Der Sohn des Weihnachtsmanns mag Ostern viel lieber als Weihnachten. Er mag den Frühling, kurze Hose, und Eier. Mit Winter, Schnee und Skifahren kann er nicht viel anfangen, er hat eine Orangen-Allergie und einfach kein Bartgesicht. Doch die Familientradition will, dass er einmal die Geschäfte seines Vaters weiterführt, erklärt ihm seine Mutter. Doch muss man blind etwas tun, nur weil es alle tun und weil es schon immer so war? Der Ostermann, geschrieben von Marc-Uwe Kling, Autor der Känguruh-Trilogie und von QualityLand, und von Astrid Henn liebevoll illustriert, ist ein lustiges und einfallsreiches Bilderbuch für Kinder. Die Texte sind in Reimform geschrieben. Einige Gags auch für die Großen gedacht, wie die Zwerge, die Mindestlohn fordern, aber alles ist für Kinder verständlich, oder es kann ihnen erklärt werden.
Wer das Buch über marcuwekling.reimkultur-shop.de bestellt, unterstützt damit den Children’s Future Fund, der sich zum Ziel gesetzt hat, Projekte zu Gunsten von hilfsbedürftigen Kindern zu unterstützen, mit dem Fokus auf einer nachhaltigen Entwicklungshilfe.
Mit QualityLand liefert Marc-Uwe Kling eine nicht allzu unrealistische Zukunftsperspektive: In einer hochtechnisierten Gesellschaft gibt es ein umfassenden Netz aus Überwachung des Konsumverhaltens und personalisierter Werbung. Algorithmen bestimmen fast alles, von Aufstiegschancen bis zur Partnerwahl. Menschen werden entsprechend ihrer “Nützlichkeit” in Level eingeteilt, die zahlreiche Privilegien ermöglichen. “Nutzlose” müssen etwa Drohnenlieferungen für Nachbarn annehmen, aber erhalten auch eine schlechtere Behandlung im Krankenhaus. Digitale Helfer sind den Menschen buchstäblich nahe über implantierte Ohrwürmer oder Netzhautbildschirme. Maschinen haben einen Großteil der Arbeit übernommen, Drohnen liefern Bestellungen, selbstfahrende Autos fahren durch die Straßen. Selbst einfachste Geräte wie Mülleimer sind mit künstlichen Intelligenzen ausgestattet und können sprechen. Jedoch ist das Wirtschaftssystem ein kapitalistisches, und daher werden der technische Fortschritt, Digitalisierung und Automatisierung kaum zum Wohle der Allgemeinheit benutzt, sondern dienen vor allem großen Konzernen. Die arbeitslos gewordenen Menschen werden durch personalisierte Nachrichten zum Hass auf Ausländer oder Maschinen angestachelt. (more…)
Das Buch American Gods von Neil Gaiman ist 2005 erschienen. Darin geht es um den Kampf alter, teils fast vergessener Götter – wie der germanische Göttervater Odin, der slawische Gott der Finsternis Tschernibog, der westafrikansiche Spinnengott Anansi oder Ibis und Anubis aus der ägyptischen Mythologie – gegen neue Gottheiten – wie Medien und Technik. Doch der Klassiker des berühmten Fantasy-Autors ist nicht rein in diesem Genre verhaftet: In die Handlung mischen sich philosophische Erläuterungen, Überlegungen über den Ursprung von Religion(en) und Exkurse in die Geschichte der USA. Keine leichte ober oberflächliche Kost, und gerade deshalb absolut lesenswert.
Amazon Video hat auf Grundlage des Buches die Serie American Gods entwickelt. In den Hauptrollen sind Ricky Whittle und Ian McShane zu sehen, außerdem Emily Browning, Gillian Anderson, Pablo Schreiber, Peter Stormare und andere. Technisch auf höchstem Niveau (wie viele neuere Serienproduktionen), wahrt sie (anders als manche Film- oder Serienadaptionen von Büchern) aber auch die wichtigen Handlungsstränge und den Grundton des Buches. Sie setzt nicht übereilt an, im Gegenteil: einige neue Handlungsstränge und Figuren sind dazugekommen, und diese erweitern tatsächlich das erzählerische Umfeld oder geben einigen Personen mehr Tiefe. Die Serie hat Potential, zu einem Klassiker zu werden.
Die erste Staffel ist auf Amazon Video (kostenlos für Prime-Mitglieder) und seit 27. Juli 2017 auch als DVD und Blu-ray (verschiedene Editionen) zu erwerben. Eine zweite Staffel ist angekündigt.
Tim Frühling stellt 111 Orte in Osthessen und in der Rhön, die man gesehen haben muss vor. Kein Reiseführer zu den meistbesuchten touristischen Attraktionen, stattdessen sind viele der Orte (zu Unrecht) unbekannte kleine Perlen oder solche, die vielleicht übersehen werden.
Auch besonders schöne Flecken in der Stadt, in den Dörfern oder in der Natur wie die Kaskaden-Schlucht in Gersfeld oder die Langen Steine in Haunetal sind dabei. Auch für Urrhöner hält das Buch sicher noch die eine oder andere unbekannte Geschichte oder unentdeckte Lokalität bereit. Nicht jedes Ziel ist wirklich einen eigenen Besuch wert – etwa ein Verkehrskreisel in Bad Hersfeld – manchmal lohnt sich aber ein kurzer Blick, wenn man ohnehin in der Nähe ist. Neben Fotografien von Christine Frühling zeigen kleine Tipps, was es in der jeweiligen Umgebung noch zu entdecken gibt. Bei manchen der Texte stehen eher historische Informationen oder skurrile kleine Geschichten im Vordergrund, wie beim Fuldamobil, allerlei skurillen Ortsnamen oder dem „Königreich Flieden“.Geeignet als Reisebegleiter für Besucher*innen der Region wie auch Einheimische, die unterwegs sind und etwas Neues entdecken wollen.
Das Büchlein “Empört Euch!” von Stéphane Hessel (auszugsweise bei der FAZ zu lesen) hat in Frankreich wie international große Aufmerksamkeit erregt und wird als wegweisende politische Streitschrift gefeiert. Der Autor prangert darin aktuelle globale Missstände, vom Abbau der Sozialsysteme und der Dominanz der Finanzmärkte über Fälle von Fremdenfeindlichkeit bis hin zu Umweltzerstörung, an und appelliert an die heutigen, vor allem die jüngeren Generationen, diesen gegenüber nicht gleichgültig zu sein, sondern sich zu empören.
So ehrenhaft und richtig die Intentionen des Verfassers sind, liefert der Text jedoch wenig Neues – und wenig Konkretes. Es handelt sich eher um eine wenig strukturierte Gedankensammlung. In dieser sind die Beschreibungen der heutigen Probleme wenig detailliert ausfallen und die Appelle zum Widerstand gegen diese ziemlich allgemein gehalten. Auch ist Hessels zentrale These, dass nur die Empörung zu politischer Aktivität führen kann und man sich heute Gründe zur Empörung suchen solle, schon recht fraglich. Kann ein solches Engagement nicht auch aus nüchterner Erkenntnis von schweren Fehlern der aktuellen Gesellschaft und der Einsicht in die (sachliche und moralische) Notwendigkeit aktiven Entgegenhaltens entspringen?
Zentraler Inhalt und die Ursache seiner Kritikpunkte ist letztendlich die neoliberale Ausgestaltung der Politik in den letzten Jahrzehnten. Hessel erläutert dabei aber nur kurz, welche Folgen die neoliberale Politik – vor allem in Frankreich – hatte und dass die, wie er sich ausdrückt, „internationale Diktatur der Finanzmärkte“ schädlich ist. Hier hätte man deutlich mehr leisten können. Er benennt zwar recht viele weitere Probleme, beispielsweise den Abbau des Sozialstaats, die Zunahme der internationalen Ungleichheit, die Kriege der USA, wachsende Ausländerfeindlichkeit, die gefährdete Unabhängigkeit der Presse, Rückschritte beim Klimaschutz – und versäumt es auch nicht, auch Erfolge der letzten Jahre zu benennen – er liefert jedoch keine genaueren Erklärungen oder gar Analysen, zeigt wenig Zusammenhänge auf.
Zwar führt er aus, dass die heutige Welt komplex sei, es nicht immer leicht sei, “Schuldige auszumachen”, neigt aber in seinen wenigen Ausführungen zu gesellschaftlichen Ursachen der kritisierten Probleme dann doch zu Personalisierung (egoistische Banker) statt zu strukturellen Analysen. Auch wenn seine Kritik an Egoismus und an der übergroßen Macht bestimmter Schichten und Akteure über Wirtschaft, Politik und Medien zweifelsohne Richtiges trifft – die Gefahr, sich in seiner Empörung einen einfachen Sündenbock zu suchen, ist vorprogrammiert. Nur kurz reißt er etwa Themen wie den Wachstumszwang des Kapitalismus an oder mahnt, dass der Abbau des Sozialstaates keineswegs alternativlos ist.
Als wichtigste heutige Aufgaben der Menschheit sieht er das Eintreten gegen Armut und für internationale Gerechtigkeit, die Menschenrechte und den Zustand der Erde an. Er bietet aber darüber hinaus kein weiteres Gegenprogramm – und nennt auch nicht solche, die die Probleme der Gegenwart angemessen erfassen und zu deren Lösung beitragen könnten. Seine häufige Berufung auf das Regierungsprogramm der französischen Résistance von 1944 – in dem auch zahlreiche soziale Rechte begründet wurden, die er heute gebrochen sieht – und auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen wirken leider recht allgemein und zudem, auch wenn sicher nicht so vorgesehen, etwas legalistisch. Freilich ist es auch schon ein großes Verdienst, Probleme aufzuzeigen, Aufmerksamkeit zu schaffen, und man kann sicher nicht erwarten, auf 19 Seiten das Rad neu zu erfinden – auch wenn manches was er schreibt – wie, dass es schlecht ist, wenn heute Menschen verhungern und unterdrückt werden – wohl auch ein Neoliberaler unterschreiben würde. (Die Richtung der Schrift ist aber klar links, und als progressiv einzuordnen.) (more…)
Bei Flattr gibt es nun eine neue Funktion: Einmal auf das Flattr-Symbol klicken bedeutet weiterhin normales flattrn, wenn man ein zweite mal klickt, kann man das Betreffende (z.b. hier das Blog über das Blog-Flattr oben rechts auf der Seite, oder einen einzelnen Beitrag) für eine bestimmte Zeit (3, 6 oder 12 Monate) abbonnieren (“Subscribe”, siehe Abbildung), so dass es jeden Monat automatisch neu geflattrt wird. Bloggen ist keineswegs einträglich, aber zeitaufwendig. Der Autor dankt also für jede kleine Unterstützung!
Die Google Adsense-Anzeigen aber habe ich heruntergenommen. Sie brachten zu wenig, lagen oft falsch (brachten Werbung, die nicht zum Blog passte und die ich nicht unterstützen möchte) – und dazu gab es auch noch plötzlich ein Auszahlungslimit. Die Buchhinweise (Seitenspalte, linke Spalte) bleiben aber. Die Büchher sind toll. Lest sie! 🙂 Wenn euch eines der Büchergefallen sollte und ihr es über diese Seite bestellt, könnt ihr dieses Blog unterstützen.
Falls ihr dies auf dem klassischen Weg mit einer Spende tun möchte: Schreibt einfach eine kurze Mail, und ihr bekommt die Kontodaten.
Oh, und ich habe ein paar neue Seiten in die Blogroll und die Linkliste aufgenommen – vorbeischauen lohnt sich!
Thilo Sarrazin hat ein Buch geschrieben. Das ist nichts Besonderes, das machen abgehalfterte Politiker nach dem Ende ihrer Karriere schon mal gern, so eben auch “Pöbel-Thilo”. Tagtäglich kommen in Deutschland über 200 Neuerscheinungen auf den Markt und Sarrazins Buch “Deutschland schafft sich ab” ist nur eine davon – muß man es und ihn also wahrnehmen? Ich meine ja.
In seinem aktuellen Beitrag “Der Wahnsinnige am Bohrer” schreibt Michael Spreng beim Sprengsatz, man solle Sarrazin doch die Aufmerksamkeit – und somit den medialen Boden – entziehen, eine Meinung, die ich dieser Tage auch von verschiedenen Kolleginnen und Kollegen vertreten fand. Schließlich nähre diese Aufmerksamkeit nur seinen zweifelhaften Erfolg als Populist und befördere nun sein Buch bereits vorab zu einem Bestseller, der schon jetzt bei Amazon auf Platz 1 der Sachbuch-Bestsellerliste steht. Die “Lösung” könnte zielführend sein, wenn es sich bei Sarrazin um ein isoliertes Phänomen handeln würde, jedoch ist der Sachverhalt durchaus komplexer.
Der vormalige Berliner Finanzsenator und jetzige Bundesbanker versteht es hervorragend, die Ressentiments und Xenophobien von Millionen Bundesbürgern zu bedienen, ist dabei aber nicht alleine, sondern Teil eines Trends. Auch andere Personen des öffentlichen Lebens wie bspw. die Herren Buschkowsky, Heinsohn oder Sloterdijk haben diesen Trend wohl erkannt und greifen ihn – ähnlich einem Geert Wilders in den Niederlanden – zunehmend auf. Insofern ist “Pöbel-Thilo” nicht ein Einzelfall, sondern eher als symptomatisch anzusehen für eine Gesellschaft, die immer weiter nach rechts rückt und wachsend Vorurteile wie auch soziale Kälte entwickelt. (more…)
Ich habe jetzt auch in meinem Blog Flattr eingebunden. Flattr ist ein Dienst, bei dem man einen eingezahlten Betrag (derzeit mindestens 2 Euro/ Monat) auf Blogs oder Artikel, die einem gefallen, verteilen und eigene Seiten anmelden kann, die dann dia anderen Nutzer “flattrn” können. Das Ganze nennt sich social micropayment.
Gegenwärtig geht dies nur in gleichmäßigen Anteilen: wählt ein Benutzer z.B. in einem Monat 10 Blogs aus, bekommt jeder dieser Blogs 1/10 des vom Benutzer eingezahlten Betrages. V.a. eignet sich dies aber bei Blogs auch für einzelne Artikel, die einem besonders gefallen. Es kommen so wohl keine hohen Betäge zusammen, aber es könnte vielleicht eine nette kleine Möglichkeit sein, seine Wertschätzung für bestimmte Beiträge und Seiten auszudrücken.
Zudem ist dieser Dienst recht unaufdringlich, einfach (ist man angemeldet, genügt ein Klick auf den Flattr-Button) und transparent.Und v.a. ist es auch eine gute Möglichkeit abseits von allen paid content-Schwachsinnsideen. Nein, ich bin ganz und gar gegen jegliche Bezahlinhalte; das ganze ist absolut freiwillig, wer es nicht nutzen möchte, muss es nicht. Es gibt durchaus noch Defizite: Geldeinzahlungen sind derzei nur über Paypal oder Moneybookers möglich, und die Probleme dort dürften bekannt sein (u.a. auch die relativ hohen Gebühren, was auch ein Kritikpunkt gegen Flattr an sich wäre).
Aber dennoch: Wenn man vielleicht etwas Geld übrig hat und ein paar gern gelesene Seiten ein wenig unterstützen würde, hatte man bisher wenig Möglichkeiten dazu. Dies wird durch diesen Dienst jetzt doch recht einfach möglich gemacht, und das ist ja schon mal eine gute Sache. Mal sehen, wie sich diese Idee entwickelt: Chancen bietet sie allemal.
Ein Flattr-Button befindet sich jetzt hier jeweils am Ende der einzelnen Artikel. Der für das ganze Blog ist in der rechten Sidebar unten (oder siehe auch hier). Ich werde die Klicks und Einnahmen durch Flattr auch transparent darstellen: schließlich soll man auch sehen, was mit seinem Geld geschieht. 😉
WordPress, Layout, Feeds
Das Blog läuft jetzt mit der WordPress 3.0-Version – bisher ohne Probleme. Ich habe außerdem das Blog ein klein wenig im Layout verändert und hoffe, dass es jetzt übersichtlicher geworden ist. Weitere Tipps sind stets willkommen! V.a. die Sidebar habe ich etwas neu gestaltet. Dort befindet sich jetzt auch ein Ticker mit Links zu den jeweils neuesten Artikeln aus ein paar Blogs und News-Seiten. Ich hoffe, dass da immer mal etwas Interessantes für die Leser dabei ist.
Außerdem wollte ich fragen, ob es vielleicht gewünscht wäre, dass ich den Feed des Blogs auf FeedBurner umstelle.
Werbung und Leseempfehlungen
In die Sidebar habe ich ein paar Werbeflächen reingepackt. Wie ich schon mal geschrieben hatte, das Bloggen kostet doch recht viel von der Zeit, die mir mein Studium derzeit noch lässt, und auch finanziell sieht es da nicht so rosig aus. Ich hoffe also, dieser Schritt stößt auf Verständnis.
Google Adsense möchte ich zunächst noch einmal ausprobieren. Andere Anzeigen wären mir jedoch um ehrlich zu sein lieber. Also, falls hier jemand lesen sollte, der Interesse hat: einfach eine Mail an Markus_Fulda (at) yahoo.de !
Außerdem habe ich ein Widget von Amazon integriert mit Büchern, v.a. aus den Bereichen Politik, Wirtschaft und Philosophie, die ich wirklich sehr als Lektüre empfehlen kann.
Veröffentlichungen auf anderen Blogs und Gastbeiträge auf Guardian of the Blind
Artikel von mir werden auch weiterhin gelegentlich beim Oeffinger Freidenker und jetzt auch regelmäßiger auf binsenbrenner.de (der frühere Auto-Anthropophag) veröffentlicht werden. Und auch auf Guardian of the Blind wird es weiter ab und zu Gastbeiträge von anderen Autoren gegben.
Ich finde es gut, dass es allmählich in der politischen Blogosphäre einen stärkeren Austausch und eine größere Zusammenarbeit gibt. Denn, auch wenn wir in vielen Punkten unterschiedlicher Ansicht sein mögen, haben wir doch im Kern die selben Ziele: Wir wollen eine gerechtere Gesellschaft, eine sozialere Politik, einen kritischeren und besseren Journalismus. Und auch wenn unsere Mittel beschränkt sein mögen, so sollten wir sie doch möglichst effizient nutzen – und ich glaube, dass dies auf diesem Weg einer verstärkten Kooperation besser geschehen kann.
Also, ich hoffe, dass die Erneuerungen hier nützlich sind (und dass sie auch angenommen werden 😉 ). Und weiterhin vielen Dank an alle Leser und Kommentatoren!
Suchtihr noch ein Geschenk für Weihnachten und wollt nicht schon wieder Pralinen, Schnaps oder Krawatten verschenken? Vielleicht ein Buch? Dann aber nicht den neuesten “Ratgeber” oder die Auslegeware aus der Bücherkommerzkette?
Na, da ist doch z.B. das erste Buch des geschätzten Blogger-Kollegen Roberto de Lapuente (ad sinistram) “Unzugehörig – Skizzen, Polemiken & Grotesken” wird Anfang der Woche beim Renneritz-Verlag erscheinen und eine überarbeitete Auswahl seiner besten Texte enthalten. (via binsenbrenner.de) Wir dürfen also ein Buch mit äußerst intelligent geschriebenen gesellschaftskritische Texten erwarten. Sobald mehr Informationen dazu da sind, gibt’s die natürlich auch hier.
UPDATE: Das Buch ist erschienen und hier zu beziehen, und dort gibt es auch eine Leseprobe.
“An vielen praktischen Beispielen wird gezeigt, dass wichtige politische Entscheidungen in strategisch geplanten Kampagnen der Meinungsbeeinflussung vorbereitet werden. Meinung macht Politik. Meinungsmache bestimmt auch wirtschaftliche Entscheidungen von Unternehmen. Meinungsmache bereitet Kriege vor und prägt oft die Geschichtsschreibung. Die Theorie der demokratischen Willensbildung ist weit von dieser Realität entfernt. Wer über publizistische Macht und unbegrenzte finanzielle Mittel verfügt, bestimmt weitgehend die relevanten Entscheidungen und kann so seine Interessen durchsetzen. Wichtige Voraussetzungen für das Gedeihen demokratischer Willensbildungs-prozesse sind nicht mehr gegeben.”
Die Philosophie der Stoa und insbesondere die Senecas behandelt in erster Linie das Gebiet der Philosophie, dass für mich das entscheidende, da für das wahre Leben relevanteste, der Philosophie ist: die Ethik.
Statt sich in metaphysischen Spekulationen (die, wie ich für mich denke, nur Spekulationen bleiben können: der Mensch kann mit seinem Verstand nur die durch diesen erfassten Gebiete erkennen, darüber möglicherweise Hinausgehendes entzieht sich unserer Erfahrung und kann daher nie gewusst werden) oder den theoretischen Formalia der Logik zu ergehen, will sie konkrete, und, was das Entscheidende ist, praktisch anzuwendende Empfehlungen und Hilfestellungen für ein ruhiges, nicht von Affekten heimgesuchtes, glückliches Leben geben.
Zwei Aspekte der Philosophie der Stoa erscheinen für mich besonders herausstellenswert:
Einerseits das Ideal der Seelenruhe, der inneren Unerschütterlichkeit gegenüber äußeren Schicksalsschlägen (auf deren Eintreten oder Nichteintreten wir keinen Einfluss haben).
Und andererseits das eines moralisch geprägten Verhaltens gegenüber den Mitmenschen, in deren Mittelpunkt Werte wie Solidarität für die Gemeinschaft und Nächstenliebe stehen (kein Wunder, dass die frühen Christen viele Gemeinsamkeiten mit der Stoa fanden – die in ihnen jedoch eher eine Bedrohung sah – und sogar einen Briefwechsel zwischen Paulus und Seneca fälschten).
Seneca versucht für eine Vielzahl von Problemen Lösungsansätze auf der Grundlage der stoischen Philosophie zu geben, die auch heute noch als nützlich betrachtet werden können. Auch wenn die Vorschläge Senecas zugegebenermaßen häufig sehr streng und in dieser Form kaum in der Realität umsetzbar sind – sie stellen Idealbilder und Idealvorstellungen dar, denen man sich annähern kann. Die Themen, die Seneca anspricht, sind meist für fast alle Menschen zutreffende Probleme, denen sich jeder (einmal) zu stellen hat. Es sollen ein paar Beispiel der philosophischen Ideen Senecas folgen, wie er sie in den Briefen an Lucilius schildert.
„Tugend als das höchste Gut“
In seinem 66. Brief legt Seneca die fundamentalen Pfeiler der stoischen Ethik dar. Er betont zunächst die Unabhängigkeit des Geistes, der Seele, von Äußerlichkeiten (z.B. vom Körper). Tugend definiert er als Seelenverfassung, die nach Erkenntnis der Wahrheit strebt, die weiß, wie man sich verhalten soll, die frei ist von Affekten und Leidenschaften und die sich nicht vom Schicksal, vom unbeeinflussbaren Zufall, erschüttern lässt.
Er betont weiterhin sehr stark, dass die Tugend etwas in ihrem Wesen absolutes, vollkommenes, immer gleiches und unveränderliches sei, die in den konkreten Situationen nur verschiedene Gestalten annehmen kann. Für die Tugend einzig entscheidend ist die rechte Vernunft, Tugend ist die praktische Umsetzung der Vernunft. (Diese sieht Seneca als etwas göttliches im Menschen an, so wie alles Gute voller Vernunft und göttlichen Ursprungs sei.) Deshalb gäbe es auch keinen Unterschied zwischen den Gütern. Für diese zähle nur die Tugend allein, keine Äußerlichkeiten, auch nicht Freude oder Schmerz, sie seien einander in ihrer allein auf die Tugend bezogenen Wertigkeit gleich.
Das sittlich Gute muss der Mensch durch freien Entschluss tun. Da das Gute gemäß der Vernunft ist und die Vernunft der Natur folgt, ist das höchste Gut des Menschen, sich dem Willen der Natur anzupassen. Er muss erkennen, dass das ihm durch Zufall zuteil gewordene eben dadurch, dass es zufällig ist, haltlos, hinfällig, vergänglich ist und einzig die Tugend als das sittliche, vernunftgemäße Verhalten entscheidend ist.
Gerade die Forderung nach ethischem, moralischem Handeln in unserer von Egoismus und Egozentrik, vom Bestreben nach eigener materieller Bereicherung und von Entsolidarisierung geprägten Zeit erscheint mir heute von entscheidender Wichtigkeit. Die stoische Lehre der Seelenruhe, der Gelassenheit gegenüber äußerlichen Zufälligkeiten, dem Freimachen von extremen Leidenschaften und Affekten, der Konzentration auf die Tugend und eine (sittlich) gute Lebensführung erscheint mir sehr beachtenswert.
„Über den Reichtum des Weisen”
Im 17. Brief betont Seneca, dass nicht der Erwerb von Reichtum das Wichtigste für die Lebensführung des Weisen ist, sondern das Streben nach Veredelung seiner Seele, die dem Menschen viel mehr gebe als materieller Besitz, nämlich ewige Freiheit und Furchtlosigkeit. Im Gemüt des Menschen läge die Ursache für entweder seine Ruhe oder seine Leiden.
Da man zur Befriedigung der lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht viele Mittel brauche, solle sich der vernünftige Reiche dies zum Vorbild nehmen und genügsam leben. Auch in Armut und Not könne man sich der Philosophie widmen und am Streben nach Weisheit und sittlicher Vervollkommnung teilhaben, so Seneca. Die Menschen müssen ihre Konzentration abwenden vom Begehren und Streben nach Besitz, von einer nur auf Äußerlichkeiten beruhenden Glücksschimäre und erkennen, dass das Entscheidende im Menschen in seiner Seele liegt und dass ein sittlich gutes Leben nicht durch Egoismus, sondern durch Solidarität, durch die Liebe zum Mitmenschen, durch gerechtes Handeln gekennzeichnet ist.
„Über die Adressaten der Philosophie“
Seneca stellt im 44. Brief an Lucilius die Zugänglichkeit und Möglichkeit der Ausübung der Philosophie für alle Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, ihren Vorfahren, ihrem Beruf, ihrer sozialen Situation usw. dar. Niemand werde dadurch an der Beschäftigung mit Philosophie und an einer edlen Gesinnung gehindert. Er drückt es prägnant aus, indem er schreibt „Was die Philosophie anlangt, so weist sie niemanden zurück und bevorzugt niemanden: sie leuchtet allen.“ Er sieht keinen Unterschied zwischen Menschen „adliger“ und „nichtadliger“ Herkunft, sondern sagt, dass der Geist den Adel gibt.
Diese Betrachtung einer grundlegenden Gleichheit aller Menschen, der Unabhängigkeit ihrer Herkunft für ihr Leben und ihre Tugend war gerade für die Zeit Senecas sehr ungewöhnlich und sehr fortschrittlich.
„Über den Nutzen der Philosophie“
Im 16. Brief sagt Seneca zunächst, dass das Streben nach dem Erwerb von Weisheit der entscheidende Punkt sei, ob jemand in seinem Verständnis glücklich oder auch nur erträglich leben könne. Er sagt, dass das Wesen der Philosophie nicht im Wort, sondern in der Handlung liegt. Sie helfe dem Menschen außerdem, das Schicksal zu tragen. Am Ende sagt er, dass die natürlichen Bedürfnisse begrenzt seien und die unbegrenzten dem Wahn entstammten und man naturgemäß leben solle.
Man erkennt ein Verständnis von Philosophie als einerseits Hilfestellung zum „Über dem Schicksal stehen“, zur Seelenruhe, und andererseits auch von ganz konkreten praktischen Hilfen für die Lebensführung, für das Verhalten den Mitmenschen, der Gesellschaft gegenüber.