneigen? Ich möchte doch sehr bitten! (…) Aber einen Knicks für Fremde zu machen, die ihren besoldeten Dienst im eroberten Ausland getan, die einen Quisling des Westens zur Regierung verholfen haben, die im Zweifelsfall geschossen hätten oder sogar haben? (…)
Oh nein, ich bin wahrhaftig nicht stolz darauf, Hinterbliebene zu brüskieren – aber ich kann nicht damit leben, als Teil einer Trauergemeinde angesehen zu werden, der ich nicht angehöre. Ich kannte jene Toten nicht und ich will deren Engagement, das nun andere an ihrer Stelle weiterbetreiben, auch weiterhin nicht kennen – sie schießen dort nicht für mich, daher verneige ich mich nicht. (…) Ich trauere nicht mit einer Gesellschaft, die es als hinterhältige Morde ansieht, wenn Besatzungssoldaten erschossen werden, die sich aber beruhigt durchschnaufend zurücklehnt, wenn es nur Afghanen waren, die im Kugelhagel oder Bombenregen starben; ich trauere nicht um Soldaten, die vorher wußten, dass sie sich für ein Kriegsgebiet entschieden haben, in dem man auch zu Schaden kommen kann; ich trauere nicht an der Seite von Selbstdarstellern, die die Freiheit am Hindukusch verteidigen wollen, während sie zwischen Rhein und Oder selbige schrittweise beschneiden. Darauf muß ich nicht stolz sein – aber ich muß es loswerden dürfen!
Und auch Georg Schramm trifft es mal wieder:
http://www.youtube.com/watch?v=9YUDvAnoM7I
Ich finde dabei überhaupt nicht, dass man sich dafür schämen muss, wenn man für den Frieden und gegen sinnloses Töten und Sterben eintritt. Und ich finde, auch eines muss gesagt werden: sicherlich sind v.a. die verantwortlich, die die Soldaten in den Krieg schicken, sind es die Politiker in ihren bequemen Büros abseits des Geschehens. Aber ich kann auch vor Soldaten selbst, vor denen, die es zu ihrem Beruf gemacht haben, die Menschen, bei denen es ihnen befohlen wird, zu töten, keinen Respekt empfinden. Es sind nicht “meine Jungs”. Nein, ich kann dies nicht nachvollziehen, empfinde es nicht als “Dienst am Vaterland”. Ich kann dem Töten von Menschen auf Befehl nichts abgewinnen.
Und ich glaube auch nicht, dass diejenigen, die sich zur Armee melden, nur Deutschland vor bösen Angreifern verteidigen wollen o.ä. Nein, sie wissen, was auf sie zukommen kann. Sie wissen, was sie für ihren eventuell Sold tun müssen. Und, ich muss es so deutlich sagen, ich habe mehr Respekt vor einem Arbeitslosen als vor jemandem, der für Geld dazu bereit ist, Menschen zu töten, oder ihr Töten zu befehlen, oder Armeen von Tötenden auf der Landkarte zu verschieben. Nicht, weil er glaubt, dass dies richtig ist, nicht für ein höheres Ziel. Sondern, damit er sein Geld bekommt. Nein, davor habe ich keinen Respekt.
Falls jemand aus anderen Beweggründen beim Militär ist, falls er glaubt, dort etwa die Sicherheit Deutschlands gewährleisten zu können oder Sicherheit und Frieden weltweit auf diese Art schaffen zu können, dann teile ich diese Ansicht nicht unbedingt, aber dann respektiere ich diese. Doch dann frage ich diese, die etwa oft sagen, dass sie etwa den Afghanistan-Krieg nicht befürworten, auch: Warum kämpft ihr dann trotzdem dort? Warum tretet ihr nicht öffentlich gegen den Krieg ein. Und v.a.: Warum tretet ihr aus der Bundeswehr nicht aus?
Das mag hart klingen, und ich denke auch keineswegs etwas wie “das haben die Soldaten ja nicht anders verdient!”, und ich könnte es auch nicht verstehen, wenn man andererseits das Töten durch Afghanen zu legitimieren versucht. Sie sind gestorben, das bedaure ich. Aber sie sind nicht für mich gestorben.