Die deutsche Blogosphäre: Selbstreferentialität versus Relevanz

Das größte Hobby der deutschen Blogger, sich mit den Mainstreammedien zu zoffen und darüber zu philosophieren, ob Blogger nun Journalisten sind und Journalisten überhaupt Blogger sein können, ist von außen betrachtet ungefähr so unterhaltsam wie die dogmatischen Kabbeleien sektiererischer Theologen. Ob Gott, Jesus und der Heilige Geist nun Hypostasen oder Substanzen sind, mag für Dogmatiker, die sich zeitlebens mit dieser Frage beschäftigen, ja interessant sein. Für moderne Netzdogmatiker ist es anscheinend die Blogger-Journalisten-Frage, der man sein Lebenswerk widmet – außer den Beteiligten interessiert diese Frage aber sonst niemanden. (Der Spiegelfechter)

In der Tat ist ein Großteil der deutschen Blogosphäre immer noch sehr mit sich selbst beschäftigt und füllt Bibliotheken mit medieninternen Fragen, deren Relevanz für die Gesellschaft außerhalb des irgendwas-mit-Medien-Bereichs nahe am Nullpunkt liegt. Doch zwischen der einhunderttausendsten Diskussion über medieninternes Bla oder das neueste Apple-Produkt stecken durchaus Perlen, die leicht unterzugehen drohen in der öffentlichen Betrachtung des Internets.

War es eigentlich die ersten Jahre nach der Erfindung des Buchdrucks auch so, dass ständig Bücher ohne jeden Inhalt erschienen, in denen es nur darum ging, wie man Bücher schreibt (aber nicht um Inhalte), wie man Bücher verbreiten und damit möglichst Geld verdienen kann und darum, dass Papyrusrollen ja so veraltet wären und die Papyrusrollenhersteller sich immer noch nicht an die neuen Zeiten angepasst hätten und endlich neue Strategien finden müssten (ohne zu sagen, wie die aussehen oder in welche Richtung sie gehen könnten)? Ich glaube nicht, dass es so war. Es war ja auch nicht so, dass die Bücherschreiber sich immer nur untereinander mit dem Bücherschreiben beschäftigt haben und das Volk weiter bei den Papyrusrollen blieb, da diese auch wirkliche Informationen lieferten. Nein, eine neue Medien-Technik wird nur ihr gesamtes Potential ausschöpfen können, wenn sie neben den praktischen Vorteilen auch eine gute inhaltliche Qualität gewährleistet. Und das geht nun mal nicht, wenn sich sämtliche Ressourcen und Energien nur in selbstreferentiellem inhaltslosem Gerede eschöpfen.

Das klingt jetzt wahrscheinlich härter, als es gemeint ist.  Natürlich spricht überhaupt nichts dagegen, dass es auch solche Blogs gibt, aber so kommt es halt, dass Blogs in der nichtinternetaffinen Öffentlichkeit entweder mit irgendwelchen bescheuerten Verschwörungstheoretikern assoziiert werden oder eben mit den zwar netten, aber nicht wirklich ernstzunehmenden Nerds, die sich entweder mit Technik oder eben mit sich selbst beschäftigen. Dabei steckt im Netz in der Tat ein rieseiges Potential für kritischen Journalismus. Mit den Netzsperren und den Bürgerrechten hatte und hat man ja durchaus Themen, bei dem man den Mainstream-Medien an Qualität der Recherche und Argumentation um Meilen vorraus ist. Es gibt durchaus sehr gut Blogs in Deutschland, die sich mit politischen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Themen beschäftigen, doch ist ihre Zahl, wie die ihrer Leser, durchaus sagen wir ausbaufähig. Erst wenn deutlich mehr von der Energie, die in selbtbezogene Diskussionen gesteckt wird, in inhaltliche Arbeit übergehen kann, werden Blogs so relevant sein, wie sie sich gerne sehen.

P.S.: So, und nachdem ich nun selber wenig Inhaltliches geschrieben und mich selbst in medieninterne Meta-Diskussionen verstiegen habe, soll das aber eine Ausnahme sein. 😉 Es geht doch um Inhalte!

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5 thoughts on “Die deutsche Blogosphäre: Selbstreferentialität versus Relevanz

  1. *grin* Ich war gestern versucht, auch was dazu zu schreiben, aber ich habe es lieber gelassen. Als “Blogtivist” werde ich natürlich irgendwann was dazu schreiben warum ich Blogs für wichtig (oft auch: nichtig) halte, warum ich hier Ansätze zu einer “vernetzten und echten Demokratie” sehe, und – warum ich Typen wie Lobo nicht besonders mag.

    Nicht aber hier und nicht heute. Gesprochen werden muß imo darüber, nur nicht im Kielwasser einer großen “Bloggerkonferenz”, nicht mit der Absicht, das Thema einfach “zeitnah” aufzugreifen und die Leserschaft billig weiter zu füttern 😉

    Gute Nacht
    Frank

    P.s.: Wo bleibt die Vorschaufunktion? *g*

  2. Ich hab noch nicht mal was gegen Lobo und Co. Aber irgendwie scheint mir das ganze doch meist ziemlich viel Gerede ohne viel dahinter zu sein.
    Na, aber Themen diskutieren sich doch besser, wenn schon etwas Aufmerksamkeit auf sie gerichtet ist. 😉
    Meinst du Vorschaufunktion bei Links?

  3. Nun, ich hab schon was gegen “die”, denn die ziehen uns notwendige Aufmerksamkeit für unwichtige Dinge ab und bringen uns eher in den Ruf, nicht “seriös” zu sein.

    Mit Vorschau meinte ich die Entwurfsvorschau für Kommentare wie diesen 😉

    LiGru
    Frank

  4. Bei vielen Blogs und Foren kannst Du halt mittels Vorschau sehen, wie es wohl “nachher” ausschaut; finde ich gut, zumal die Textfenster oft klein sind und keinen echten Überblick gewährleisten. Nachkorrekturmöglichkeiten sind ja leider noch seltener …

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